Rollstuhlfahrer erhält nach Verkehrsunfall Schmerzensgeld

Das Landgericht Freiburg hat in einem Urteil vom 06.12.2024 (Az. 5 O 351/19 externer Link) einem an der Glasknochenkrankheit erkrankten Mann aufgrund eines Verkehrsunfalls ein Schmerzensgeld i.H.v. 20.000 € zugesprochen. Dieser hatte von seinem Unfallgegner 550.000 € an Schmerzensgeld verlangt. 

Der Verkehrsunfall hat sich 2016 in Freiburg ereignet, die Klage auf Schmerzensgeld wurde von dem Mann erst 2019 erhoben. Der Mann hatte bereits vor dem Unfall zahlreiche Knochenbrüche erlitten und aufgrund von Entzündungen waren ihm bereits im Jahr 1991 und 2008 beide Beine amputiert
worden. Er kann sich deshalb nur in einem Rollstuhl fortbewegen.

Der Mann hatte am Unfalltag mit seinem elektrischen Rollstuhl eine Straße vor einem dort wartenden Auto überquert, das ihn übersehen und beim Anfahren erfasst hatte, wodurch der Rollstuhl umkippte und der Mann auf den Asphalt fiel. Die Glasknochenkrankheit des Mannes beinhaltet das Risiko eines überschießenden Wachstums von Knochengewebe bei Verletzungen.

Autofahrer trägt Schuld zu 75 Prozent

In dem umfangreichen Prozess hatte das Landgericht zunächst zu klären, in welchem Maße beide Unfallbeteiligten an dem Unfall schuld waren. In einem ersten Teilurteil vom 20.11.2022 hat das Landgericht den Unfall als durch den Autofahrer allein verschuldet angesehen. Auf die Berufung des Unfallgegners hat das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 18.07.2023 hingegen den Unfall als zu 25 % von dem Rollstuhlfahrer mitverschuldet festgestellt. Dieser hätte mit seinem elektrischen Rollstuhl den Radweg nicht befahren dürfen, da er nach den Straßenverkehrsvorschriften als Fußgänger gilt.

Danach hatte das Landgericht über die Höhe des dem Rollstuhlfahrer zustehenden Schmerzensgeldes zu entscheiden. Der Autofahrer und seine Versicherung wollten nur für die unmittelbar nach dem Unfall im Krankenhaus festgestellten Verletzungen einstehen. Der Rollstuhlfahrer führte allerdings eine Vielzahl anderer gesundheitlicher Beschwerden auf den Unfall zurück. Dies hätte ein weitaus höheres Schmerzensgeld rechtfertigen können. Um dies zu klären musste das Landgericht eine Vielzahl von Gutachten verschiedener medizinischer Fachbereiche einholen und diese mit den Prozessbeteiligten erörtern.

Gesundheitliche Beschwerden nicht durch den Unfall verursacht

Nach dem Urteil des Landgerichts vom 06.12.2024 ergaben diese ärztlichen Gutachten jedoch, dass nur ein kleiner Teil der gesundheitlichen Beschwerden des Rollstuhlfahrers durch den Unfall verursacht worden war. Neben den bereits am Unfalltag im Krankenhaus festgestellten Prellungen war dies z.B. ein teilweiser Bruch des Unterkiefers. Dieser führt bei dem Rollstuhlfahrer bis heute zu nicht unerheblichen Schmerzen und Problemen beim Essen. Bezüglich einer Vielzahl anderer von dem Rollstuhlfahrer behaupteten gesundheitlicher Beschwerden ging das Landgericht aufgrund der eingeholten ärztlichen Gutachten davon aus, dass diese entweder bereits vor dem Unfall bestanden hatten oder erst nachträglich entstanden waren, jedenfalls nicht auf den Verkehrsunfall zurückzuführen sind.

Vorlage der Unterlagen darf nicht verspätet erfolgen

Stellungnahmen anderer Ärzte, die der Rollstuhlfahrer vier Tage vor der letzten mündlichen Verhandlung des Landgerichts am 11.11.2024 vorgelegt hat, hat das Landgericht in seinem Urteil nicht berücksichtigt. Grund hierfür war, dass da die Vorlage der Unterlagen verspätet erfolgt sei. Dabei ging das Landgericht davon aus, dass es dem Rollstuhlfahrer möglich gewesen wäre, diese Unterlagen bereits deutlich früher vorzulegen und er gegen seine nach der Prozessordnung bestehende Pflicht zur Förderung des Verfahrens verstoßen habe. Zudem gehe aus den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen nicht hervor, dass den Ärzten wichtige Unterlagen, wie z.B. der Bericht des Krankenhauses, das den Rollstuhlfahrer am Unfalltag behandelt hatte oder im Prozess mehrfach thematisierte MRT-Bilder bekannt gewesen seien.


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