Relaxstuhl zur Druckentlastung im manuellen Rollstuhl
Ein dänischer Entwickler hat einen „Relaxstuhl“ auf den Markt gebracht, mit dem Entspannung und Dekubitusprophylaxe bei Querschnittlähmung gefördert werden sollen. Das Produkt ist so genial wie einfach.

Druckentlastung ist ein wichtiger Teil der Dekubitusprophylaxe. Diese sollte regelmäßig durch Positionswechsel im Rollstuhl erfolgen. Auch ein vorübergehendes Aussteigen aus dem Rollstuhl und Überwechseln auf die Couch, ins Bett oder auf einen Sessel kann hilfreich sein. Beides erfordert aber einen gewissen Kraftaufwand und bei Transfers können zusätzlich Scherkräfte und Reibung auftreten, die schädlich für die Hautgesundheit sind. Dänische Designer wollen hier mit einem neuen Produkt helfen, dass u.U. auch bei Kreislaufproblemen eingesetzt werden könnte.
Von der Idee zum Produkt
Der dänische Hersteller Automax ApS (externer Link) hat einen Rollstuhlsessel M5V1 bzw. „Relaxstuhl“ entworfen, in dem man sich entspannt zurücklehnen kann, ohne den Rollstuhl verlassen zu müssen.
Entwickler Max Birkelund, der seit einem Verkehrsunfall selbst querschnittgelähmt ist, sagt: „Wenn man von morgens bis abends in einem Rollstuhl unterwegs ist, sehnt man sich manchmal nach ein paar Minuten Entspannung. Die Lösung mit einem Sessel, der einfach nach hinten gekippt wird, schien mir offensichtlich und ich habe mich gefragt, warum es sie noch nicht gibt. Das hat mich motiviert, sie selbst zu entwickeln.“
Das patentierte System ermöglicht es, den Druck von der Sitzfläche zu nehmen, ohne ein aufwändiges Übersetzen auf ein anderes Möbel durchzuführen. Dies ist vor allem für Menschen sehr sinnvoll, die schon länger im Rollstuhl mobil sind, denn bei ihnen können Gelenkverschleiß und schwindende Armkraft dazu führen, dass Transfers und Entlastungen nicht mehr so leicht vorgenommen werden wie früher. Auch Verletzungen der oberen Extremitäten können die Fähigkeiten zum Übersetzen und Entlasten einschränken oder unmöglich machen.
Birkelund stellt neben der Druckentlastung auch eine positive Wirkung auf den Kreislauf fest. Durch die vielen kleinen, über den Tag verteilten Pausen, in denen er die Beine hochlegt, frieren sie in den Herbst- und Wintermonaten weniger schnell, weil die Durchblutung besser zu funktionieren scheint.
Entlastung der Sitzfläche
Am Querschnittgelähmtenzentrum in Viborg (Dänemark) wurde im Herbst 2025 eine Druckmessung durchgeführt, die die Entlastung der Sitzfläche beim Verwenden des Sessels zeigt.
Die Messungen zeigen, dass der durchschnittliche Druck auf die Sitzfläche des Nutzers um die Hälfte reduziert wird, wenn der Stuhl um 45 Grad gekippt wird, und sich weiter halbiert, wenn der Rollstuhl vollständig nach hinten gekippt wird.

Der Relaxstuhl bei PBT Mobility: „Ich muss nicht transferieren und riskiere so keine Scherkrafteinwirkung.“
In Deutschland hat PBT Mobility den Vertrieb des Relaxstuhls übernommen. Firmengründer Christian Nachtwey sagt: „Ich habe den Stuhl auf einer internationalen Fachmesse gesehen und war sofort überzeugt, dass er erheblich zur Lebensqualität von Menschen mit Querschnittlähmung beitragen kann. Deshalb habe ich Max angeboten den Vertreib nicht nur für Deutschland, sondern weltweit zu übernehmen.“
Nachtwey verwendet den Stuhl selbst, und das nicht nur zur Prophylaxe. Im Oktober 2025 erholt er sich von einem schweren Dekubitus am Gesäß und einer darauffolgenden Operation. „Ich habe seit einer Verbrennung wegen einer falsch eingestellten Sitzheizung vor fast 20 Jahren immer wieder Probleme mit Druckstellen. Die wurden entweder zugenäht, oder es kam ein Deckel drauf, aber der Erfolg war nie dauerhaft. In diesem Sommer wurde dann eine Schwenklappen OP durchgeführt. Für die Heilung ist eine konsequente Entlastung natürlich sehr wichtig, aber ich kann ja nun nicht den ganzen Tag im Bett liegen. Der Relaxstuhl ist da genau das Richtige. Ich muss nicht transferieren und riskiere so keine Scherkrafteinwirkung. Außerdem: Wenn man im Bett nicht gerade auf dem Bauch liegt, ist ein gewisser Druck aufs Gesäß ja trotzdem gegeben. Mit dem Relaxstuhl findet eine viel stärkere Entlastung statt, da das eigene Gewicht fast vollständig auf dem oberen Rücken lastet.“
Ausprobieren kann man den Relaxstuhl (Stand: Herbst 2025) z. B. in der PBT Mobility Filiale in Bodensee, der Firma X Carstens in Mannheim, im Mar y Sol Hotel auf Teneriffa, der von PBT Mobility übernommenen Stiftung Handisport auf Mallorca, im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Notwill und in Kürze im Querschnittgelähmtenzentrum Halle.
So funktioniert der Relaxstuhl
Der Relaxstuhl ist eine Vorrichtung, in die man mit dem manuellen Rollstuhl rückwärts einfahren kann. Sobald die Position gesichert ist, kann sich der Fahrer samt Rollstuhl nach hinten lehnen und entspannen. Dabei sind verschiedene Neigungswinkel möglich.
- Für die Nutzung sind keine Änderungen am Rollstuhl erforderlich.
- Das Federungssystem wird bei Lieferung an das Gewicht des Nutzers (samt Rollstuhl) angepasst. (Zukünftige Modelle sollen vom Nutzer eingestellt werden können.)
- Die Lehne kann dann frei auf und ab bewegt oder in der gewünschten Position arretiert werden.
- Für den Transport kann der 48 Kilo schwere Stuhl auf Rollen geklappt werden.
- Der Relaxstuhl ist in zwei Breiten und in anthrazit oder orange erhältlich, kann gegen Aufpreis aber auch in anderen Farben geliefert werden
Für mehr Informationen und Bezugsmöglichkeiten siehe Relaxstuhl für Rollstuhlfahrer von Automax bei PBT Mobility (externer Link).

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