Superheroes Reloaded

Die freischaffende Künstlerin Käthe Wenzel arbeitet nicht immer als Künstlerin, manchmal geht sie auch ins Kino. Aus einem dieser Kinobesuche entstand ihr Projekt „Superheroes Reloaded“.

Frau Wenzel, wie kamen Sie auf die Idee, Helden mit Handicaps zu schaffen?

Ich war mit der Tochter einer Freundin im Kino, in „Avatar“, und nicht nur mir, sondern auch Maja gefiel das Ende überhaupt nicht. Zum Schluss verlässt nämlich der Held seinen behinderten Körper und den Rollstuhl und lebt als gesundes, aufrechtes Wesen weiter. Seine Einschränkungen müssen in letzter Konsequenz weichen, erst dann kann der Kinobesucher beruhigt nach Hause gehen. Maja besucht die Schule zusammen mit Kindern, von denen auch einige Rollstuhlfahrer sind, die ihr Handicap nicht einfach ablegen können, und wir fragten uns, wo eigentlich die Helden mit akzeptierten und sichtbaren Eigenheiten und Makeln sind. Dann bin ich hergegangen und habe genau solche Helden entworfen.

Es kommt ja häufig vor, dass Personen mit Behinderungen als Helden im Umgang mit ihren Einschränkungen dargestellt werden …

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Ja, aber das ist immer so tragisch! „Crutch Fighter Man“, „Wheelchair Man” oder “Lady Kazingg” haben keinen perfekten Körper, sie gehen an Krücken, sitzen im Rollstuhl oder sind übergewichtig, aber sie haben Spaß! Sie sind nicht schwach und bedürftig, sondern stehen dafür, dass auch ganz normale Leute Superhelden sein können.

Warum brauchen wir solche Helden?

„Dazugehören“ bedeutet auch, sich in Vorbildern wiederzufinden, inklusive Behinderung, und selbst Vorbild zu sein. Ich selbst habe keine Behinderung, weiß aber aus anderen Lebensbereichen, wie es sich anfühlt, wenn ich und mein Leben in den „großen Erzählungen“ von Werbung, Fernsehen, Kino nicht vorkommen. Ich wollte ein paar dicke, grauhaarige Superheldinnen und Superhelden mit sichtbarer Behinderung zur Verfügung stellen.

Persönlich warte ich darauf, dass in unserer sichtbaren Kultur Menschen mit Behinderung, Migrationshintergrund, nicht-heterosexueller Orientierung, ungenormten Körperformen etc. einfach so vorkommen, ohne dass das ein zentrales Thema sein muss.

Mit welchen Materialien haben Sie gearbeitet?

Da die Figuren sowohl im Innen- als auch im Außenraum funktionieren sollen, musste ich ein wetterfestes Material nehmen. Ich habe mich für Kunstharz entschieden. Das bedingt einen längeren Herstellungsprozess, weil man die Modelle erst in einem flexiblen Material (in diesem Fall: Plastillin) von Hand modelliert, dann davon eine zweischalige Hohlform in Silikon und Gips herstellt, und aus dieser Form schließlich Gießlinge in Kunstharz herstellt. Die Gießlinge müssen meist noch gründlich nachbearbeitet werden, weil sie Gussnähte, manchmal Blasen und andere Unebenheiten aufweisen. Danach habe ich sie von Hand bemalt und dann nochmal mit Kunstharz überzogen.

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Welchen Platz wünschen Sie sich für Ihre Helden?

Sie gehören an die Wand, denn im Gegensatz zu uns, können sie natürlich die Wände hoch gehen bzw. fahren und uns, die wir da unten stehen, beschützen. Das kann an jedem öffentlich zugänglichen Platz sein, wichtig ist mir die Sichtbarkeit, gern auch draußen, und natürlich wünsche ich mir eine Unterstützung mit den Kosten.

Käthe Wenzel, geboren 1972, lebt in Berlin und ist künstlerisch international tätig, mit Aufträgen u.a. für das Deutsche Technikmuseum Berlin und das Stadtmuseum Oldenburg.

www.kaethewenzel.de

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