Ratgeber zur beruflichen Teilhabe von Rollstuhlfahrern
Das Institut der deutscher Wirtschaft hat 2015 eine Online-Broschüre zur Gestaltung des Berufsalltags von Rollstuhlfahrern herausgegeben: „Nur den Tag absitzen? Nichts für mich! – Wie sich die berufliche Teilhabe von Rollstuhlnutzern gestalten lässt“.

Arbeitgeber, behinderte Arbeitnehmer, Fachleute und Interessierte finden in dem Ratgeber einen Leitfaden zur Umsetzung der Beschäftigung unter den besonderen Vorzeichen, die ein Arbeitsalltag mit Rollstuhl mit sich bringen kann. „Man kann jedoch nie von ‚dem typischen Rollstuhlnutzer‘ sprechen. Die Ursachen dafür, dass ein Rollstuhl benötigt wird, sind sehr unterschiedlich, ebenso die Ausprägungen der ursächlichen Erkrankung oder Behinderung“, heißt es in der Einführung. Den Einzelfall zu beachten, wird später Aufgabe aller Beteiligten in der Praxis sein; die Broschüre liefert zunächst allgemeingültiges Basiswissen und Grundlagen aus dem Sozialrecht oder dem Bereich der Hilfsmittelversorgung und stellt mögliche Lösungen für den Arbeitsalltag vor.
Rahmenbedingungen, Basics über Behinderungen und praktische Erfahrungen
Im ersten Kapitel geht es um Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch IX, zu denen auch die Fördermöglichkeiten im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) gehören.
Weiterhin erläutert Autorin Mareike Decker die möglichen Behinderungen oder Erkrankungen, die Ursache für die Notwendigkeit einer Rollstuhlnutzung sein können. Sie beschreibt, was es bei der Rollstuhlversorgung zu beachten gibt, welcher Träger für die Kostenübernahme infrage kommt und was unter dem „Grad der Behinderung“ zu verstehen ist.
Anschließend wendet sie sich den Auswirkungen auf das Arbeitsleben zu. Neben Fragen der Barrierefreiheit und des Arbeitsschutzes greift Decker auch mögliche „Barrieren im Kopf“ auf und hat sich dazu mit dem behinderten Aktivist Raúl Aguayo-Krauthausen ausgetauscht. Dieser hatte als Arbeitgeber zunächst selbst Vorbehalte gegenüber behinderten Mitarbeitern. „Diese haben sich aber überhaupt nicht bestätigt“, sagt er im Interview, das in der Broschüre nachzulesen ist. Arbeitgeber sollten von Anfang an ehrlich und offen mit der Situation umgehen, um Barrieren gemeinsam zu beseitigen.
Lösungen im Überblick
Mit technischen Regeln für Arbeitsstätten und DIN-Normen beschäftigen sich die „Lösungen für den Arbeitsalltag“. Sie umfassen die Beachtung konkreter Normen und Empfehlungen für Zugangswege, Flure, Türen, Bodenbeläge, Rampen, Aufzüge, Lifte, WCs, Küchen, Parkplätze und für den Arbeitsplatz selbst. Daneben spielen aber auch Flexibilität, Organisation und Kommunikation eine wesentliche Rolle. So kann es wichtig sein, einem Arbeitgeber, der auf Dienstreisen Assistenz benötigt, die nächste Reise möglichst früh anzukündigen. Auch eine flexible Anpassung von Arbeitsbeginn und -ende oder die Ermöglichung von Heimarbeit kann Hürden beseitigen.
Dabei wird es in der Praxis voraussichtlich nicht so sein, dass alle Maßnahmen von jedem Rollstuhlnutzer auch benötigt werden. Geht es um behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung – also bezogen auf eine bestimmte Person – ist Kommunikation und individuelle Anpassung gefragt, um dem persönlichen Bedarf zu entsprechen. Anders sieht das aus, wenn ein Unternehmen vorausschauend barrierefrei für alle denkbaren Rollstuhlnutzer werden möchte, dann muss es verschiedene Konstellationen berücksichtigen und in der Regel umfassender Barrieren abbauen als für eine Einzelperson.
Hintergrund
Die Broschüre ist Teil einer Wissensreihe, die Basiswissen zu Erkrankung oder Behinderung sowie individuelle Lösungen im Arbeitsleben vermitteln will. Die Reihe wiederum erscheint im Rahmen des Informationsangebotes REHADAT, das vom Institut der Deutschen Wirtschaft erstellt wird und neben Publikationen und Seminaren vor allem online Wissen über berufliche Bildung, Arbeitsleben und Behinderung sowie Hilfsmittel bereithält.
Übersichtlich bleibt der Ratgeber auch dadurch, dass er eine Verknüpfung mit dem Online-Informationsangebot REHADAT herstellt und in zahlreichen Links auf ausführliche Informationen vereist, die es dort schon gibt. Insbesondere Hilfsmittel werden auf www.rehadat.de ausführlich erläutert.
Fahrplan für die praktische Umsetzung
Schließlich fasst der Ratgeber die wesentlichen Schritte, die es bei der Gestaltung eines rollstuhlgerechten Arbeitsplatzes zu beachten gibt, in einem „Fahrplan für die Praxis“ zusammen – von der Bedarfsermittlung und der Beratung durch Fachkräfte über die Vereinbarung von Maßnahmen und deren Beantragung bis hin zur Durchführung und Auswertung.
Eine Linkliste informiert im letzten Teil über weiterführende Organisationen, Netzwerke und relevante Online-Angebote.
Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V. (Hrsg.): „Nur den Tag absitzen? Nichts für mich! – Wie sich die berufliche Teilhabe von Rollstuhlnutzern gestalten lässt“, Köln, 2015 gibt es auf den Seiten von Rehadat als Download (PDF).