Transalp: In neun Tagen mit dem MTB-Handbike über die Alpen
Schon was vor im Sommer? Oder auf der Suche nach Inspirationen? Für Wagemutige mit Bewegungsdrang gibt es auf den Seiten des Österreichischen Alpenvereins die Beschreibung einer neuntägigen Alpenüberquerung für Hand- und Mountainbikes – inklusive spektakulärer Fotos und Videos und detaillierten Streckenplänen.

„Es gibt Herausforderungen, die einem das Leben stellt – und es gibt jene, denen man sich selbst stellt“. Mit diesem Gänsehaut-Satz beginnt ein Video zum Projekt, das den Betrachter mitnimmt auf diese spektakuläre Mehrtagestour des „Team ROL IT – Radeln ohne Limits Inklusive Transalp“. Mit diesem Team wollte die Österreichische Alpenvereinsjugend Maßstäbe zum Thema Inklusion setzen. 16 Leute gehörten zum Team, sie wurden aus über 45 Bewerbungen ausgewählt. Kriterien waren neben Geschlecht, Alter und Nationalität vor allem die Motivation auf ein inklusives Abenteuer.
Im Rahmen des Projekts haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam monatelang auf die Alpenüberquerung vorbereitet (siehe Beitrag Mit dem Handbike über die Alpen: Das Team ROL IT rockt die Berge). „Die Möglichkeiten, die Natur zu erleben, sind unendlich. Und Unterschiedlichkeit muss kein Hindernis sein, solange man aufeinander eingeht. Ziel unseres Projekts ist es, dass die TeilnehmerInnen die vorhandenen Barrieren erkennen und gemeinsam überwinden lernen. Das birgt ein großes Lernpotential für alle Beteiligten. Die Entwicklung von gemeinsamen Zielen unter Berücksichtigung von unterschiedlichen Bedürfnissen schärft den Blick für neue Wege“, erklärte Jürgen Einwanger, Veranstalter des Projekts in der Alpenvereinsjugend.
Die Route
Relativ bald stand die Route fest. Gestartet wurde in Scharnitz, dann führte die Planung das Team durch das Karwendel und über das Tuxer Joch und von dort aus über den Brenner Grenzkamm und den Jaufenpass. Danach ging es nur noch wunderschön bergab: Hinunter nach Meran, vorbei am Molvenosee bis zum phänomenalen Ziel, dem Gardasee. Für die Hand- und Mountainbiker bedeutet das: „Intensive und volle Tage“ mit extremen Bedingungen.

Unterwegs war die gemischte Gruppe entweder auf Mountainbikes oder auf Liege-Handbikes mit dicker MTB-Bereifung und Motorunterstützung. Zwei der Team-Mitglieder, Adrian Wiewiora und Johanna Grassegger, haben in einem Blog auf den Seiten des Österreichischen Alpenvereins die Erlebnisse der Truppe zusammengefasst.
Dort beschreiben sie die Glücksmomente und Strapazen, zum Beispiel Tag 3, der zur Bewährungsprobe wurde: „Wir starten pünktlich um 8:30 Uhr, doch schon nach kurzer Zeit kommt unsere Fahrrad-Kolonne zum Stehen. Regenjacken und -hosen werden angezogen und Reißverschlüsse zugezogen. Wir setzen den Weg fort und es wird langsam kälter. Am Straßenrand steht ein Mann und schaut uns interessiert zu. Als wir ihm erzählen, was wir an diesem Tag vorhaben, bekommen wir Geschichten von einem halben Meter Neuschnee mit auf den Weg und dass dieses Vorhaben mit unseren Fahrrädern auf keinen Fall möglich wäre. Wir setzen unseren Weg dennoch fort und diskutieren angeregt über unser Vorhaben. Nach und nach verwandelt sich der Regen langsam in Schnee. Unsere Reifen knirschen durch den Schnee und wir müssen an den Mann an der Straße denken. Recht hatte der nicht! – es sind nämlich nur 30 Zentimeter Schnee, durch die wir unseren Weg bahnen. Trotzdem: Leicht haben wir es an diesem Tag nicht und müssen schnelle und auch unangenehme Entscheidungen treffen.“
Knietiefer Schnee
An einem Tag muss die Gruppe sogar geteilt werden, denn der Versuch, das Tuxer Joch bei diesen Wetterbedingungen mit dem Handbike zu queren, scheint aussichtslos. Die Realität gibt dem Team recht, als die Mountainbiker Stunden später knietief im Schnee versinken. Eine kleine Gruppe von Handbikern entscheidet sich gegen einen Transfer und kämpft sich auf anderen Wegen zur nächsten Unterkunft: Das Zillertal raus, das Inntal entlang und hoch Richtung Brenner nach Nösslach.
