Mit Druckmesssystemen gegen den Dekubitus

Ein Dekubitus ist für Menschen mit Querschnittlähmung eine sehr reelle Gefahr. Eine gute Hilfsmittelversorgung mit Rollstuhl, Rollstuhlkissen und evtl. Sitzschalen kann davor schützen. Systeme zur Druckmessung helfen dabei.

Wenn aufgrund einer Querschnittlähmung eine Sensibilitätsstörung (der Oberbegriff Sensibilität umfasst hier die Oberflächen– und Tiefensensibilität) vorliegt, können Betroffene nicht wahrnehmen, wann eine Entlastung bei Sitzen oder Liegen notwendig ist. Die Entlastung muss aktiv in kurzen Zeitabständen willkürlich vorgenommen werden, andernfalls kommt es durch den entstehenden Druck auf das Gewebe zu einer Minderdurchblutung, was zu Sauerstoff- und/oder Nährstoffmangels im Gewebe führt. Dadurch werden die Blutgefäße an den betroffenen Stellen beschädigt und durchlässig. Wenn es zu einer Rötung der Haut kommt, die sich nicht mehr wegdrücken lässt, liegt bereits ein Dekubitus (Grad I) vor (siehe: Entstehung von Druckstellen (Dekubitus)).

Optimale Rollstuhlanpassung von größter Wichtigkeit

Neben der Sensibilitätsstörung (und mangelnder Disziplin bei der Entlastung) sind es schlecht angepasste Rollstühle und ungeeignete Rollstuhlkissen, die die Gefahr Druckstellen zu entwickeln, erhöhen.

Eine Rollstuhlanpassung sollte daher stets von einer Fachperson (Physiotherapeuten/Ergotherapeuten) vorgenommen werden, die Aspekte wie Sitzbreite, Sitztiefe, Rückenhöhe und Abstand zwischen Sitz und Fußbett sowie Sitzhöhe und Sitzneigung berücksichtigt und individuell auf den Rollstuhlnutzer abstimmt (siehe auch: Aspekte der Rollstuhlanpassung). Auch Sitzschalen und Sitzkissen (siehe: Haltung bewahren mit Sitzschalen und Sitzkissen für Rollstühle) sollten nur von Fachpersonen ausgewählt und angepasst werden.

In manchen Querschnittszentren und bei einigen Rehafachhändlern/Sanitätshäuser stehen eigens für die Rollstuhlanpassung entwickelte Druckmesssysteme zur Verfügung, die die Druckverteilung ermitteln und die Arbeit der Therapeuten unterstützten.

Druckmesssysteme für Rollstuhlfahrer

So funktionieren Druckmessysteme: Eine mit Drucksensoren ausgestattete, dünne, flexible Matte wird in den Rollstuhl auf das Kissen gelegt und Sitzfläche und ggf. Rückenlehne angepasst. Der Nutzer nimmt Platz und die Messdaten werden an ein Tablet, ein Smartphone oder einen Computer gesendet wo ein genaues Bild von der Druckverteilung auf der Sitzfläche dargestellt wird. Verschiedene Darstellungsformen sind möglich, z. B. die im Bild oben gezeigte Isobaren-Darstellung, die Druckverhältnisse mit Farbflächen anzeigt. Wenn Felder blau oder grün sind, sind die Druckverhältnisse in Ordnung. Wenn ein Feld aber rot angezeigt wird, bedeutet dies, dass dort ein besonders hoher Auflagedruck besteht – und damit die Gefahr Druckstellen zu entwickeln.

Um Druckstellen nun vorzubeugen, kann eine (neue) Rollstuhlanpassung vorgenommen oder ein entsprechendes Sitzkissen ausgewählt werden.

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Systeme zur Druckmessung gibt es von mehreren Herstellern (z. B. BodiTrak und XSensor) und sie stehen teilweise in verschiedenen Ausführungen zur Verfügung. Während Privatpersonen häufig die kostengünstige Variante wählen, bei der nur die Isobaren-Darstellung zu Verfügung steht. Die Profi- bzw. Vollversion bietet detaillierte Rückmeldung und auch die Dokumentation der Ergebnisse und damit die Auswertungsmöglichkeiten sind bei der Vollversion, die von Kliniken und Dienstleistern genutzt wird, umfassender.

Rollstuhlfahrer, die mit Druckstellen zu kämpfen haben und eine Messung vornehmen lassen wollen, sollten bei einem Querschnittszentrum oder einem Sanitätshaus in ihrer Nähe nachfragen, ob ein Druckmesssystem zu Verfügung steht. Im Zweifel kann man sich auch an die Hersteller wenden.

Zukunftsmusik

Guido Serwane, Vertriebsleiter & Sales / Education BodiTrak Europe der T-RV GmbH Rheinstetten, hat klare Vorstellungen davon, wohin das System sich entwickeln soll, um die Dekubitusgefahr noch effektiver verringern zu können: “Wir wünschen uns auch für Deutschland ein System, das an den Messdaten erkennt, wo eine Dekubitus entstehen könnte und automatisch reagiert: Indem es Druck aufbaut oder verringert oder zu einer Umlagerung auffordert.“

Auch andere machen sich zu diesem Thema Gedanken. Ein Prototyp wurde 2018 in den USA vorgestellt: Prototyp: Rollstuhlkissen für aktive Druckentlastung

Weitere Informationen

Für weitere innovative Ideen beim Kampf gegen Druckstellen siehe: Mobility Monitor – Anti-Dekubitus System für Bettlägerige, SensiMat System – Die Anti-Dekubitus App für Rollstuhlfahrer und Gaspard: Drucksensoren und App gegen Dekubitus


Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Die genannten Produkte stellen keine Empfehlung der Redaktion dar und wurden, falls nicht anders vermerkt, nicht von der Redaktion getestet. Der Beitrag ersetzt in keinem Fall eine Beratung oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch Fachpersonen.