Behindertengerechter Umbau: Wer zahlt was?

Nach einem lebensverändernden Ereignis ist es oft erforderlich, das Wohnumfeld, die Wohnung oder das Haus entsprechend umzubauen Es gibt verschiedene Kostenträger, welche für diese Kosten aufkommen. Dies können je nach Voraussetzungen die Pflegeversicherung, die Deutsche Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit, das jeweilige Inklusionsamt des zuständigen Bundeslandes oder die zuständige Berufsgenossenschaft sein.

Ein behindertengerechter Umbau des Wohnumfelds kann teuer werden

Pflegeversicherung

Die Pflegeversicherung zahlt ab Pflegegrad 1 unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 4.000 Euro für bauliche Veränderungen für Einzelpersonen (Wohnraumanpassung). Für Wohngemeinschaften und für ambulant betreute Wohnformen können es bis zu 16.000 Euro sein. Die Umbauten müssen dazu geeignet sein, die Pflege der Person zu Hause zu erleichtern und die selbstständige Lebensführung zu ermöglichen.

Zudem müssen die Versicherungszeiten erfüllt sein: Es ist der Nachweis zu erbringen, dass in den letzten zehn Jahren mindestens zwei Jahre in die Pflegekasse eingezahlt wurde. Bei der Antragsstellung sollte sehr genau die eigene Lebenssituation geschildert werden, um die Förderung zu erhalten. Der Antrag muss vor Beginn der Maßnahmen gestellt werde.

Deutsche Rentenversicherung

Bei der Deutsche Rentenversicherung sind die Förderungen auf die Bereiche vor (!) der eigenen Haus- bzw. Wohnungstür beschränkt. Sie gewährt auf Antrag finanzielle Hilfen für den behindertengerechten Um- und Ausbau des Wohnumfelds. Das Ziel ist, den Arbeitsplatz barrierefrei und selbstständig erreichen zu können. Die Förderung durch die Deutsche Rentenversicherung richtet sich allein an Menschen, die sich im Erwerbsleben befinden. Alle Maßnahmen „hinter der Tür“ gehören zur privaten Lebensführung. Leistungen der Deutschen Rentenversicherung setzen eine Versicherungszeit von mindestens 15 Jahren voraus.

Bundesagentur für Arbeit

Auch die Bundesagentur für Arbeit gewährt auf Antrag Wohnungshilfe. Diese umfasst die finanzielle Unterstützung für die Kosten zur Beschaffung, zur Ausstattung sowie zum Erhalt einer behindertengerechten Wohnung. Ziel der Kostenübernahme ist es, dass die Arbeitnehmenden und Auszubildenden ihren Arbeitsplatz möglichst barrierefrei erreichen. Auch hier handelt es sich um eine auf die Erfordernisse des Antragstellenden zugeschnittene Leistung.

Inklusionsämter

Die Inklusionsämter der Länder sind für die Übernahme der Kosten bei der Wohnumfeldverbesserung bei Selbstständigen und Beamten zuständig, insofern die Personen keinen vorrangigen Rehabilitationsträger – wie zum Beispiel die Deutsche Rentenversicherung haben. Die Inklusionsämter sind allerdings selbst keine Rehabilitationsträger. Sie können begleitende Hilfen im Arbeitsleben gewähren. Die Antragsberechtigten müssen schwerbehindert im Sinne des Sozialgesetzes IX (SGB IX) sein.

Die Leistungen werden in erster Linie schwerbehinderten Menschen gewährt, um ihnen die Beschaffung sowie die Ausstattung und den Erhalt einer behindertengerechten Wohnung zu ermöglichen.

Gesetzliche Unfallversicherung

Auch die gesetzliche Unfallversicherung gewährt Leistungen für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, wenn die Beeinträchtigung im Rahmen der Berufsausübung oder im Rahmen eines Wegeunfalls entstanden ist. Dann bezahlt die Berufsgenossenschaft nicht nur die Umbauten, sondern auch einen ggfs. erforderlichen Umzug. Die Unfallversicherung spricht dann von Wohnungshilfe. Diese kann auch eine komplette Kostenübernahme bedeuten: etwa für Makler, für die Planungskosten eines erforderlichen Umbaus sowie für die Umbaumaßnahmen.

Welche Maßnahmen werden gefördert?

Die unterschiedlichen Kostenträger bezuschussen oder bezahlen Umbaumaßnahmen und Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung. Das kann ein elektrischer Türantrieb für die Hauseingangstür oder die Pflasterung eines Weges, der den Rollifahrer sicher zu seinem Auto bringt, sein. Die Förderung kann aber auch den Einbau einer rollstuhlgerechten Küche umfassen. Zu den Kosten, welche übernommen werden, zählen auch Gutachten zur Statik oder die Gebühren der Antragsstellung. Es kommt bei jeder Antragstellung wie immer auf die Begründung an. Je besser und ausführlicher diese ist, desto schneller kann die antragstellende Person mit einer positiven Entscheidung rechnen.

Wohnberechtigungsschein (WBS)

Einige durch öffentliche Mittel geförderte Wohnungen sind Menschen mit niedrigem Einkommen vorbehalten. Die Einkommensgrenzen werden durch die jeweiligen Bundesländer festgelegt und sollten vor der Beantragung vor Ort erfragt werden. Schwerbehinderte Menschen profitieren bei der Antragstellung von unterschiedlichen Freibeträgen, die auch von Bundesland zu Bundesland variieren und vom Grad der Behinderung abhängen. Dies bedeutet, dass Menschen mit einer Schwerbehinderung mehr verdienen dürfen als Menschen ohne eine Beeinträchtigung.

Zur Berechnung des Jahreshaushaltseinkommens werden Gehalt, Arbeitslosengeld, Unterhaltsvorschuss, Unterhalt, Rente und Pension sowie Einkommen aus Minijobs zusammengerechnet. Unberücksichtigt bleiben Kindergeld, Wohngeld sowie Leistungen aus der Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Berufsgenossenschaften. Unter Umständen muss auch erhaltenes Krankengeld bei der Antragstellung angegeben werden, um einkommenslose Zeiten bei der Behörde nachzuweisen.

Der Erhalt des WBS richtet sich nicht nur nach dem Einkommen, sondern auch nach der Haushaltsgröße. Das bedeutet, je mehr Personen in einer Wohnung leben, umso mehr Quadratmeter darf die Wohnung haben. Der ausgestellte WBS hat nach Ausstellung eine Gültigkeit von einem Jahr. Innerhalb dieses Zeitraums kann er für die Anmietung einer geförderten Wohnung genutzt werden. Solange das Mietverhältnis besteht, bleibt der WBS für diese Wohnung gültig – verändert sich das Einkommen positiv, kann es unter Umständen zu einer Fehlbelegungsabgabe kommen.

Kombination von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen und Hilfsmitteln

Die Wohnumfeld verbessernden Maßnahmen können bei Bedarf auch mit Hilfsmitteln nach dem § 33 SGB V und auch mit der Hilfe zur Pflege nach § 40 Abs. 1 SGB XI beantragt werden. Denkbar wäre zum Beispiel, dass im Rahmen der wohnumfeldverbessernden Maßnahme die Badewanne zur Dusche gemacht wird. Die Krankenkasse bezahlt dann im Rahmen der Hilfsmittelversorgung u.a. die erforderlichen Haltegriffe.

Wo bekommt man Unterstützung?

Grundsätzlich sind alle Förderungen eine Antragsleistung. Je nach Kostenträger gibt es verschiedene Ansprechpartner, welche dem Betroffenen und den Angehörigen behilflich sind. Der Pflegestützpunkt, die Inklusionsämter oder auch der ambulante Pflegedienst helfen bei der Beantragung der Leistungen.

Wenn die Leistungen von einer der zuständigen Berufsgenossenschaften bezahlt wird, stellt der Sozialdienst im Krankenhaus den Antrag. Nicht zu vergessen sind hier auch ehrenamtlich Tätige in Selbsthilfegruppen oder Peers in den einzelnen Vereinen und Organisationen wie der FGQ. Auch die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB), welche bundesweit zur Verfügung steht, hilft den Betroffenen; dies gilt auch für die Mitarbeitenden der Bundesagentur für Arbeit.

Und sollte man trotz aller Unterstützung den falschen Rehabilitationsträger erwischt haben, so ist dieser verpflichtet, den Antrag an den zuständigen Träger weiterzuleiten und den Antragsteller entsprechend zu informieren.


Der Text von Stephan Neumann wurde erstmals in Ausgabe 4/2024 des PARAplegiker, der Mitgliederzeitschrift der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland E.V. (FGQ) veröffentlicht. Die Redaktion von Der-Querschnitt.de dankt herzlich für ihre Zustimmung zur Zweitveröffentlichung!


Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Unter keinen Umständen ersetzt er jedoch eine rechtliche oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch eine juristische Fachperson oder Menschen mit Qualifikationen in den entsprechenden Fachbereichen, z.B. Steuerrecht, Verwaltung.

Der-Querschnitt.de führt keine Rechtsberatung durch.

Ob und in welchem Umfang private Krankenkassen die Kosten für Hilfsmittel, Therapien o.ä. übernehmen, ist individuell in der jeweiligen Police geregelt. Allgemeingültige Aussagen können daher nicht getroffen werden.