Pflanzenmilch – Alternative bei Laktoseintoleranz und Milcheiweißallergie
Bei Laktoseintoleranz und Allergien muss man Milch und Milchprodukte nach Möglichkeit meiden. Glücklicherweise kriegt man Milch nicht nur aus Kühen! Man kann sie auch aus Pflanzen machen. Und die Auswahl ist heute fast endlos.

„Im Beratungszentrum für Ernährung und Verdauung Querschnittgelähmter haben wir immer wieder Anrufe von Menschen, die Verdauungsbeschwerden haben, weil sie Laktose nicht vertragen“, sagt Diätassistentin und Ernährungsberaterin Claudia Hess. „Bei diesen Patienten werden die Beschwerden schnell besser, wenn sie auf Nahrungsmittel und andere Produkte mit Milchzucker verzichten.“
Es gibt keine Studien darüber, ob Nahrungsmittelunverträglichkeiten, d. h. Allergien oder Intoleranzen (siehe: Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Food-Blogs zu den fünf häufigsten Nahrunsmittelunverträglichkeiten) bei Menschen mit neurogener Darmfunktionsstörung häufiger auftreten als bei anderen. Fest steht jedoch, dass die Beschwerden, die Nahrungsmittelunverträglichkeiten verursachen können, bei Querschnittlähmung schneller und als belastender wahrgenommen werden, da sie das Darmmanagement beeinträchtigen können. Global betrachtet ist Laktoseintoleranz übrigens der Normalzustand. Weltweit vertragen 75% der Bevölkerung im Erwachsenenalter keine Milch und Milchprodukte; in Deutschland sind es 10-25% (Kimmerle/Nath, 2011).
Ein weiterer Stoff der Milch, auf den manche Menschen allergisch reagieren, ist das Milcheiweiß. Beschwerden verursachen bestimmte Proteingruppen der Kuhmilch, wobei die Reaktion häufig vom Grad der Verarbeitung des Produkts abhängt und denaturierte Produkte, z. B. Hartkäse, eher vertragen werden als Frischmilch.
Beschwerden bei Laktoseintoleranz
- Krampfartige Bauchschmerzen
- Blähungen
- Durchfall
- Selten Verstopfung (Brockhaus, 2008).
Lebensmittel und Produkte, die Laktose und/oder Milcheiweiß enthalten können:
- Milch
- Milchprodukte
- Desserts
- Backwaren
- Süßigkeiten
- Fertigprodukte, wie Instantsuppen und -saucen, Tiefkühlmenüs, Pizza, Margarine und Wurst
- Medikamente (im Beipackzettel ausgewiesen)
- Zahncreme
- Kaugummi
Beschwerden bei Milcheiweißallergie
- Hautausschläge und/oder -ekzeme
- Erbrechen
- Darmkrämpfe inkl. Blähungen
- Durchfall (Brockhaus, 200()
Pflanzendrinks
Pflanzendrinks, der korrekte Ausdruck für Pflanzenmilch, sind von Natur aus laktose- und milcheiweißfrei und man kann sie aus so ziemlich allen Getreide- und Nusssorten machen, die es gibt. Derzeit wird in Supermärkten und Reformhäusern eine große Auswahl an verschieden Pflanzendrinks geboten:
- Chufa (Erdmandel)
- Dinkel
- Hafer
- Haselnuss
- Kokos
- Mandel
- Reis
- Soja
Die meisten der genannten Sorten werden in den Varianten „Natur“, „Vanille“ und „Schokolade“ angeboten.
Hergestellt werden Pflanzendrinks, indem man die Sojabohnen bzw. die Getreidekörner bzw. die Nüsse mahlt und in Wasser einweicht. Enzyme wandeln die langkettigen Kohlenhydrate in Zucker um, wodurch eine leichte Süße entsteht. Durch Schleudern werden die Feststoffe dann von der Flüssigkeit getrennt. Industriell gefertigte Pflanzendrinks enthalten zusätzlich oft auch Salz, Zucker, Pflanzenöle, Verdickungsmittel und zugesetzte Mikronährstoffe, am häufigsten Kalzium sowie die Vitamine D und B12.
Bei der Umstellung von Kuhmilch- auf Pflanzenmilchprodukte wird auf der Zunge zunächst ein großes Fragezeichen aufleuchten. Pflanzenmilch schmeckt nicht wie das „Original“; im Vergleich wird sie, je nach Sorte, als leicht bitter oder als „flach“ im Geschmack empfunden. Am angenehmsten ist für Umsteiger sicherlich der liebliche, leicht süße Geschmack von Mandelmilch.
Kosten
Pflanzendrinks sind im Vergleich zu Kuhmilch deutlich teurer, was hauptsächlich daran liegt, dass auf Pflanzendrinks ein höherer Steuersatz bezahlt wird und ihre Herstellung seltener subventioniert wird.
Einen Liter Kuhmilch gibt es beim Discounter schon ab 40 Cent, während ein Liter Sojamilch (ebenfalls beim Discounter) schon 95 Cent kostet. Und für einen Liter Mandelmilch muss man je nach Hersteller zwischen 1,50 und 2,95 Euro bezahlen.
Einfach selber machen
Wer die vergleichsweise hohen Kosten scheut und von Zusatzstoffen wie Aromen und Verdickungsmitteln nicht begeistert ist, kann Pflanzenmilch auch selbst herstellen.
