Junge Menschen mit Behinderung vernetzen sich – Forderungen an Politik und Gesellschaft

Erstmals haben sich junge Menschen mit Behinderung aus dem ganzen Bundesgebiet getroffen, um sich selbst zu vertreten. Zusammen sprachen sie über ihre eigenen Vorstellungen von Inklusion und erarbeiteten Forderungen an die Gesellschaft und die Politik.

„Wir Kinder und Jugendliche mit Behinderung wissen selbst, was wir brauchen. Wir möchten uns weiter treffen und uns zu einem bundesweiten Netzwerk zusammenschließen. So können wir bei neuen Gesetzen besser von Politiker*innen gehört werden. Auch bei Befragungen wollen wir schon bei der Formulierung der Fragen dabei sein. Ich freue mich, wenn noch mehr junge Menschen mit Behinderung mitmachen.“ sagt der 13-jährige Justus Lauer. Er hatte die Idee für das Treffen.

„Wir wollen uns auch unabhängig von unseren Eltern treffen und austauschen können. Dafür brauchen wir langfristig gesicherte Unterstützung. Dann können wir uns barriere-frei treffen. Assistenz und Dolmetscher*innen, Fahrt- und Unterkunftskosten können wir nicht von unserem Taschengeld, BaFöG oder Ausbildungsgeld bezahlen. Für mein Jura-studium bekomme ich Studienassistenz. Für politische Interessenvertretung soll ich das mit ehrenamtlichen Helfer*innen oder meinen Eltern machen. Das ist keine gleichbe-rechtigte Teilhabe“, so die 20-jährige rollstuhlnutzende Lisa Baenitz, die das Treffen moderierte.

Treffen soll erst der Anfang sein

An dem Treffen in Thüringen nahmen Menschen im Alter zwischen 12 und 25 Jahren mit unterschiedlichsten Behinderungen teil. Zusammen redeten sie über ihre eigenen Vorstellungen von Inklusion.

Ihre Forderung an die Gesellschaft und an die Politik:

  • Wir möchten in inklusive Schulen gehen.
  • Wir wollen nicht separiert werden. Die Lehrkräfte sollen dafür qualifiziert sein. Die Klassen sollen kleiner sein, damit alle gut lernen können.
  • Wir möchten die Freizeitangebote für alle Jugendlichen besser nutzen können. Die Mitarbeitenden dort sollen besser geschult sein, um Begegnung zu fördern. Es soll mehr inklusive Angebote geben.
  • Assistenz und Hilfsmittel sollen nach unseren Bedarfen einkommensunabhängig und ohne Altersbeschränkung bewilligt werden.
  • Beratungsstellen für Jugendliche sollen auch für Jugendliche mit Behinderung offen sein. Sie sollen auch zu unseren Themen qualifiziert sein.
  • Beratungsstellen für Menschen mit Behinderung sollen auch Kinder und Jugendliche mit Behinderung ansprechen.
  • Wir wollen später im ersten Arbeitsmarkt eine Arbeit finden. Dafür müssen wir die notwendige Unterstützung erhalten.
  • Solange es noch Werkstätten für behinderte Menschen und Förderstätten gibt, sollen „Beschäftigte“ dort als Arbeitnehmer*innen anerkannt werden. Sie sollen eine faire Bezahlung bekommen (mindestens Mindestlohn).
  • Es braucht dringend mehr Assistenz, die in Unterstützter Kommunikation geschult ist. Nur so wird Inklusion für Menschen, die Unterstützte Kommunikation brauchen, möglich. Schulabschlüsse müssen auch mit Unterstützter Kommunikation möglich sein.
  • Wir brauchen mehr Barrierefreiheit. Dazu gehören zum Beispiel barrierefreie Wohnungen, Schrift- und Gebärdensprachdolmetscher*innen, Leichte Sprache auch im Internet oder barrierefreie Toiletten im öffentlichen Raum. So können wir leben, wie wir wollen und überall teilnehmen.
  • Auch bei Fahrdiensten soll das Personal geschult werden. Wir wollen ohne Angst und Diskriminierung befördert werden.

Kontaktdaten und Informationen für weitere Treffen gibt es beim bbe e.V. (Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern)