Forschungsprojekte, Innovationen und soziales Engagement für querschnittgelähmte Menschen: Die Preisträger der Deutschen Stiftung Querschnittlähmung

Die Deutsche Stiftung Querschnittslähmung (DSQ) fördert die wissenschaftliche Forschung über Querschnittlähmung sowie die Behandlung und Rehabilitation querschnittgelähmter Menschen, denn sie sieht in der Forschung „den einzigen Weg, die Querschnittlähmung zu überwinden“. Konkret zeichnet die DSQ Wissenschaftler und Mediziner für erfolgsversprechende Projekte aus. Der zwischen 5.000 und 25.000 Euro dotierte Preis ist einer der am höchsten medizinischen Forschungspreise in Deutschland. Zudem werden Förderpreise für soziales Engagement vergeben.

Die DQS fördert die wissenschaftliche Forschung über Querschnittlähmung, auch durch die Vergabe von Flrschungsförderpreisen.

Mit Fördersummen zwischen 5.000 und 25.000 Euro gilt der Preis als einer der am höchsten dotierten medizinischen Forschungspreise in Deutschland. Zudem werden Förderpreise für soziales Engagement vergeben. 1990 auf Initiative der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.v. (FGQ) gegründet, kann die DSQ inzwischen auf eine lange Liste von Trägern des Forschungs-Förderpreises, eines Innovationspreises und des Preises für besonders soziales Engagement blicken.

Die Preisträger für den Forschungsförderpreis 2023 (Ursula Hofstötter und Karen Minassian vom Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der MedUni Wien) und des Preises für soziales Engagement (Malteser Hilfsdienst e.V. sowie Felix Schulte, Geschäftsführer der FGQ, stellvertretend für die vielen Helfer während der Ukraine-Krise) werden in einem eigenen Beitrag nähervorgestellt: DSQ-Forschungspreis 2023 für Ursula Hofstötter und Karen Minassian – Der-Querschnitt.de

Forschungsförderpreis 2019: Privatdozent Dr. Dr. Björn Zörner, Leitender Arzt Ambulatorium Paraplegie, Universitätsklinik Balgrist in Zürich, „Gangverhalten und Gangstörungen bei querschnittgelähmten Patienten“

Das Projekt: Die Studie analysiert das Gangverhalten und Gangstörungen bei querschnittgelähmten Patienten mit einer Restfunktion an Bewegung (inkomplette Querschnittlähmung). Diese Untersuchungen sollen helfen, den Behandlungsverlauf zu verbessern und das mögliche zukünftige Erholungspotential abzuschätzen. Da bislang nur qualifizierte Beobachtungen durch die jeweiligen behandelnden Personen im medizinischen und therapeutischen Bereich zur Verfügung stehen, ist diese Forschungsarbeit für die weitere Verbesserung der Mobilität von Patienten mit neurologischen Erkrankungen des Rückenmarks besonders wichtig. Das Forschungsprojekt dient vor allem dazu, die Ergebnisse von therapeutischen Behandlungsmaßnahmen nach Eintritt einer Rückenmarkverletzung bzw. Erkrankung besser beurteilen zu können. 

Forschungsförderpreis 2017: Privatdozent Dr. med. Michael Akbar, Leiter der Sektion Wirbelsäulenchirurgie der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg, „Schulterbelastung von Rollstuhlfahrern und deren Langzeitfolgen“

Das Projekt: Dr. Akbar konnte durch bildgebende Verfahren zeigen, dass die muskuloskelettalen Strukturen der Schultern von Menschen mit Querschnittlähmung im Vergleich zu gleichaltrigen Fußgängern einem wesentlich höheren Verschleiß unterliegen und Betroffene sehr häufig Schmerzen entwickeln. Die Studie zeigt die Bedeutung von physiotherapeutischen Maßnahmen zur Kräftigung der Schultermuskulatur und anderer prophylaktischer Interventionen sind.

Preis für soziales Engagement 2017: Holger Kranz und Team

Kranz organisiert seit vielen Jahren Präventionsveranstaltungen („No risk, no fun“) an Schulen, bei denen er die Gruppe der 14- bis 16-Jährigen für die Risiken von unfallbedingten Rückenmarkverletzungen sensibilisiert und über die Probleme von Querschnittgelähmten informiert (siehe auch externer Link Präventionskampagne).

DSQ Innovationspreis 2014: Kinova (Montreal), Entwicklung des Jaco-Roboterarms

Das Projekt: Mit dem Preis wurde die Entwicklung eines Roboterarms gewürdigt, der die Lebenssituation der Anwender zum Positiven verändern kann. Das Hilfsmittel helfe „mit großer Präzision, Bewegungen im Alltag zu bewältigen. Insbesondere bei Aktivitäten, die dem Benutzer ein unabhängiges Leben ermöglichen, wie zum Beispiel Essen, Trinken, die Bewegung von Objekten, das Ergreifen von Gegenständen, die tägliche Körperpflege, aber auch die Kommunikation“, so Laudator Dr. Rüdiger Rupp (Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg).

