Geocaching – Schnitzeljagd mit Handicap
Was früher Landkarte und Kompass waren, sind heute das Smartphone oder GPS-Gerät und ein Code – mit ihrer Hilfe begeben sich Geocacher auf Schatzsuche. Was sie mitten in der Stadt oder auf weiter Flur entdecken, ist vor allem das Glück des Suchens und Findens, denn der Schatz hat in der Regel rein ideellen Wert. Auch für Rollstuhlfahrer gibt es Routen, die in ihrer Barrierefreiheit allerdings nicht immer eindeutig sind.

H15241 – bei diesen Angaben wissen versierte Geocacher sofort Bescheid. Ausgerüstet mit einem Smartphone oder einem GPS-Gerät ziehen sie los, das Kleinod zu finden – z. B. eine wasserdichte Dose, die ein Logbuch und einen (Tausch-)Gegenstand beinhaltet. Der Weg ist das Ziel, je nach Vorliebe durch bebaute Zivilisation oder hinein in die Natur. Wer fündig wird, freut sich und lässt entweder etwas Neues für den nächsten Finder zurück oder belässt den Gegenstand an seinem Platz und trägt sich in das Logbuch ein.
Die Quersumme der Hausnummer
Nicht wenige Geocacher dokumentieren ihren Triumph samt Beweisfotos im Internet und kommentieren sowohl die Route als auch den Fundort hinsichtlich Beschaffenheit, Schwierigkeitsgrad und Genauigkeit der Angaben, die zuvor im Netz zu finden waren („Das Logbuch war nass! – Unbedingt andere Dose verwenden!“). So tragen sie dazu bei, den „Cache“ und die Angaben im Internet zu verbessern und Schwachstellen auszubügeln. Ein großer Spaß ergibt sich aus der Verschlüsselung gesuchter Koordinaten: Das kann die Quersumme einer diversen Jahreszahl, Geburtsdaten oder ein Bilderrätsel sein, das in Zahlen zu übersetzen ist. Den Denkaufgaben für Sachensucher sind keine Grenzen gesetzt – einzig die Lösung muss als Zahl wieder eine neue Koordinate liefern.
Inzwischen gibt es weltweit große Communities, die ihren eigenen Slang gebrauchen und immer neue, schwierigere und ausgefallenere Rätsel und Routen entwerfen – bis hin zu Fundorten, die nur mit Taucher- oder Kletterausrüstung erobert werden können. In Form von Symbolen oder Kennzeichnungen zu Gelände und Schwierigkeitsgrad wie T (Terrain) oder D (Difficulty) in Stufen von 1 bis 5 stellen Geocacher ihre Routen auf verschiedenen Plattformen dar und liefern damit die Vorinformationen, die ein Sucher braucht, um die Strecke einschätzen zu können. Vom beinahe offensichtlichen Versteck bis hin zu Spezialkenntnissen, die nötig sind, um den Ort zu finden, von 5 Minuten bis zu mehreren Tagen Suchzeit – jeder kann den für ihn passenden Geocache finden, ob mit Kindern, als erfahrener Kletterer oder als Rollstuhlfahrer.
Handicaching
Auch immer mehr Rollstuhlfahrer entdecken ihre Leidenschaft für rollstuhlgerechte Geocaches oder berichten von geeigneten Routen oder solchen, die es wider Erwarten ganz und gar nicht waren. Denn rollstuhltaugliches Caching setzt voraus, dass sich jemand beim Entwerfen einer Strecke und eines Verstecks in die Lage von Rollifahrern hineinversetzt hat: Das Gelände muss mit dem Rollstuhl befahrbar, nicht zu uneben und an allen Stellen breit genug sein, um überhaupt in die Nähe des Schatzes zu gelangen. Ist man schließlich dort, ebbt die Euphorie schnell ab, wenn die begehrte Dose in einem Astloch in Gipfelhöhe oder unter einem Gullideckel klemmt. Immer wieder berichten Rollstuhlfahrer von gut ausgewähltem Terrain, aber das Versteck selbst sei nicht erreichbar gewesen. Der Greifraum von Rollstuhlfahrern liegt bei rund 40 cm bis 1,40 m über dem Boden, manchmal fällt auch das Beugen zur Seite oder nach vorne schwer. Zudem sollte sich die Tarnung nicht selbst als Hindernis erweisen, wie etwa ein gewichtiger Stein, der erst anzuheben ist. Das macht es natürlich knifflig, eine Box so gut zu verstecken, dass sie nicht jeder sofort entdeckt. Statt origineller Ideen finden sich im Netz aber auch Kommentare wie „Wo ist das Problem, wenn ein Rollstuhlfahrer auf den letzten 2 Metern Hilfe braucht?“, – auch von Rollifahrern selbst. Das liegt wohl daran, dass Geocaching tatsächlich oft in Gemeinschaft betrieben wird. Dennoch – zum Teil können Caches mit wenigen Anpassungen barrierefrei gemacht werden.
Erfahrungswerte
Wer im Rollstuhl unterwegs ist, sollte darauf achten, was im Zusammenhang mit Geocaching in den jeweiligen Foren unter „barrierefrei“ verstanden wird und sicherheitshalber auch Kommentare dazu lesen, sofern vorhanden. So gilt die Kennzeichnung T1 gemeinhin als „rollstuhltauglich“, Erfahrungsberichte bestätigen das aber nicht immer.
Unter dem Nutzernamen „Rodorm“ schreibt ein Geocacher auf der Seite www.geocaching.com über Caches, die er als Rollstuhlfahrer problemlos habe heben können, und kommentiert Koordinaten mit Anmerkungen wie: „Nicht als rolligerecht ausgewiesen, war für mich aber erreichbar“ oder „Aus dem Rollstuhl etwas schwierig greifbar, aber ansonsten sehr gut machbar“. Andere Ziele werden von ihm beherzt gestrichen. Eine weitere Liste von Routen, die vom Rollstuhl aus praktikabel sein sollen, liefert die Plattform cachewiki.de. In englischer Sprache befasst sich die Online-Seite www.handicaching.com mit barrierefreiem Geocaching.
Schweizer Fuchsjagd
In der Schweiz organisiert die Swisscovery GmbH sogenannte „Foxtrails“, die für Gruppen gebucht werden können. Im Unterschied zum Geocaching funktionieren sie auch ohne GPS. Stattdessen gibt es vorbereitete Hinweise, um auf die eher klassische Art zum Ziel zu gelangen. In Luzern ist einer der Foxtrails rollstuhltauglich: „Zeus barrierefrei“ verspricht viel Spaß auf einer Tour ins Würzenbach, wo nach einigen kniffligen Aufgaben eine schöne Fahrt mit einem Verkehrsmittel warte, „das viel zu wenig genutzt werde“, so die Veranstalter in Rätseln. Zurück in der Innenstadt führt der Trail weiter entlang sehenswerter Fassaden und historischer Bauten. (Für mehr Infos siehe externer Link www.foxtrail.ch).