Luft nach oben: Fast die Hälfte aller Arztpraxen in mindestens einem Punkt barrierefrei

Wie barrierefrei ist die Gesundheitsbranche, insbesondere die Arztpraxen? Das hat die Stiftung Gesundheit untersucht und kommt zu dem Ergebnis: Rund 87.000 und damit fast die Hälfte (48,2 Prozent) aller ambulanten Arztpraxen verfügen über mindestens eine Vorkehrung, die Barrieren abbaut oder vermeidet. Flächendeckend sind Maßnahmen in den vier Barrierefreiheitskategorien jedoch nicht vorhanden.

Prozentualer Anteil der ambulanten ärztlichen Praxen in den Landkreisen, die über mindestens eine Barrierefreiheitsvorkehrung für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Sehbehinderung, Hörbehinderung oder mit kognitiven Einschränkungen verfügen. Gezählt wurden Praxen von Ärzten, Zahnärzten und Psychologischen Psychotherapeuten.

Mehr Inklusion im Gesundheits- und Pflegesystem – das fordert unter anderem der Bundesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen in der kürzlich verabschiedeten Bad Nauheimer Erklärung (siehe auch externer Link Treffen der Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern in Bad Nauheim (behindertenbeauftragter.de).

Wie barrierefrei ist denn nun die Gesundheitsbranche, insbesondere die Arztpraxen? Das hat die Stiftung Gesundheit jetzt in einer (externer Link) Analyse des Strukturverzeichnisses untersucht und kommt zu dem Ergebnis: Rund 87.000 und damit fast die Hälfte (48,2 Prozent) aller ambulanten Arztpraxen verfügen über mindestens eine Vorkehrung, die Barrieren abbaut oder vermeidet. Flächendeckend sind Maßnahmen in den vier Barrierefreiheitskategorien jedoch nicht vorhanden.

Wie viele Praxen mit den benötigten Hilfen finden Betroffene in ihrer Nähe? Zwischen den Landkreisen gibt es deutliche Unterschiede, wie eine interaktive Karte der Stiftung zeigt, die unter Rund 87.000 Arztpraxen in Deutschland haben mindestens eine Barrierefreiheitsvorkehrung (stiftung-gesundheit.de) abgerufen werden kann.

Arztpraxen bauen Barrieren ab – vor allem im Bereich Mobilität

In den verschiedenen Kategorien der Barrierefreiheit sind deutliche Unterschiede zu sehen: Am häufigsten setzen Praxen Maßnahmen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität um (bundesweit 43,9 Prozent). Auf Platz eins der getroffenen Vorkehrungen liegt der stufenlose Zugang zur Praxis. Zur selben Kategorie zählen auch Einzelkriterien wie Behindertenparkplätze, Aufzug ist rollstuhlgerecht, Aufzug ist barrierefrei, Stühle/Liegen verstellbar, Praxis ist rollstuhlgerecht, WC ist bedingt barrierefrei, WC ist barrierefrei.

20,0 Prozent der Arztpraxen in Deutschland sind für Menschen mit Hörbehinderung eingerichtet, 8,2 Prozent bieten Vorkehrungen für Menschen mit Sehbehinderung. Dagegen finden Menschen mit kognitiven Einschränkungen nur in 1,5 Prozent der Praxen entsprechende Hilfen. Neben den Unterschieden in den einzelnen Kategorien zeigt die Analyse ebenfalls, welche Abweichungen bei den Barrierefreiheitsvorkehrungen es regional in den Bundesländern und Landkreisen gibt.

Barrierefreiheit ist keine Selbstverständlichkeit

Mit dem „Projekt Barrierefreie Praxis“ setzt sich die Stiftung Gesundheit Fördergemeinschaft seit 2009 für mehr Barrierefreiheit in Arztpraxen ein. Seitdem erhebt die Stiftung Gesundheit kontinuierlich und sehr differenziert in der ambulanten Patientenversorgung, welche Hilfen in welchen Arztpraxen zur Verfügung stehen. „Vom Projektstart bis jetzt ist kein Trend spürbar, dass mehr Arztpraxen barrierefrei für jedermann sind“, sagt Alexandra Köhler, Vorsitzende der Fördergemeinschaft. „Hier ist noch Luft nach oben, Barrieren abzubauen, bessere Zugangsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen zu schaffen und sie so noch besser in die Patientenversorgung zu integrieren. Wir bleiben an dem Thema dran.“

Über die „Arzt-Auskunft“, deren Trägerin die Stiftung Gesundheit ist, können Betroffene eine barrierefreie Praxis finden. Mehr zu diesem Thema im Beitrag Ohne Barrieren: „Arzt-Auskunft“ und „Klinik-Lotse“ filtern auch nach Rollstuhltauglichkeit.