Preis für besonderes soziales Engagement 2014: Aletsch-Arena Bettmeralp (Schweiz)

Erstmals erhält ein Unternehmen den Preis für besonderes soziales Engagement: Die Schweizer Aletsch-Arena Bettmeralp, vertreten durch Heinz Imhasly, Geschäftsführer der Luftseilbahn Fiesch-Eggishorn AG. Das UNESCO-Welterbe Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch wird auf einer Länge von 23 km vom längsten Eisstrom der Alpen umrandet. Vom Bettmerhorn und Eggishorn bietet sich ein einzigartiger Blick auf diese weltbekannten Walliser Alpen mit den 40 Viertausender Gipfeln, u.a. mit Eiger, Mönch, Jungfrau, Wannenhorn und Finsteraarhorn. Die Aletsch Arena AG hat dieses faszinierende Panorama für Menschen im Rollstuhl erreichbar gemacht. Von den Zufahrten, über die Restaurant-Nutzungen, die Lifte bis zu den Besichtigungswegen auf über 2.700 m Höhe wurden alle Vorkehrungen getroffen, um Rollstuhlfahrern dieses einzigartige Erlebnis zu ermöglichen.

DSQ Innovationspreis 2012: Ulrich Alber GmbH (Albstadt-Tailfingen), Entwicklung Elektroantrieb e-Motion

Das Projekt: Eine besondere Elektronik in einem multifunktionalen Zusatzantrieb verhilft Rollstuhlfahrern zu erhöhter Mobilität und unterstützt auch bei der Überwindung von Hindernissen. Für diese Innovation zeichnete die DSQ die Ulrich Alber GmbH aus. Der Antrieb verbessere erheblich die Mobilität von behinderten Personen und sie zusätzlich mit einem therapeutischen Nutzen verbunden. Die in den Radnaben integrierten Elektromotoren unterstützen wirkungsvoll die Anschubbewegung des Rollstuhlfahrers. Jeder Impuls am Greifreifen wird von einer intelligenten Sensorik des e-motion registriert und in eine passende Kraftunterstützung übersetzt. Bergab wird der Bremsimpuls verstärkt und macht ein sicheres Befahren von Gefällstrecken möglich.

Samuel Koch überreichte anlässlich der Jahrestagung der DSQ in Bayreuth den Preis an Ralf Ledda, Geschäftsführer der Ulrich Alber GmbH. Im Rahmen der Jahrestagung der DSQ wurden zusätzlich auch drei Preise für außergewöhnliches soziales Engagement im Bereich der Querschnittlähmung vergeben.

Preise für besonderes soziales Engagement 2012: Johannes Schoenen, Deutscher Rollstuhl-Sportverband DRS, Miniatur Wunderland Hamburg

Johannes Schoenen wurde für eine private Spendenaktion geehrt, die in nur drei Monaten mehr als 100.000 EURO erzielte. In Eigeninitiative unterstützte Johannes Schoenen eine Krankenschwester, die krankheitsbedingt querschnittgelähmt wurde und durch die finanzielle Hilfe ein großes Stück Lebensqualität zurückgewinnen konnte.

Stellvertretend für viele Sportler des DRS erhielt der Basketballspieler Günther Mayer die Auszeichnung, verbunden mit einem Gutschein über 250 EURO. Er und viele seiner Sportfreunde haben aktiv die Präventionskampagne „No Risk – No Fun?“ der DSQ unterstützt (siehe auch externer Link Präventionskampagne).

Ein mehrmals im Jahr stattfindende exklusive Besuchszeit nur für Menschen im Rollstuhl war Anlass, das Miniatur Wunderland Hamburg, vertreten durch Frederik Braun, auszuzeichnen. An diesen Abenden können ausschließlich Rollstuhlfahrer in Ruhe und ohne Drängen die große Ausstellung besuchen und in der ersten Reihe die vielen Anlagendetails bewundern. Die Wunderland-Betreiber Frederik und Gerrit Braun sammelten darüber hinaus mit dem Verkauf besonderer Pins Geld für soziale Zwecke und konnten damit in den letzten Jahren mehr als 300.000 EURO an verschiedene Institutionen spenden. Die Auszeichnung der DSQ war mit einem Preisgeld von 1.000 EURO dotiert.

