Bei Querschnittlähmung: Heiße Tipps für kalte Tage
Der Winter hat uns fest im Griff und bringt mit sich das unheilvolle Verlangen, sich an eine Heizung zu klammern und erst wieder loszulassen, wenn die Faschingsfeuer gebrannt haben und die gelben und lila Blüten der ersten Krokusse aus dem Boden sprießen. So geht es bei weitem nicht nur Leuten, die im Rollstuhl mobil sind, aber gerade Menschen mit Querschnittlähmung erwischt der Winter aufgrund der Temperaturregulationsstörung häufig eiskalt.

Wer Glück hat, kann dem grauen Wetter in den Süden entkommen. Alle anderen müssen sich mit Tricks* bis zum Frühling durchhangeln:
Kleidung
Ein paar Dinge sind offensichtlich: Dass man sich in der kalten Jahreszeit nicht anzieht, als würde man in einem Miley Cyrus Video mitwirken, ist eines davon. Grundsätzlich ist es sinnvoller dafür zu sorgen, warm zu bleiben als auszukühlen und sich später wieder aufwärmen zu müssen. Textile Hilfsmittel, die zur Verfügung stehen, sind:
- Handschuhe, evtl. mit abgeschnittenen Fingern
- Mützen – Dass der größte Prozentsatz der Körperwärme über den Kopf verloren geht, ist zwar umstritten, aber vielen Menschen ist einfach wärmer, wenn sie eine Mütze tragen
- Schals oder Loops (Kapuzenschals) – Aus atmungsaktivem Gewebe, z. B. Seide
- Schlupf- bzw. Fußsäcke – Für den Hausgebrauch ideal, um Füße und Beine vor dem Auskühlen zu schützen. Alternativ kann man eine dicke Wolldecke um die Beine wickeln( siehe: Die stecken die Kälte weg: Sechs Punkte, die Querschnittgelähmte über Schlupfsäcke wissen sollten)
- Thermohosen / Thermojeans / Thermounterwäsche – Thermostoffe sind aus Fasern, die gut dämmen und isolieren. Zudem können sie die Körperwärme reflektieren. Moderne Thermostoffe sind meist atmungsaktiv und sorgen so für einen Austausch von Körperfeuchtigkeit mit der Umgebung.
- Unterkleidung, Strümpfe und Stulpen für Arme und Beine aus Alpaka-oder Lamawolle
- Für einen Beitrag zu heizbaren Kleidern siehe: Beheizbare Kleidung für kalte Wintertage
Körperliche Betätigung
Alles was den Kreislauf in Schwung bringt, sorgt für Wärmebildung im Körper. Eine dreiviertel Stunde intensiver Bewegung reicht aus, um sich auch die folgenden zwei Stunden angenehm warm zu fühlen. Zur Auswahl stehen:
- Haushalt – Geschirr spülen (besonders gut, weil die Hände in warmem Wasser sind), Staub saugen, Bügeln, etc.
- Sport – Alle Sportarten, die im Haus möglich sind, z. B. Handbiken auf der Rolle, sind ideal.
- Sexuelle Aktivität – Viele Gesprächspartner, die die Redaktion für diesen Beitrag befragte, halten sexuelle Aktivität für eine unschlagbare Strategie gegen das Frieren.
Ernährung
Der Speiseplan der meisten Menschen ändert sich mit dem Wechsel der Jahreszeiten. Instinktiv und auch kulturbedingt essen viele im Sommer leichte, kalte Mahlzeiten, häufig mit einem hohen Rohkostanteil, während in den Wintermonaten wärmende Suppen, Eintöpfe und lange gegarte Schmorgerichte auf den Tisch kommen. Dieser Ansatz ist goldrichtig. Zusätzlich nützen:
- Heiße Suppe – Um die Kalorienbilanz zwischen den Mahlzeiten nicht zu belasten, ist eine klare Brühe ideal (siehe auch: Maronensüppchen zum Tag der Suppe)
- Warme Getränke – Heiße Schokolade macht glücklich (siehe: Schokolade macht glücklich und hilft bei Stress); Tees mit u. a. Vanille haben einen ähnlichen Effekt. (Siehe: Wärmende Getränke)
- Warmes Frühstück – Der Tag lässt sich im Winter statt mit einem Müsli auch optimal mit einem Haferbrei starten.
- Wärmende Gewürze – Speisen mit z. B. Ingwer, Kreuzkümmel, Zimt, Nelke, Muskat, Paprikapulver, Chilischoten und Pfeffer zubereiten. (Siehe: Kräuter und Gewürze)
- Fernöstliche Weisheiten – Die Ernährungsregeln der TCM bei gestörter Yin-Energie und/oder einem aus der Balance geratenen Wasserelement können die Nieren in ihrer Tätigkeit unterstützen und zu einem besseren Wärmehaushalt des Körpers führen (siehe: Wärmende Ernährungsstrategien nach der Traditionell Chinesischen Medizin).
