Schneeketten für den Rollstuhl
Rollstühle und Schnee sind nicht wirklich ein Traumpaar. Schmale Sport- oder Alltagsreifen mit Längsrillenprofil kommen bei Eis und Schnee schnell ins Rutschen. Allerdings kann man, wenn man in einem Land lebt, in dem gerne mal Schnee fällt, schlecht bis März einfach zu Hause bleiben….

Eine Zeit lang sah es so aus, als hätten Hilfsmittelhersteller auf die Nöte von Rollstuhlfahrern im Winter reagiert. Es gab industriell gefertigte Schneeketten für manuelle und elektrische Rollstühle zu kaufen. Wenn man die Homepages dieser Hersteller allerdings heute besucht, ist von den Schneeketten keine Rede mehr. Manchmal kann man, wenn man Glück hat, die Produkte auf Ebay finden. Ebenfalls still ist es um das Startup Unternehmen Rollibertas, das vor wenigen Jahren mit dem Produkt „Mudclaws“ von sich reden machte. Die Macher haben ihre Webpräsenzen deaktiviert und/oder haben seit ca. einem Jahr nichts mehr gepostet. Ob dies nur vorübergehend ist, bleibt abzuwarten.
Der amerikanische Hersteller Renegade Wheelchairs bietet bei der Winterausrüstung für seinen Outdoor-Rollstuhl mit Hebelantrieb (siehe: Ab ins Gelände mit manuellen Outdoor-Rollstühlen) neben einem Vorspannschneepflug und Skiern, die die Lenkräder ersetzen, auch Schneeketten an. Diese kosten allerdings pro Reifen 50 US-Dollar (ca. 47 Euro) zzgl. Versand aus den USA, womit sie alles andere als billig sind.
Schneeketten für den E-Rolli
Der Schneekettenhersteller Ottinger sorgt dafür, dass auch Elektro-Rollstühle mit Schneeketten ausgerüstet werden können. Die Kettenglieder aus Metall sollen leicht montierbar sein und auf Eis und Schnee Rutschfestigkeit bieten. Erhältlich sind die Ketten für Reifen in den Größen fünf, acht und zehn Zoll. Zu haben sind sie pro Paar ab ca. 145 Euro (Stand: Jan. 2017) und kommen in einer handlichen Tasche, in der sie im Sommer sicher verwahrt werden können.
Schneeketten Marke Eigenbau
Seit Jahren kursiert der nicht mehr ganz so geheime Geheimtipp aus der Fahrradfahrerszene, Schneeketten aus Kabelbindern einfach selber zu basteln. Dazu braucht man pro Reifen mind. 6 besser 12 bis 18 stabile Kabelbinder und ein Teppichmesser. Bei voller Handfunktion sollte die Montage in wenigen kurzen Schritten klappen:
- Kabelbinder um Felge und Mantel legen.
- Festziehen.
- Überschuss abschneiden.
Mit allen übrigen Kabelbindern verfährt man in gleichmäßigen Abständen ebenso.

Zwei Varianten
Beim Anbringen der Kabelbinder kann man entweder so vorgehen, dass nur das Band selbst auf dem Profil der Reifen liegt und der Verschluss an der Innenseite ist, oder man setzt den Verschluss so an, dass er auf der Fahrfläche aufliegt. Bei der ersten Variante entsteht so ein tieferes Profil, das Rutschfestigkeit gewährleistet, bei der zweiten fungieren die Verschlüsse zusätzlich wie Spikes, die vor allem bei überfrierenden Schneeflächen hilfreich sein können.
Wenn man diese Spike-Variante wählt, muss man sich allerdings darauf gefasst machen, dass man auf normalem Untergrund ziemlich holprig unterwegs ist, was bei der anderen Version nicht der Fall ist.
Vorsicht: Scharfe Kanten
Wenn die Kabelbinder mit einer Schere abgeschnitten werden, entstehen scharfe Kanten, die Handschuhe kaputt machen und vor allem die Haut verletzen können, wenn man beim Antreiben unglücklich dran kommt. Eine glattere Kante bekommt man zustande, wenn man statt einer Schere ein Teppichmesser verwendet.
Generell muss darauf geachtet werden, die Verschlüsse so anzubringen, dass sie beim Antreiben nicht an Hand oder Handgelenk anstoßen.
Der Zeitfaktor
Menschen, die sich jetzt gerne ihre eigenen Schneeketten basteln wollen, sollten sich darüber im Klaren sein, dass das Aufziehen der Behelfsschneeketten ein ziemlicher Akt ist, den man, wenn man nach Hause kommt und wieder auf normalem Untergrund fährt, in der Regel wieder zunichtemachen muss.
Obwohl die einzelnen Schritte zum Anbringen der Schneeketten tatsächlich recht kurz sind, ist man trotzdem eine Weile beschäftigt. Die drei kurzen Schritte muss man nämlich – je nachdem wie viele Kabelbinder man pro Reifen verwendet – bis zu 35 Mal wiederholen.
Im Innenraum können die Kabelbinder nur dann an den Reifen bleiben, wenn man sich für die Variante ohne Spikes entschieden hat. Und auch dann nur vorübergehend …
Dom von Vosara (siehe auch: Wandlungsfähig: Das Vosara Vorspannrad v3) hat zu den Kabelbinder-Ketten ein Video gemacht:
Fazit zu den selbstgemachten Rollstuhl-Schneeketten
Die Schneeketten aus Kabelbindern sind eine Lösung. Eine Notlösung. Wenn man unterwegs von plötzlichem Schneefall überrascht wird und wieder nach Hause möchte, ist es gut, zwei Dutzend Kabelbinder dabei zu haben. Oder wenn man unbedingt raus muss, um die Garagenzufahrt freizuschaufeln. Vielleicht sogar für eine einmalige Spazierfahrt unter funkelnden Sternen im verschneiten Wintermärchenwald …
Wer allerdings viel, gerne und oft bei Eis und Schnee draußen ist, z. B. Alpinisten oder Frischluftfanatiker, wird nicht umhin kommen, sich einen ordentlichen Satz Mountainbikeräder für den Rollstuhl zu kaufen, die es wahlweise mit oder ohne integrierte Metallspikes gibt. Noch sicherer unterwegs ist man mit einem Vorspannrad (siehe: Das Vorspannrad: Ein fünftes Rad am Rollstuhl).
Siehe auch: Mit dem Rollstuhl auf Eis und Schnee
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