DQS Forschungsförderpreis 2009: Prof. Dr. Dietmar Fischer, Universitätsklinikum Ulm, „Neue Strategien zur Stimulation des axonalen Regenerationsprogramms im zentralen Nervensystem“

Das Projekt: Am Beispiel des Sehnerves erforscht Prof. Fischer und sein Team, wie bestimmte Nervenzellen in einen regenerativen Zustand überführt und damit zu einem Wachstum motiviert werden können. Ähnlich wie im Rückenmark sind auch die Axone in Sehnerven nach Verletzungen nicht mehr selbständig regenerationsfähig, was bei ausgeprägten Schädigungen zwangsläufig zu einer irreversiblen Erblindung führt. Da die Ursachen für diese Nicht-Regenerierbarkeit von Nervenzellen im Rückenmark und Sehnerven sehr ähnlich sind, eignen sich der Sehnerv und die in der Netzhaut befindlichen Nervenzellen hervorragend für die Untersuchung der Mechanismen, die diesem Sachverhalt zugrunde liegen. Aufgrund seines einfacheren anatomischen Aufbaus und guten chirurgischen Zugänglichkeit bietet sich der Sehnerv im ganz besonderen Maße für die Entwicklung neuer therapeutischer Strategien zur Stimulation der axonalen Regeneration im zentralen Nervensystem an. Am Sehnerv konnte Prof. Fischer erstmals zeigen, dass retinale Nervenzellen (Retinale Ganglienzellen) durch die Auslösung spezifischer entzündlicher Prozesse, wie sie zum Beispiel durch die Verletzung der Augenlinse ausgelöst werden, in einen regenerativen Zustand überführt werden können. Für diese Forschung erhielt er den mit 15.000 Euro dotierten Forschungsförderpreis.

Preis für besonderes soziales Engagement 2009: Cora Eilhardt und Britta Billmann

Erstmals wird der Preis für besonderes soziales Engagement verliehen. Geehrt wurden die Hockey-Bundesliga-Spielerinnen Cora Eilhardt und Britta Billmann für ihr herausragendes Engagement für ihre Sportkameradin Michaela Schlett, die seit einem Autounfall querschnittgelähmt ist.

DSQ Innovationspreis 2008: Dr. Ing. Rüdiger Rupp (Stiftung Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg), „Erweiterung von Mensch-Maschine Schnittstellen um eine telemetrische, analoge Beißkraft- und Zungensteuerung für die Pedalbetätigung eines Konzertflügels“

Das Projekt: Dr. Rupp entwickelte mit seinem Team ein Modul, das einem querschnittgelähmten Pianisten ermöglicht, die Fuß-Pedalsteuerung eines Flügels zu ersetzen. Weitere Besonderheit der Erfindung: mit Hilfe einer Beißschiene mit druckempfindlichen Sensoren kommt eine Miniatur-Funkübertragungsstrecke zum Einsatz, die sich durch einen geringen Stromverbrauch und eine Anwendung ohne sichtbare Kabel auszeichnet (siehe auch Beitrag Fußheberschiene für querschnittgelähmten Pianisten). Die DSQ zeigte sich zudem angetan von einer möglichen Anwendbarkeit für andere Lebensbereiche. Für die Entwicklung erhielt Dr. Rupp den mit 15.000 Euro dotierten Innovationspreis.

DSQ Forschungsförderpreis 2005: Dr. Armin Buss (Neurologische Klinik der RWTH, Aachen), „Molekulare Reaktionen axotomierter Neuronen nach traumatischen Verletzungen des humanen Rückenmarks“

Das Projekt: Beitierexperimentellen Studien über die Mechanismen der Regeneration der Nervenbahnen im zentralen Nervensystem konnten regenerationsfördernde Therapieansätze im Tiermodell entwickelt werden. Im Gegensatz hierzu bestehe, so die DSQ, ein gravierender Mangel an Informationen über entsprechende zelluläre und molekulare Vorgänge im humanen Gewebe. Es stelle sich die Frage, ob die im Tiermodell gewonnenen Erkenntnisse auch auf das menschliche Rückenmark übertragen werden können. Dr. Armin Buss, Assistenzarzt an der Neurologischen Klinik der RWTH Aachen, untersuchte in seinem Forschungsprojekt mit Hilfe molekularbiologischer Techniken Rückenmarksgewebe von verstorbenen Patienten, die molekularen Programme der durchtrennten ZNS-Nervenzellen sollen auf ihr regeneratives Potential untersucht werden. Neben der Erforschung der lokalen Prozesse an der Verletzungsstelle kann eine Aufschlüsselung dieser molekularen Programme wichtige Informationen über die Verbesserung der Regeneration im zentralen Nervensystem geben.

DSQ Forschungsförderpreis 2003: Prof. Dr. Ulrike Blömer (Neurochirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Kiel), „Gentransfer am spinalen Hemisektions-Modell der Ratte“

Das Projekt: Grundlagenforschung zur Regeneration von Nervenzellen durch die Entwicklung neuer Gentransfermethoden. Wie ein Shuttle bringen hierbei so genannte lentivirale Vektoren die Gene zur Zelle. Dort werden sie in das Genom der Zelle integriert, ohne dass dabei die Zelle ihre Funktion verändert oder Schaden erleidet. Ziel des Forschungsprojektes war es u. a., die Wachstumsfaktoren im Rückenmark zu fördern. Ein weiteres Projektziel liegt darin, das Gewebe, die regenerativen Fasern und das motorische Verhalten zu beurteilen