Am einfachsten geht das mit Nussmusen. Für einen halben Liter Mandel- oder Cashewmilch löst man zwei Esslöffel des entsprechenden Nussmuses (aus geschälten Nüssen) mit einer Prise Salz und evtl. 1 TL Agavendicksaft in einem halben Liter Leitungswasser auf. Fertig. Da Nussmuse nicht wirklich billig sind (100 Gramm gibt es ab ca. 3,60 Euro), kann man mit dieser Methode zwar nur wenig Geld sparen, dafür aber ganz erheblich an Verpackungsmüll. Zudem hat man das gute Gefühl wirklich zu wissen, was genau in der Pflanzenmilch drin ist.
Für weitere (aufwendigere) Rezepte siehe:
Andere Produkte
Pflanzensahne gibt es in den Varianten Soja, Reis und Hafer in den meisten Supermärkten. Sie eigenen sich zum Kochen von süßen und pikanten Speisen – zum Aufschlagen eignen sich allerdings die wenigsten Sorten. Wer einen Klecks Sahne auf seinem Kuchen haben möchte, das Kuhmilchprodukt aber nicht verträgt, kann eine reife Avocado mit Zucker und Zitronensaft nach Belieben würzen und pürieren. Dieses Kuchentopping ist zwar grün aber ebenso lecker wie Schlagrahm und Co.
Was Alternativen für Milchprodukte wie Quark, Joghurt, Pudding und Eiscreme angeht, legt der Markt in den letzten Jahren gewaltig nach.
Soja-Joghurt gibt es heute in fast jedem Supermarkt als süße Variante ohne oder mit verschiedenen Früchten oder ungesüßt, so dass es auch für die Zubereitung pikanter Speisen, z. B. Salatsaucen, verwendet werden kann.
Pudding und Eiscreme auf Sojabasis gibt es in den Geschmacksrichtungen Schokolade, Vanille und Karamell; Fruchtsorbets sind ohnehin ohne Milchbestandteile zubereitet.
Eine relativ neue Entwicklung sind Eiscremesorten, Joghurt- und Quarkspeisen auf Lupinenbasis. Lupinen sind, wie Sojabohnen, Hülsenfrüchte, doch im Vergleich zwar ebenso reich an Protein, aber weniger allergen. Für den Verzehr werden in Deutschland Blaue Süßlupinen angebaut, die in kühlem Klima auf kargen Böden gedeihen.
Es gibt auch Quark und Frischkäsealternativen, meist auf Sojabasis, die gesüßt oder ungesüßt sowie als fruchtige oder pikante Variante angeboten werden.
Angeboten werden auch rein pflanzliche „Hartkäse“-sorten, die je nach Hersteller geschmacklich sogar recht nah an das Original herankommen. Allerdings sind diese Produkte reich an Fett, Salz und Zusatzstoffen. Zudem enthalten die meisten Hartkäsesorten ohnehin kaum Laktose, die beim Reifeprozess abgebaut wird.
Die Kalziumfrage
Viele Menschen scheinen zu glauben, dass der Mikronährstoff Kalzium, der im Körper für den Aufbau von Knochen und Zähnen, Nervenfunktion, Blutgerinnung und Hormonproduktion wichtig ist, nur über Milchprodukte aufgenommen werden kann. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass bei Menschen, die keine Milchprodukte vertragen und daher nicht essen, die Knochen zerbröseln müssen?
Natürlich nicht. Zwar erleichtert Laktose die Aufnahme und damit die Verfügbarkeit für den Körper des in der Milch enthaltenen Kalziums, aber viele Menschen nehmen kulturell bedingt kaum oder nur wenig Milch und Milchprodukte zu sich und leiden trotzdem nicht verstärkt an Kalziummangel. Es gibt genügend andere Lebensmittel, in denen der Mineralstoff enthalten ist und Pflanzendrinks werden häufig Mikronährstoffe zugesetzt, u. a. eben auch Kalzium.
Zudem ist das meiste Kalzium in Hartkäsesorten mit mind. 45% Fett in der Trockenmasse vorhanden. Und diese werden auch bei Laktoseintoleranz meist gut vertragen.
Kalziumgehalt in Lebensmitteln im Vergleich
Im Folgenden werden beispielhaft einige kalziumreiche Lebensmittel genannt. Angegeben wird der Kalziumanteil in mg in 100 g/ml des verzehrfähigen Lebensmittels in Circawerten:
100 g/ Lebensmittel | mg/Kalziumanteil |
Emmentaler Greyerzer Sesam Brennnessel Butterkäse Ölsardinen Sojabohnen Mandeln Haselnüsse Feigen, getrocknet Grünkohl Brunnenkresse Löwenzahn Petersilie Spinat Milch Joghurt Sojadrink, angereichert Fenchel Brokkoli Oliven Quark Mineralwasser, kalziumreich | 1.100 1.000 800 720 600 330 275 265 255 240 210 180 160 140 125 125 120 120 115 105 95 85 65 |
Auffallend hoch ist der Kalziumanteil in grünem Blattgemüse und Kräutern. Zur Deckung des täglichen Kalziumbedarfs von 1.000 bis 1.500 mg könnte man über den vermehrten Verzehr von grünen Smoothies nachdenken. Siehe: Grüne Smoothies – Fit in den Frühling und Grüne Smoothies für einen gesunden Darm.
Siehe auch: Was tun bei Hühnereiweißallergie?
Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Die genannten Produkte, Therapien oder Mittel stellen keine Empfehlung der Redaktion dar und ersetzen in keinem Fall eine Beratung oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch Fachspezialisten wie z. B. Ärzte oder Apotheker.