Blick hinter die Kulissen: So werden Katheter keimfrei gemacht
Einmalkatheter: Wer sie benutzt, setzt einfach voraus, dass sie steril sind. Aber wie bekommen Hersteller sie garantiert keimfrei? Die Prozedur erinnert an höhere Physik, gepaart mit Omas Tipps für perfektes Einwecken.

Je nach Hersteller werden Einmalkatheter in verschiedenen Varianten und Verpackungen angeboten. Hier Beispiele aus dem Angebot eines Herstellers:
• Trocken und einzeln verpackt: Diese Katheter müssen nach dem Öffnen der Verpackung mit steriler Kochsalzlösung oder Gel aktiviert werden
• Bereit zum sofortigen Gebrauch: Der Katheter liegt fertig benetzt in der Verpackung, muss aber an ein Auffangsystem angeschlossen werden.
• Das Komplettsystem, also die Komfortversion: Ein geschlossenes, dichtes Sachet mit integriertem Wasser- oder Gelkissen. Das Kissen muss in der geschlossenen Verpackung aufgedrückt werden, um den Katheter zu benetzen.
Im Satz davor steckt ein Fehler: Denn Katheter liegen in keiner Verpackung, sondern in einer „Sterilbarriere“, so nennen es Experten. Es gibt vier Methoden, um die Sterilbarriere und alles, was in ihr steckt, keimfrei zu bekommen: Die Behandlung mit
• Wasserdampf (Autoklav)
• EO-(Ethylenoxid-)Gas
• Gamma-Strahlen
• Beta-Strahlen
Nehmen wir als Beispiel einen Katheter, dem ein Beutelchen mit Kochsalz oder Gel mit in die Verpackung gelegt werden soll. Hier muss mehrmals und mit unterschiedlichen Methoden sterilisiert werden. Zunächst das Flüssigkeits-Kissen. Es kann mit Dampf sterilisiert werden – ähnlich, wie es Oma vor dem Einwecken mit ihren Gurkengläsern macht. Gas hätte keine Chance, Flüssigkeiten können weder mit Gas noch mit Strahlen sterilisiert werden. Zudem tut die Aluminium-Hülle schlichtweg das, was sie tun soll: abschirmen, was von außen kommt.
Nächster Arbeitsschritt: Flüssigkeitsbeutelchen und Katheter kommen in die Umverpackung, Entschuldigung, Sterilbarriere. Mit Hitze darf nun nicht mehr gearbeitet werden. Schließlich sollen die Materialeigenschaften des Katheters erhalten bleiben. Dort, wo konventionelle Dampfsterilisation zu heiß wäre, kommt die EO-Sterilisation zum Einsatz. Sie ist die finale Sterilisationsstufe am Ende eines langen keim- und schmutzbefreiten Herstellungsprozesses. Das EO-Gas durchdringt die Außenverpackung, tötet alle Mikroorganismen ab, die noch in dem Gebinde stecken könnten.
Nach der Begasung landen die kompletten Paletten mit den Packungen für einige Tage zum Entgasen in einem belüfteten Raum. Dort verdünnisiert sich das Gas restlos – und erst danach werden die nun garantiert keimfreien Katheter an Kliniken oder direkt an Menschen mit Querschnittlähmung verschickt.
Die Autorin ist Mitglied der Europäischen Guideline-Arbeitsgruppe für ISK (Intermittierendes Katheterisieren), siehe auch: Catheterisation Urethral Intermittent in adults.
Für weitere Informationen zum Thema Keimfreiheit, Hygiene und Katheterisieren siehe auch die Beiträge:
Zur Durchführung des intermittierenden Selbstkatheterismus
Antiseptische Lösungen zur Katheterisierung auf Rezept
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