Leben mit Querschnittlähmung: „Einfach Luft ablassen.“

Jakob Raithel ist Paraplegiker und fährt in seiner Freizeit gerne Allrad-LKW-Wohnmobil der 7,5t Klasse. Seine Erfahrungen aus den Offroad Aktivitäten hat er auf den Umgang mit dem Rollstuhl übertragen können.

Wenn man mit dem manuellen Rollstuhl auf losem Untergrund, wie z. B. Sand unterwegs ist, dann kann man trotz breiten Outdoor-Reifen ganz schön in Bedrängnis kommen, je nachdem wie fein und lose der Untergrund ist. Raithel hat dazu einen einfachen Trick, der auch im Offroadbereich z.B. beim Fahren in der Sandwüste angewendet wird: Er lässt Luft aus den Reifen.

„Dadurch verändert sich die Aufstandsfläche des Reifens am Boden –entgegen der Intuition der meisten Menschen spielt hierbei vielmehr die Verlängerung der Aufstandsfläche als die Verbreiterung eine maßgebliche Rolle. Durch die Vergrößerung der Aufstandsfläche sinkt der Bodendruck und man sinkt weniger ein. Je nach Untergrund kann man den Reifendruck anpassen. Halbierung des Drucks ist ein guter Anfangspunkt, bis man quasi auf der Felge steht.“

Diese Lösung ist schnell und einfach, doch birgt auch gewisse Tücken: „Es ist schon kräftezehrend mit halb-platten Reifen auf unbefestigtem Untergrund zu fahren, aber so geht es wenigstens überhaupt. Sicheres nur auf den Hinterrädern fahren (was im Sand viel einfacher ist als auf festem Untergrund) ist eine notwendige Fähigkeit, denn die kleinen Lenkrollen sind im Sand nicht funktional. Und auf der Stelle drehen sollte man nicht, da sonst die Reifen von den Felgen springen könnten. Besser ist es dann weitere Bögen zu fahren.“

„Ich selber habe drei verschiedene Sätze Rollstuhlräder“, geht Raithel ins Detail, „welche mit unterschiedlichen Reifen und Felgendimensionen nahezu den gleichen Außendurchmesser aufweisen. Um diese auf demselben Rollstuhl verwenden zu können, sollten die Räder unterschiedlich aus der Mitte gespeicht werden damit der dicke Reifen nicht am Seitenteil schleift und der dünne Reifen hingegen nicht eine mächtige Lücke zum Seitenteil aufweist.“

Reifenbreite im Detail

23 – 571 Rennradartig, sehr schmal und nur hart aufgepumpt 8 Bar+ zu verwenden, nur für gut befestigte Untergründe wie Asphalt, Beton oder Gehwegplatten (auch für Kopfsteinpflaster mit größeren Lücken maximal ungeeignet)

28 – 559 Mittelbreit, sehr guter Allround-Alltagsreifen, üblicherweise zwischen 5 und 8 Bar, hier hilft ablassen schon.

62 – 507 Dicker Mountainbike Reifen, voll aufgepumpt auf 4 Bar im Alltag nutzbar, aber unpraktisch. In erster Linie für Lose Untergründe (Sand und Schnee) mit niedrigem Luftdruck bis fast platt nutzbar.


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