Im Auto
Wer ein Auto hat und es in einer Garage unterbringen kann, kann sich freuen. Weniger lustig ist es an eisig kalten Tagen in ein Fahrzeug einsteigen zu müssen, in dem Temperaturen herrschen wie in einem Gefrierschrank. Oder ähnliche Sichtverhältnisse aufgrund vereister Scheiben… Verschiedene Hersteller bieten eine Ausstattung bzw. Aufrüstung mit
- Scheibenenteisung
- Standheizung
- Sitzheizung
Wellness
Wie der Name sagt, sollen Wellnessanwendungen dafür sorgen, dass es einem gutgeht. Die folgenden Methoden sollten immer in einem beheizten Raum mit einer für den Behandelten angenehmer Temperatur stattfinden. Dies gilt vor allem für das Schaumbad.
- Behandlung mit einer Infrarotlampe (10 Minuten reichen aus)
- Fango-Packungen
- Hot-Stone-Massagen
- Moxabehandlungen (Siehe: Moxabehandlungen bei Querschnittlähmung)
- Öl- oder Schaumbad mit ätherischen entspannenden Zusätzen (nicht länger als 20 Minuten)
- Warme Fußbäder und/oder Fußmassagen mit einem durchblutungsfördernden ätherischen Öl, z. B. Teebaumöl
- Wie ein kleiner Urlaub, ist der Aufenthalt in Sauna, Dampfbad oder Infrarotkabine. Vor allem letztere lässt sich auch ohne viel Aufwand ins eigene Heim integrieren. (Siehe: Mit Querschnittlähmung in Sauna, Dampfbad und Co.)
- Rotlichtlampen
Leserin Nina Wortmann schwört auf Wärmelampen mit Rotlicht. Sie sagt: „Es gibt Rotlichtlampen in teuer zum Darunterliegen oder in günstiger einfach als Stehlampen, vor die man sich setzt, und innerhalb von vielleicht 30 Minuten ist man wieder wohlig warm.“
Anderes
Weitere Strategien und Hilfsmittel, die sich im Alltag bewährt haben, sind:
- Falls irgendwie möglich für eine halbe Stunde ins Bett legen.
- Wärmflaschen verwenden – Wegen der Verbrennungsgefahr sollte sie nicht wärmer als 60 Grad und von einem Textil (Überzug oder Handtuch) umhüllt sein. Bei direktem Kontakt können schon Temperaturen ab 45 Grad Verbrennungen verursachen.
- Heizstrahler unter den Schreibtisch stellen oder die Beine mit einem Haartrockner warmfönen – Auch hier die Verbrennungsgefahr nicht unterschätzen. (Siehe: Gegen kalte Beine am Schreibtisch – Die Untertischheizung)
- Wenn der ausgekühlte Körper das Einschlafen unmöglich macht, kann eine Heizdecke helfen. Wegen der Druckstellengefahr sollte sie auf, nicht unter dem Körper liegen. Zudem sollte ein Modell gewählt werden, dass entweder über eine programmierbare Abschaltautomatik verfügt oder in der Lage ist, die Körpertemperatur des Nutzers zu erkennen und ihre Wärmeleistung entsprechend reguliert.
f - Wer in einer Partnerschaft lebt oder Kinder oder Eltern in der Nähe hat, sollte keine Gelegenheit zum Kuscheln auslassen.
- Ein Haustier anschaffen: Eine Katze oder ein Schoßhund können Wunder wirken.
s - Medikamente
Verschiedene Arzneimittel haben eine austrocknende und damit wärmende Wirkung auf den Körper. Ein Beispiel ist das bei neurogener Dysfunktion des unteren Harntrakts eingesetzte Medikament Tridase. Es erhöht die Körpertemperatur, was im Winter angenehm wärmt, im Sommer aber oft für eine unerwünschte Dehydrierung sorgt.
a - Sitz- und Rückenheizung für den Rollstuhl
Beheizbare Sitze und Rückenlehnen kennt man ja vom Auto. Es gibt sie aber auch von verschiedenen Herstellern für Rollstühle – teils mit erheblichen Unterschieden in Preis und Leistung. Für ausführliche Informationen siehe: Hot on Wheels: Wie man im Rollstuhl warm und trocken bleibt.
Achtung!
Bei Querschnittlähmung gilt bei Sitzheizung, beheizbarer Kleidung und auch Heizdecken, dass aufgrund der Sensibilitätsstörung ein Verbrennungs- und Druckstellengefahr gegeben ist. Ein individuelles, vorsichtiges (!) Austesten ist daher angezeigt.
Auch interessant: Das Immunsystem stärken und Erkältung wegen Kälte? Ja. Nein. Vielleicht.
*Die genannten Tipps sind nicht allgemeingültig. Betroffene sollten sie ausprobieren und dann entscheiden ob sie den gewünschten Effekt haben oder nicht. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; weitere Vorschläge nimmt die Redaktion gerne entgegen.
Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Die genannten Produkte, Therapien oder Mittel stellen keine Empfehlung der Redaktion dar und ersetzen in keinem Fall eine Beratung oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch medizinische Fachpersonen.
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