Fasten: Neustart für die Seele

Man sagt, ein tiefes Seufzen sei die körpereigene Reset-Taste der menschlichen Psyche. Leider halten die Effekte oft nur wenige Minuten an. Eine langwierigere aber auch effektvollere Methode um herunterzufahren, zur Ruhe zu kommen, Kraft zu tanken und anschließend erholt einen Neustart zu machen, ist eine Heilfastenkur.

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Seelische Aspekte des Heilfastens

Heilfasten kann – und sollte – unter ärztlicher Kontrolle in Fastenkliniken durchgeführt werden. Hier werden oftmals Sport- und Wellnessprogramme mitangeboten. Zudem gibt es Gesprächsgruppen und auf Wunsch Beratungsgespräche mit einem Therapeuten. Vor allem wenn die Fastenkur unter solch einer therapeutischen Anleitung vorgenommen wird, kann sie wertvolle Impulse liefern. Das bewusste Sich-Ausnehmen aus dem Alltag kann zu einer Neubewertung der augenblicklichen Lebenssituation führen. Man kann entscheiden, ob und welche Schritte notwendig sind, um glücklicher, entspannter und gesünder zu werden. Das Bemerken und Erhören der eigenen Körpersignale ist nur der Anfang.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) räumt in einer Stellungnahme Heilfastenkuren eben diese positive Wirkung ein; zudem soll die Umstellung des Stoffwechsels und des Hormonhaushalts beim Heilfasten mit psychischen Veränderungen einhergehen (z. B. Gefühle erhöhter Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, gesteigertes Wohlbefinden). Ansonsten steht die DGE dem Heilfasten überwiegend kritisch gegenüber. Sie verweist auf die unerwünschten Nebenwirkungen (Azidose, Hypotonie, Müdigkeit, Schwindelgefühl, verminderte Konzentrationsfähigkeit, erhöhtes Kälteempfinden, trockene Haut, Menstruationsstörungen etc.), räumt jedoch ein, dass sich diese Nebenwirkungen im Verlauf des Fastens meist normalisieren können.

Unabhängig davon gibt es Mediziner, die das Fasten als starke körperliche Belastung bezeichnen und es daher – wenn überhaupt – nur völlig gesunden Menschen empfehlen (wikipedia, 2014). Zum Abbau von Übergewicht gilt Heilfasten als ungeeignet.

Körperliche Aspekte des Heilfastens

Der Entzug von Nahrung bedeutet für den Körper zunächst einmal eins: Hunger. Er wird sein „Steinzeitprogramm“ aktivieren und zum Jäger und Sammler werden. Alles Essbare, dass in seiner Nähe auftaucht, wird bemerkt, anvisiert und als potenzielle Beute betrachtet. Hier ist es nun an dem Fastenden zu beweisen, dass der Verstand in der Tat dazu in der Lage ist den Magen zu besiegen. Essen? Nein, danke! Dass das einfach ist, hat keiner behautet. Die gute Nachricht: nach ein bis drei Tagen wird das Hungergefühl verschwinden. Botenstoffe (Endorphine) werden im Gehirn freigesetzt, die ein Glücksgefühl auslösen, das von Teilnehmern von Fastenkuren als „wie auf Drogen sein“ beschrieben wurde. Allerdings schaltet der Körper nun auch auf den sogenannten Hungerstoffwechsel um, bei dem so wenig Energie wie möglich verbraucht wird. Der Blutdruck sinkt und der Körper wird entwässert. Bei einer Sonderform von Fastenkuren, dem Fastenwandern, soll diesem Effekt durch täglich mehrstündige körperliche Bewegung an der frischen Luft entgegengewirkt werden. Die Reserven des Körpers werden geplündert; bei den so in Gang gesetzten Stoffwechselvorgängen bilden sich wahrnehmbare Ablagerungen (z. B. Zungenbeläge, Mund- und Körpergeruch). Pro Tag verliert der Fastende ca. 400 Gramm Gewicht, am Anfang vor allem Wasser und Muskelsubstanz, sofern kein Eiweiß zugeführt wird. Bei einer kurzen Fastendauer kann dieser Verlust schnell wieder ausgeglichen werden. Mehrwöchige Fastenkuren können den Herzmuskel schädigen.

