Tesla-Chef Elon Musk will Gehirne mit Computern koppeln

Elon Musk will via Hirnimplantat eine Brücke zwischen Menschen und Künstlicher Intelligenz schaffen. Zunächst  jedoch sollen Menschen mit Querschnittlähmung von seinen technischen Innovationen profitieren.

Cyborgs sind technisch veränderte Wesen, meist Menschen, deren Körper dauerhaft durch künstliche Bauteile ergänzt wurde. Klingt nach Science-Fiction, ist aber bereits Realität: Cochlea-Implantate übertragen Töne ans Gehirn, Bein- und Handprothesen geben Feedback, Parkinson-Patienten tragen Implantate im Gehirn, um ihr Zittern zu unterdrücken, es existiert ein System, das Gehirnaktivitäten im Sprachzentrum auswertet und diese Informationen so umwandelt, dass sie per Computersprachausgabe hörbar werden.

Nun träumt auch Elon Musk – der Kopf hinter Unternehmen wie SpaceX oder Tesla – davon, einen Cyborg zu erschaffen. „Wir wollen Gehirne mit künstlichen Intelligenzen verknüpfen“, vermeldete er bei einer Präsentation, die öffentlichkeitswirksam auf YouTube gestreamt wurde und dort abzurufen ist.

Mit hochrangigen Mitarbeitern aus seinem Team schildert er, wie Neuralink – so der Name des Unternehmens – künftig in das Gehirn von Menschen eingreifen will („Wir erledigen das mit einem implantierten Chip“) und wie weit die Forschung schon gediehen ist. Fernziel soll es sein, den eigenen Verstand dank des Chips relativ unaufwendig zu erweitern, in dem man sich zum Beispiel aus einem Appstore eine neue Fremdsprache direkt ins Gehirn lädt. Damit wollen Musk und Co. den Mensch weiterhin konkurrenzfähig erhalten gegenüber Künstlicher Intelligenz (KI), beziehungsweise menschliche Gehirne dazu befähigen, das Treiben von KI zu kontrollieren.

Im Juli 2016 hatte Musk dafür mit einigen Experten Neuralink gegründet. Ein Unternehmen, über das in den Anfangsjahren nur recht wenig zu erfahren war. Nun immerhin gibt es eine Webseite, auf der zu lesen ist: „Hallo Welt. Wir freuen uns, euch zeigen zu können, woran wir in den letzten zwei Jahren gearbeitet haben.“ Angereichert ist dieser Satz mit einem Link zum Stream und zu einem üppigen Whitepaper, das im Detail den bisherigen Stand der Neuralink-Forschung widerspiegelt. Immerhin mit dem Zusatz, dass das Papier und seine Inhalte noch nicht von externen Wissenschaftlern geprüft wurde.

Die Ideen sind nicht völlig neu. Es gibt zahlreiche andere Forschungsprojekte, mit dem Ziel, Menschen die Steuerung von Maschinen oder Computern per Gedanken zu ermöglichen – meist jedoch arbeitet man hier mit Elektroden, die außerhalb des Kopfes, z. B. in einer Haube, untergebracht sind. Musk geht einen Schritt weiter, verkleinert einerseits das Equipment, sodass es ins Gehirn implantiert werden kann, und will so andererseits das Potenzial der Innovation deutlich vergrößern.

Entwickelt wurde ein Roboter, der winzigste Elektrodenfäden – so dick wie ein Viertel Menschenhaar oder wie eine einzelne Nervenzelle – im menschlichen Gehirn platzieren kann. Schön dicht an den Synapsen, dort, wo die Kommunikation zwischen den einzelnen Nervenzellen stattfindet. Die Elektrodenfäden werden in einem ebenfalls neu entwickelten Mini-Chip (der winzige Sensor misst nur 8 mm), einem sogenannten BCI (Brain Computer Interface, Brücke zwischen Gehirn und Computer), gebündelt. Und dieses BCI schließlich kommuniziert ohne Kabelverbindung mit einem Sender, den man wie ein Hörgerät hinterm Ohr tragen kann. Bis zu zehn Chips könnten in ein menschliches Gehirn implantiert werden, so hoffen es die Experten von Neuralink, und zwar so einfach, wie heute bereits Augen gelasert werden.

Die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine wäre in beide Richtungen möglich, behaupten die Neuralink-Leute: Lern-Input, aber auch schöne Bilder, könnten von außen in das Hirn geleitet werden. Andererseits könnte das Gehirn direkt aktiv Maschinen, eine KI oder eben Nerven und Muskel dirigieren, die z. B. aufgrund einer Querschnittlähmung nicht (mehr) auf natürlichem Weg via Wirbelsäule anzusteuern sind.

Auf diese Option konzentrieren sich die Wissenschaftler von Neuralink im ersten Schritt: Die Mensch-Maschine-Schnittstelle soll zunächst Tetraplegikern helfen, allein durch ihre Gedanken ihr Smartphone oder den Computer zu bedienen. Bereits 2020 soll es dazu, so die vollmundige Ankündigung, eine erste klinische Studie mit Tetraplegikern geben, wobei Musk selbst einräumte, dass es evtl. einige Zeit beanspruchen könnte, die diesbezügliche Freigabe der Behörden zu bekommen.

Andere Experten sehen Musks Pläne eher verhalten: Ulrich Dirnagl, Direktor der Abteilung Experimentelle Neurologie der Charité Berlin, z. B. wertschätzt laut heise.de durchaus die Zusammenarbeit von Experten unterschiedlichster Disziplinen wie Ingenieure, Programmierer und Robotik-Experten. Seiner Einschätzung nach könne aber auch Neuralink derzeit die Brain-Machine-Interface-Technik nur ein Stückchen voranbringen. Systeme zur Steuerung einfachster Funktionen durch Gehirnaktivität könnten „nach intensivem Training“ eventuell leicht verbessert werden, was „einzelnen Patienten“ beispielweise nach Querschnittlähmung helfen könnte.

Ob Musks Pläne also Science-Fiction bleiben oder vielleicht doch Menschen mit Querschnittlähmung ein Stück mehr selbstbestimmtes Handeln ermöglichen können bleibt derzeit noch offen.

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