Checkliste: Entlassmanagement bei Querschnittlähmung
Nach einem oft monatelangen Aufenthalt in der Klinik steht der Tag der Entlassung an! Fachkrankenpfleger Andreas Wendl von der BG-Klinik Tübingen hat einige Punkte zusammengestellt, an die Betroffene, ihr Umfeld und das Klinikteam vor diesem Wendepunkt denken sollten.

Der Wechsel aus dem relativ geschützten Raum Klinik hinein in ein möglichst selbstbestimmtes Leben will gut vorbereitet sein. Wendl arbeitet seit Jahrzehnten für und mit querschnittgelähmten Menschen, derzeit ist er einer der pflegerischen Leitungen des Querschnittzentrums an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BG-Klinikum) Tübingen. Als erfahrener Praktiker weiß er, dass jeder Mensch mit neuerworbener Querschnittlähmung eine andere Vorbereitung für den Wechsel in den Alltag braucht – dass es aber auch einige Punkte gibt, die für sehr viele frisch Gelähmte relevant sind.
Hilfsmittel
Hier ist laut Wendl eine längerfristige Vorbereitung nötig, denn „sinnvollerweise sollten Patienten die verordneten Hilfsmittel schon im stationären Aufenthalt testen.“ Die unten aufgeführte Liste nennt mögliche Ansprechpartner, mit denen der eigene Hilfsmittelbedarf besprochen werden kann. Die Verantwortlichkeit kann in den verschiedenen Zentren jedoch abweichen. Einfach aktiv werden und nachfragen! Letztendlich rezeptiert werden die Hilfsmittel vom behandelnden Arzt.
Physiotherapie
- Aktivrollstuhl
- Sitzkissen
- Handbike
- Tens -Geräte (Therapie von Spastik und/oder Schmerz)
- Biofeedback- und Elektrostimulationsgeräte (Beckenbodentraining)
- Atemtherapie-Geräte
- Abhusthilfe (Cuff assist)
- Orthesen
Ergotherapie
- Elektrorollstuhl
- Pflegerollstuhl
- Handgelenksmanschetten oder -schienen
- Elektrische Zughilfe
- Treppenüberwindungsgeräte
- Dusch-/Toilettenstuhl
- Toilettenpolsterungen
- Geräte zur Umfeldkontrolle
- Pflegebett sowie elektrischer Einlegerahmen
- Patientenlifter
- Badelifter
- Duschsitz
- Haltegriffe
Pflege
- Spezialmatratze
- Sauerstoffversorgung
- Beatmungsgeräte
- Geräte bei Schlafapnoe
- Sekret-Absauggeräte
- Positionierungshilfen
- Enterale Ernährung
- Trachealkanülen
Atmungstherapeut
- Verfügt ein Zentrum über einen Atmungstherapeuten, kümmert dieser sich um alle Hilfsmittel zum Thema Atmung.

Damit die Hilfsmittelversorgung optimal gestaltet werden kann, stehen die einzelnen Akteure des Klinik-Teams in ständigem Austausch: Bei der Matratzengröße muss die Pflege wissen, welche Maße das Pflegebett hat, das Sitzkissen muss von der Pflege auf druckentlastende Wirkung beurteilt werden, Beatmungsgerät, Sauerstoffversorgung und Absaugung muss an den jeweiligen Rollstuhl angebracht werden können, die (elektrische) Zughilfe muss an den Aktiv-Rollstuhl adaptiert werden können…
Je nach Krankenkasse haben die Patienten freie Wahl bei der Auswahl ihres Versorgers oder die Kasse gibt den Versorger vor. Natürlich ist bei Hilfsmitteln, die angepasst werden müssen, die Versorgung über einen Kooperationspartner in der Klinik sinnvoll. Inzwischen gibt es auch Firmen, die eine „Komplett-Versorgung“ bei komplexen Pflegesituationen anbieten (Beatmung, Sauerstoffgeräte, Absaugung, Rollstuhl, Bett, Lifter, enterale Ernährung)
Verbrauchsgüter
Steht die Entlassung an, erheben Pflege und Patient den Bedarf an Verbrauchsgütern (Katheter-Systeme, Urinale, Beinbeutel, Hilfsmittel für die Stomaversorgung, Handschuhe etc.).
Schon in der Klinik wird optimalerweise der Kontakt mit dem Homecare-Unternehmen hergestellt, das den querschnittgelähmten Menschen zuhause versorgen soll. Die ausgewählten Produkte werden verordnet und das Homecare-Unternehmen liefert sie zur Entlassung nach Hause. Die Firmen kümmern sich dann auch um die weiteren Verordnungen und beliefen ihre Kunden zuhause.
Auch hier kann der Patient häufig den Versorger selbst auswählen, manche Kassen- und die BG-Patienten müssen mit vorgegebenen Versorgern auskommen.
Überleitung
Die Patienten erhalten zur Entlassung einen Arztbrief, einen Pflegebericht sowie einen Bericht der Physio- und Ergotherapie. Damit die Weiterbehandlung nahtlos sichergestellt ist, stellt die Klinik eine Verordnung für Physiotherapie sowie gegebenenfalls für Ergotherapie und/oder Logotherapie aus und gibt sie dem Patienten mit.
Bei Pflegebedarf wird auch dafür eine Verordnung ausgestellt. Die Pflegedienste haben die Möglichkeit, den Patienten in der Klinik zu besuchen und sich einarbeiten zu lassen. Dies wird aber aktuell fast nur von beatmeten Patienten in Anspruch genommen.
Die aktuelle Medikation wird von der Klinik verordnet, die weitere Verordnung der Medikamente erfolgt über den Hausarzt. Auch Medikamente zur Förderung der Darmmobilität (z.B. Macrogole / Lactulose) sowie Suppositorien, Mikroklistiere etc. sind aufgrund der neurogenen Darmfunktionsstörung verordnungsfähig, sodass der Patient nur den Eigenanteil übernehmen muss.
In Kontakt bleiben
Schon bei der Entlassung vereinbart der Patient optimalerweise einen Kontrolltermin in der Querschnitt-Ambulanz.
Zudem meldet sich das Klinikteam meist innerhalb der ersten Tage zuhause bei seinem Ex-Patienten, um zu klären, ob das Entlassmanagement wie erhofft funktioniert und er in seinem neuen/alten Umfeld gut zurechtkommt. Bei Menschen mit Querschnittlähmung, die von der Klinik in eine Rehabilitation wechseln, wird dieser Kontrollanruf vertagt. Hier ist dann Eigenverantwortlichkeit gefragt: Die ehemaligen Patienten sollten sich in diesem Falle nach ihrer Reha bei der Klinik melden, in der sie zur Erstbehandlung waren.