Pro und Contra

Heilfasten kann der Startschuss für neue, verbesserte Ernährungsgewohnheiten sein. Wer fastet, verzichtet über einen gewissen Zeitraum hinweg auf Nahrungsmittel, die nicht Bestandteil einer als gesundheitsbewusst geltenden Ernährung sind. So liefern etwa Süßigkeiten, Alkohol und u. U. auch Weißmehlprodukte leere Kalorien, warten nur spärlich mit Nährstoffen auf und können ein unheilvolles Spiel mit dem Blutzuckerspiegel treiben. Rotes Fleisch ist zwar reich an Eiweiß und Eisen, steht aber auch im Verdacht verschiedene Krankheiten auszulösen; von den verheerenden Auswirkungen von Zigaretten ganz zu schweigen. Wer eine Weile ohne all diese Dinge ausgekommen ist und die „Entzugserscheinungen“ sozusagen schon hinter sich hat, wird feststellen, dass er sie gar nicht wirklich braucht.

Ein weiterer Aspekt, der von den Verfechtern der Heilfastenkuren angeführt wird, ist das in Gang setzen von natürlichen Entschlackungs- und Entgiftungsmechanismen im Körper und das Aktivieren der Selbstheilungskräfte. Es muss allerdings gesagt werden, dass dieser Punkt sehr umstritten und derzeit wissenschaftlich nicht belegbar ist. In einer Stellungnahme sagt z. B. die DGE, dass es in einem Körper keine Ansammlung von Schlacken und Stoffwechselendprodukten geben könne; nicht verwertbare Substanzen werden bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr über die Verdauungsorgane ausgeschieden.

Positive Auswirkungen können Fastenkuren ihren Befürworten zufolge bei u. a. Diabetes mellitus II, Hyperurikämie, Hypertonie, arteriellen und venösen Durchblutungsstörungen, diversen Hauterkrankungen sowie chronischer Obstipation, Reizdarm und Morbus Crohn haben.

Kritiker heben den Stress, dem der Körper beim Heilfasten ausgesetzt ist, hervor und verweisen auf eine mögliche Mangelernährung, den sinkenden Grundumsatz und den Abbau von stoffwechselaktiver Muskelmasse. Bei Gewichtsverlust ist der Jojo-Effekt vorprogrammiert, da kaum Fett verbrannt wird. Zudem muss beachtet werden, dass durch das Fasten die Wirkung von Medikamenten beeinflusst wird und evtl. eine Anpassung/Reduzierung der Dosierung erfolgen sollte. Menschen mit erhöhtem Purinspiegel ist wegen des Risikos eines akuten Gichtanfalls vom Fasten abzuraten (DGE, 2014).

In jedem Fall ist vor dem Beginn einer Fastenkur die Rücksprache mit dem behandelnden Arzt notwendig. Dies gilt für Menschen mit Querschnittlähmung im besonderen Maße, da das Fasten eine erhebliche Auswirkung auf das Darmmanagement haben kann.

Häufige Komplikation: Die Fastenkrise

Beim Fasten kann es, wegen dem Stress, dem der Körper ausgesetzt ist, zu einer sog. Fastenkrise kommen, die verschiedenen Symptome haben kann. Häufig sind vor allem Schwächegefühle, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Hautausschläge und Kreislaufprobleme. Es kann aber auch zu Übelkeit, Heißhunger, Bewusstseinsstörungen, Konzentrationsmangel und Sehstörungen kommen.

Die drei Phasen des Fastens

Viel Wasser zu trinken - mind. 3 Liter täglich - ist ein wichtiger Bestandteil einer Heilfastenkur.
Viel Wasser zu trinken – mind. 3 Liter täglich – ist ein wichtiger Bestandteil einer Heilfastenkur.

Während Phase I, den beiden Vorbereitungstagen, werden nur kleine, fettarme und ballaststoffreiche Speisen verzehrt (z. B. Gemüsesuppen). Auf Süßigkeiten, Alkohol und Zigaretten wird bereits verzichtet. Meist findet vor Fastenbeginn auch eine Darmentleerung statt, die entweder über einen Einlauf (Klistier) oder über Abführmittel vorgenommen wird.

  • Phase II orientiert sich an der Art des Heilfastens, die man gewählt hat (siehe unten).
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  • Phase III, das Fastenbrechen, kann bis zu zehn Tage dauern. In dieser Zeit wird der Körper wieder allmählich an eine schrittweise gesteigerte Kalorienzufuhr und feste Nahrung gewöhnt.
  • Arten des Heilfastens

