Boosting: Wie manche Para-Sportler ihre Querschnittlähmung zum „Doping“ einsetzen

Beim Boosting nutzen querschnittgelähmte Sportler mit einer Lähmungshöhe von Th 6/7 oder darüber das Phänomen der Autonomen Dysreflexie, um ihre Leistung zu verbessern. Diese Methode ist weder zulässig noch ungefährlich.

Symbolbild

Eine Autonome Dysreflexie kann bei Menschen mit Querschnittlähmung mit einer Lähmungshöhe von Th 6/7 und darüber auftreten. Es handelt sich dabei um einen unaufhörlich steigenden Blutdruck, ausgelöst durch einen Reiz unterhalb der Lähmungshöhe (siehe: Was geschieht bei einer Autonomen Dysreflexie?).

Dies ist an sich ein unerwünschtes Phänomen, nicht zuletzt wegen der erheblichen Konsequenzen, die eine Autonome Dysreflexie für den Betroffenen haben kann. Übliche Anzeichen sind z. B. Schweißausbrüche, Spastik und Kopfschmerzen. Unbehandelt kann die Autonome Dysreflexie zu Herz-, Hirninfarkten und Hirnblutungen führen und kann schlimmstenfalls eine lebensbedrohende Situation darstellen.

Boosting bzw. Biodoping

Beim Boosting (auch: Biodoping) wird die Autonome Dysreflexie von Athleten mit Querschnittlähmung oberhalb Th 6/7 wissentlich herbeigeführt, indem die Blase absichtlich nicht geleert oder sich eine Verletzung unterhalb der Lähmungshöhe zufügen und/oder unbehandelt lassen. Festgestellt wurden dabei z. B. gebrochene Zehen, eingeklemmte Hoden oder spitze Schrauben in Sitzfläche oder Rückenlehne des Rollstuhls.

Ziel ist es eine Leistungssteigerung zu erwirken, denn der von der Autonomen Dysreflexie ausgelöste Bluthochdruck und das gesteigerte Herzminutenvolumen, können die Leistungsfähigkeit beim Sport deutlich verbessern.

Arzt und Sportwissenschaftler Dr. Christoph Raschka erklärt auf medical-tribune.de: „Dieses […] Prozedere bewirkt einen amphetaminartigen Effekt.“ Auf einer Fahrstrecke von 7,5 Kilometern seien Rollstuhlfahrer dadurch knapp 10 Prozent schneller.

Eine anonyme Umfrage bei den Paralympics 2008 in Peking ergab, dass 17 Prozent der infrage kommenden Athleten diese unzulässige Methode nutzten.

Vorgang der Autonomen Dysreflexie

Boosting wird wie Doping bewertet

Boosting ist 1994 vom Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) verboten worden. Jeder festgestellte Zuwiderhandlung führt zur Disqualifikation von der Sportveranstaltung und zu einer anschließenden Untersuchung durch die IPC-Rechts- und Ethikkommission.

In der Praxis ist ein absichtliches Boosting und damit ein Verstoß  gegen die Anti-Doping-Regeln, allerdings nur schwer nachzuweisen, da eine Autonome Dysreflexie ja auch unbeabsichtigt entstehen kann. Zum (Selbst-) Schutz der Athleten werden ihre Blutdruckwerte vor Wettkämpfen routinemäßig kontrolliert. Sportler werden vom Wettkampf ausgeschlossen, wenn zwei aufeinanderfolgende Blutdruckbestimmungen innerhalb von ca. zehn Minuten jeweils Werte größer als 180 mm Hg ergeben.

Doping im Parasport

Ganz abgesehen vom Boosting, sind es in erster Linie ohnehin anabole Wirkstoffe, Stimulanzien, und maskierende Substanzen wie Diuretika, die im Parasport missbräuchlich verwendet werden, um einen Vorteil gegenüber den Wettbewerbern zu erlangen. Auch hier werden gesundheitliche Risiken, die akut lebensbedrohlich sein können, von einigen wenigen Athleten in Kauf genommen.

Das IPC und der Deutsche Behindertensportverband in Zusammenarbeit mit der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) haben sich einen effizienten Anti-Doping-Kampf zur Aufgabe gemacht (DSHS-Köln, 2010).


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