Danach wird alles leichter, kann man im Team-Blog nachlesen: „Nach diesen Extrembedingungen waren alle dankbar für die Sonne, die von nun an unsere stete Wegbegleiterin sein wird. Die folgenden Tage fühlen sich nach diesen Strapazen um einiges leichter und entspannter an und schon bald ist der Alpenhauptkamm überwunden. Bei strahlendem Sonnenschein rollen wir den wunderschönen Brennergrenzkamm entlang, der unsere Königsetappe werden sollte, und genießen den gemeinsamen Triumph. Bis uns ein Achsenbruch wieder aus den kurzen Glücksmomenten herausreißt. Auch den Jaufenpass lassen wir hinter uns und erreichen am Tag 6 Meran. Unser Ziel rückt nun in greifbare Nähe und die letzten Tage vergehen wie im Flug.“
Mehr als „nur“ 10.000 Höhenmeter
Insgesamt legt das Team fast 500 Kilometer zurück und mehr als 10.000 Höhenmeter. Neun Tage sind sie auf dem Bike unterwegs, ohne Pausentag. Eine stolze Leistung.
Doch dem Team ging es noch um etwas anderes, so die Autoren: „Höhenmeter und Strecke sind nur ein Thema von ROL IT. Vielmehr geht es um die Frage, wie wir Inklusion aktiv leben können, sowohl in einer kleineren Gruppe am Berg als auch im gesamtgesellschaftlichen Rahmen. Während unserer gemeinsamen Alpenüberquerung ist klar geworden, wie herausfordernd so ein aktives Leben inklusiver Werte sein kann – aber auch welch besondere Gemeinschaft entsteht, wenn uns das gelingt. Gemeinsam durften wir unglaublich wertvolle Erfahrungen machen.“
Man ahnt es: Die Transalp ist keine leichte Tour, die man einfach so auf gut Glück in zwei Urlaubwochen macht. Das Team ROL IT nahm sich deutlich mehr als ein Jahr Zeit für die Vorbereitung (inklusive Routenfindung).
„Nachahmer“ haben es einen Hauch leichter. Zur Einstimmung und Vorbereitung können sie sich auf den Seiten des Österreichischen Alpenvereins in die Materie einlesen und in beeindruckenden Bildern und Videos schwelgen.
Die Etappen zum Nachlesen und Planen
Vor allem aber können sie auf eine erprobte, bereits von Handbikern mit Team gefahrene Route zurückgreifen: Auf (externer Link) alpenvereinaktiv.com sind alle Etappen mit Höhenprofil, Streckenlänge und Höhenmetern zur Routenplanung hinterlegt. Einmal als Gesamtpaket (ROL IT Transalp barrierefrei – von Scharnitz nach Torbole • MTB-Transalp » … (alpenvereinaktiv.com) mit schlappen 425 Kilometern, 56 Stunden auf dem Bike, 9.500 Meter hoch, mehr als 10.000 Kilometer runter. Der höchste Punkt lag bei 2.340 Metern, der tiefste bei 64 Metern. Und einmal aufgeteilt in Einzel-Etappen zwischen 42 und 49 Kilometern.