Positiver Einfluss des ALS-Medikament Riluzol bei akuter Querschnittlähmung  

Eine klinische Studie der US-amerikanischen Houston University hat gezeigt, dass das Medikament Riluzol zur Verbesserung von Funktionen nach Eintritt einer Querschnittlähmung beitragen kann. Voraussetzung ist eine Verabreichung von Riluzol innerhalb von zwölf Stunden nach Eintritt der Rückenmarksverletzung.

„Riluzol ist ein Medikament, das bestimmte Natriumkanäle blockiert und üblicherweise als Antikonvulsivum eingesetzt wird.  Unsere Studien zeigen jedoch, dass Riluzol ein neuroprotektives Potenzial hat, um Nervenzellen zu erhalten und Menschen zu helfen, einige ihrer verlorenen Funktionen nach einer Rückenmarksverletzung wiederzuerlangen,“ sagte die Hauptautorin der Studie Pharmakologin Diana S-L Chow vom Institute of Drug Education and Research at the UH College of Pharmacy.  

Über Riluzol


Riluzol gehört zu den ersten Medikamenten, die sich bei der Behandlung akuter SCI als wirksam erwiesen haben.  Die US-Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) hat das Medikament 1995 für die Behandlung der amyotrophen Lateralsklerose (ALS oder Lou-Gehrig-Krankheit) mit einer täglichen oralen Dosis von einer 50-Milligramm-Tablette zweimal am Tag zugelassen. Dasselbe Dosierungsschema wurde für diese multizentrische klinische Studie der Phase 2/3 verwendet, in der das Medikament für Patienten mit Querschnittlähmung neu eingesetzt wurde.

Chow gibt zu bedenken, dass die Ergebnisse dieser Studie zwar positiv sind, aber angesichts der geringen Zahl der Studienteilnehmer – es wurden 32 Patienten mit Verletzungen der Halswirbelsäule untersucht – weitere Untersuchungen erforderlich sind. Auch weist sie darauf hin, dass in den USA Riluzol von Ärzten in klinischen Einrichtungen für einen anderen Zweck, z. B. für akute Querschnittlähmung, verschrieben werden kann. Eine Zulassung für die Behandlung bei chronischer Querschnittlähmung gäbe es allerdings nicht. Sie fügt hinzu: „Unsere Ergebnisse könnten durchaus künftige Dosierungsstrategien beeinflussen und letztlich die Patientenversorgung und die funktionellen Ergebnisse verbessern.“

Der akute und fortschreitende Charakter einer traumatischen Querschnittlähmung und die Komplexität der Sekundärverletzungen verändern die Pharmakokinetik von Therapeutika, d. h. die Art und Weise, wie der Körper ein Medikament verarbeitet. Für die klinische Studie haben die Forscher ein Modell entwickelt, um die Dynamik des Verhaltens des Medikaments und die Reaktion des Patienten zu erfassen, einschließlich der motorischen Werte in den Ellenbogenbeugern/-streckern, den Handgelenkstreckern und den Fingerbeugern/-abduktoren in den oberen Gliedmaßen; Hüftbeuger, Kniestrecker, Knöchel-Dorsalflexoren/Plantarflexoren und ein Langzehenstrecker in den unteren Gliedmaßen. Sie alle werden durch die komplexe Pathophysiologie einer Rückenmarksverletzung und Langzeitschäden beeinflusst.

Biomarker sind entscheidend für den Erfolg der Behandlung

„Ein bestimmtes Signal muss im Körper vorhanden sein, damit die Behandlung bei Rückenmarksverletzungen überhaupt in Betracht gezogen werden kann; nämlich der Biomarker phosphorylierte Neurofilament-schwere Untereinheit (pNF-H), der die Schädigung von Nervenzellen verringern kann. Unsere Ergebnisse zeigten, dass Patienten, die mit Riluzol behandelt wurden, niedrigere pNF-H-Werte aufwiesen, was die positive Wirkung des Medikaments auf Rückenmarksverletzungen bestätigt“, so Chow. 

In dieser jüngsten Studie wurde auch ein Zusammenhang zwischen kurzfristigen Ergebnissen, wie der pNF-H-Konzentration, und langfristigen Verbesserungen der funktionellen motorischen Fähigkeiten hergestellt. „Dieser Zusammenhang deutet darauf hin, dass es möglich ist, durch die objektive Messung von Biomarkern schon früh im Behandlungsprozess vorherzusagen, ob ein Patient von der Behandlung mit langfristigen funktionellen Verbesserungen profitieren wird“, fügte sie hinzu.

Die Studienergebnisse wurden im Fachmagazin Journal of Neurotrauma veröffentlicht. Wann und ob Riluzol bei Querschnittlähmung eingesetzt werden kann, ist derzeit noch unklar.


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