    • Basenfasten
      Beim Basenfasten nimmt man ein bis zwei Wochen lang nur basenbildende Lebensmittel zu sich, d. h. die allermeisten Gemüse- und viele Obstsorten.
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    • Eiweißergänztes Fasten
      Beim eiweißergänzten (modifizierten) Fasten wird täglich Buttermilch oder ein spezielles Eiweißkonzentrat verzehrt. Dies soll große Eiweißverluste des Körpers verhindern und ihn veranlassen, mehr Fett als Eiweiß abzubauen.
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    • Franz-Xaver-Mayer-Kur
      Beim Fasten nach Mayr ist die Grundlage die Milch-Semmel-Diät.
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    • Früchtefasten
      Beim Früchtefasten werden (nur) Früchte, Gemüse, Kräuter und Nüsse konsumiert.
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    • Heilfasten nach Otto Buchinger
      Beim Buchinger-Heilfasten wird mit Gemüsebrühe und Säften eine geringe Menge an Kalorien, Vitaminen und Mineralien zugeführt. Das verringert die Belastung für den Stoffwechsel. Hinzu kommen Einläufe, die der Darmreinigung dienen sollen.
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    • Markert-Diät
      Dem Namen nach handelt es sich hierbei um eine Reduktionsdiät, die Kalorienmenge, die man mit dem vorgesehenen ausschließlichen Verzehr von Gemüsebrühe und einem Eiweißzusatz zu sich nimmt, ist so gering, dass die Markert-Diät durchaus eine Art des Fastens ist.
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    • Molke-Fasten
      Beim Molke-Fasten wird auf die Aufnahme fester Nahrung komplett verzichtet. Man nimmt über den Tag verteilt 1 Liter Molke zu sich (soll den Eiweißverlust des Körpers reduzieren), ferner 0,5 Liter Obstsaft und 3 Liter kohlensäurefreies Wasser, welches bestimmte Körperfunktionen und die sogenannte Entschlackung und Entgiftung fördern und das Hungergefühl reduzieren soll. Zusätzlich wird jeden Morgen ein Glas (0,2 Liter) Sauerkraut- oder Pflaumensaft getrunken. Er soll den Darm „reinigen“ und helfen, im Körper vermutete Schadstoffe aus dem Körper zu entfernen.
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    • Saftfasten
      Beim Saftfasten wird auf feste Nahrung verzichtet. Konsumiert werden ausschließlich Obst- und Gemüsesäfte. Frisch gepresste Säfte versorgen während dieser Fastenkur mit Vitaminen und Mineralien.
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    • Schrothkur
      Bei der Schrothkur wechseln sich Trinktage und sogenannte Trockentage ab. Auch hier ist das Ziel eine Entgiftung des Körpers, wodurch die Selbstheilungskräfte gefördert werden sollen. Konsumiert wird eine fett-, eiweiß- und salzarme Kost (Getreidebrei und Gemüse); die Trinkmenge von 0,5 Litern am Tag ist extrem gering.
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    • Suppenfasten
      Beim Suppenfasten nimmt man zum Frühstück eine Haferflockensuppe zu sich und mittags und abends eine Gemüsesuppe mit Kartoffeln.
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    • Teefasten
      Beim Teefasten wird ebenfalls auf feste Nahrung verzichtet, jedoch kommt der Verzicht auf jede Form von Kalorien (in Säften) hinzu. Getrunken werden ausschließlich Tee und kohlensäurearmes oder stilles Wasser. Von dieser extremen Art des Fastens wird von Medizinern meist abgeraten.

    Intermittierendes Fasten

    Gegessen wird erst nach Phasen mehrstündiger Karenz.

    In den letzten Jahren ist das intermittierende Fasten zum Heiligen Gral für Fitnessgurus und Abnehmwillige geworden. Es handelt sich dabei nicht um eine Form des Heilfastens (wie oben beschrieben), sondern um einen veränderten Essrhythmus. Man wechselt am Tag zwischen Phasen des Fastens und Phasen, in denen die Nahrungsaufnahme erlaubt ist, ab. Möglich ist z. B. eine 16-stündige Phase der Nahrungskarenz und eine 8-stündige Phase, in der zwei Mahlzeiten aufgenommen werden. Dieser 16/8-Rhythmus kann aber auch durch einen 18/6- oder einen 20/4-Rhythmus ersetzt werden. Eine andere Möglichkeit ist ein normales Essverhalten an fünf Tagen der Woche und eine Fastenphase an zwei Tagen.

    Zu den größten Vorteilen des Intermittierenden Fastens gehören eine höhere Lebenserwartung und eine verringert Rate an altersbedingten Erkrankungen – zumindest im Tiermodell. Gezeigt werden konnte, dass Ratten, die wie beschrieben ernährt werden, weniger Übergewicht haben, sich schneller und wahrscheinlicher von schweren Operationen erholen, weniger an Krebs leiden sowie weniger Symptome von Diabetes und Alzheimer zeigen. Und das obwohl die Gesamtkalorienmenge nicht reduziert wurde.

