Praktikanten mit Schwerbehinderung haben Recht auf Gleichbehandlung

Arbeitgeber müssen auch bei der Einstellung schwerbehinderter Praktikanten die gesetzlichen Vorschriften zur Gleichbehandlung behinderter Menschen im Berufsleben beachten. Bei einer Benachteiligung aufgrund der Behinderung besteht ein Entschädigungsanspruch.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied im Januar 2024, dass dieses Recht dann greife, wenn das Praktikum dem Erwerb „beruflicher Fähigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder beruflicher “ diene (AZ: 8 AZR 212/22). Im aktuellen Fall wiesen die Erfurter Richter die Klage jedoch ab, weil keine Diskriminierung nachweisbar war.

Der Fall

Der Kläger bewarb sich um das vergütete Praktikum am 28. Juli 2020 und hatte dabei einen Grad der Behinderung (GdB) von 40. Zwei Tage später beantragte er die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 SGB IX bei der für seinen Wohnort zuständigen Agentur für Arbeit. Beim Bewerbungsgespräch zwei Wochen später erwähnte er diesen Umstand.

Am 17. August 2020 sagte die Beklagte dem Kläger wegen des Praktikums telefonisch ab. Mit Bescheid vom 10. September 2020 wurde der Kläger rückwirkend zum 31. Juli 2020 mit einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn aufgrund seiner Behinderung benachteiligt. Der persönliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sei eröffnet. Bei dem ausgeschriebenen Förderprogramm handele es sich um eine Beschäftigung iSd. § 6 Abs. 1 AGG. Nachdem er die Beklagte am 12. August 2020 während des Vorstellungsgesprächs über seine Behinderung und das laufende Gleichstellungsverfahren informiert habe, sei die Beklagte gehalten gewesen, die Verfahrensvorschriften zugunsten schwerbehinderter Menschen einzuhalten und die Schwerbehindertenvertretung einzuschalten. Indem sie dies unterlassen habe, habe sie gegen ihre gesetzlichen Pflichten verstoßen. Stattdessen habe die Beklagte ihm, ohne den Ausgang des Gleichstellungsverfahrens abzuwarten, zeitnah eine Absage erteilt. Er forderte nun eine Entschädigung in Höhe von mind. 5.000 Euro.

Das Urteil

Dem widersprachen sowohl das Landesarbeitsgericht Nürnberg als auch das BAG. Allerdings müssen sich Arbeitgeber auch in einem Bewerbungsverfahren für ein Praktikum an die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes halten, betonte das BAG. So müsse bei einem schwerbehinderten Bewerber etwa die Schwerbehindertenvertretung angehört werden. Ein Verstoß gegen diese Pflicht sei ein Indiz für eine entschädigungspflichtige Diskriminierung, hieß es.

Dennoch habe der Kläger keinen Anspruch auf eine Entschädigung, urteilte das BAG. Denn im Bewerbungsverfahren sei die beantragte Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen noch nicht verbindlich festgestellt worden. Der Kläger könne sich daher nicht auf das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes berufen, so das Gericht.

Zum detaillierten Bericht geht es hier: 8 AZR 212/22 – Das Bundesarbeitsgericht  (externer Link).


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