    Auf Menschen lassen sich diese Studienergebnisse nicht verlässlich übertragen, es wird jedoch angenommen, dass der menschliche Körper an das Ernährungsmuster des Intermittierenden Fastens besser angepasst ist, als an den Essrhythmus der westlichen Gesellschaft der Neuzeit, da es dem ursprünglichen (steinzeitlichen) Essrhythmus des Menschen eher entspricht.

    Die Verfechter des Intermittierenden Fastens führen (ohne Belege) an, dass diese Ernährungsweise das Gewicht reduzieren kann, den Blutdruck senkt, den Cholesterinspiegel reguliert und den Insulinspiegel normalisiert, wodurch Akne, Krebs, Hormonstörungen, Depressionen und chronische Entzündungen positiv beeinflusst werden. Zudem kann sie vor Erkrankungen des Nervensystems schützen. Um diese Effekte zu erreichen sollte jedoch in den Phasen der Nahrungsaufnahme auf eine kalorienreduzierte Kost geachtet sowie regelmäßig Sport getrieben werden.

    Wer sich als Querschnittgelähmter für das Intermittierende Fasten interessiert, sollte dies unbedingt im Vorfeld mit dem behandelnden Arzt besprechen.

    Fasten: positiv für Darmmikrobiom und Immunsystem

    Menschen mit metabolischem Syndrom sollten vor einer Ernährungsumstellung mit einer Fastenkur beginnen, das kann den Gesundheitszustand langfristig verbessern. Zu diesem Ergebnis kam eine gemeinsame Studie des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) und des Experimental and Clinical Research Center (ECRC).

    Jede/r vierte Deutsche leidet am metabolischen Syndrom. Das ist eine Sammelbezeichnung für vier verschiedene Krankheiten und Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Adipositas, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung und Diabetes mellitus Typ 2. Bei vielen PatientInnen liegen unbemerkt chronische Entzündungen und eine gestörte Darmflora vor. Die wichtigsten Behandlungsansätze sind viel Bewegung und eine energiearme, gesundheitsförderliche Ernährung.

    In einer Studie wurde an 71 PatientInnen mit metabolischem Syndrom untersucht, welchen Effekt eine Fastenkur vor einer Ernährungsumstellung auf Darmmikrobiom und Immunsystem hat. Die ProbandInnen ernährten sich drei Monate nach der DASH-Diät (Dietary Approach to Stop Hypertension), die einer mediterranen Vollwertkost entspricht und den Blutdruck senken soll. Die ProbandInnen wurden zufällig in zwei Gruppen unterteilt, von der eine fünf Tage vor der Diät nur 300–350 kcal täglich als Gemüsesaft und Gemüsebrühe zu sich nahm.

    Wenn die PatientInnen vor der Diät fasteten, blieben BMI, Blutdruck und Bedarf an blutdrucksenkenden Medikamenten auch drei Monate nach der Kur niedriger. Weiter wurden positive Auswirkungen auf das Immunsystem und das Darmmikrobiom festgestellt, die bei einer Diät ohne Fasten nicht zu beobachten waren. Die Anzahl der entzündungsfördernden T-Zellen nahm ab und die der regulatorischen T-Zellen zu. Im Darm vermehrten sich gesundheitsfördernde Bakterien, die Ballaststoffe in entzündungshemmende kurzkettige Fettsäuren umwandeln und sich dadurch positiv auf Immunabwehr und Blutdruck auswirken. Dieser positive Effekt blieb zum Teil auch nach dem Fasten erhalten.

    Laut Dr. Sofia Forslund stellen PatientInnen mit metabolischem Syndrom häufig ihre Ernährung um und sind frustriert, wenn sich kaum Erfolge einstellen. Das könne daran liegen, dass im Darmmikrobiom zu wenige gesundheitsfördernde Bakterien vorhanden sind. Fasten wirke wie ein Katalysator für die schützenden Mikroorganismen im Darm. Die Gesundheit verbessert sich sichtbar schnell, PatientInnen können ihre Medikation reduzieren und oftmals auf Tabletten verzichten. Weitere Studien mit mehr ProbandInnen seien jedoch notwendig, um die Resultate zu untermauern (PM, 2021).


    Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Die genannten Produkte, Therapien oder Mittel stellen keine Empfehlung der Redaktion dar und ersetzen in keinem Fall eine Beratung oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch medizinische Fachpersonen.