„Rollstuhlgerechte Toilette“ für Mutige: Klapp-Klo für draußen
Daniel Stirnimann ist manchmal wochenlang mit einem VW-Caddy unterwegs, den er auch im Alltag nutzt. Weil es in Wüsten und Gebirgen, aber auch in vielen östlichen Ländern, nur selten eine rollstuhlgerechte Toilette gibt, nutzt der Weltenbummler mit hoher Querschnittlähmung unerschrocken ein Klapp-Klo aus dem Bootsbedarf.

Das Klapp-Klo hat gerade mal CHF 30 gekostet. Den teuren Dusch-WC-Stuhl aus dem Sanitätsgeschäft, den er einmal angeschafft hatte, lässt er zuhause. Er meint dazu: „Das Ding ist zwar bequem, aber irre schwer und umständlich in der Handhabung.“
Der Caddy hat Platz für alles, was Stirnimann auf seinen Touren braucht. Auf der Ladefläche sind auf der einen Seite drei Plastikkisten festgeschnallt, in denen er die für den begeisterten Hobbyfotografen wichtige Kameraausrüstung und eine Drohne sowie das Allernötigste unterbringt. Darüber liegt eine Tasche mit Kleidern.
Medikamente, Katheter, Werkzeug und die wichtigsten Ersatzteile sind in Taschen an den Seiten platziert. Sein Motto lautet: „Keep it simple“. Er hat aus Platzgründen systematisch weggelassen, was man bei Bedarf irgendwo beschaffen kann. Neben diesen Kisten schläft er auf einer Luftmatratze im Schlafsack. Seinen Rollstuhl befestigt er nachts mit einem Fahrradschloss an der Autotür.
Toilette im Freien
Weil es wegen der Deckenhöhe des Caddys nur schwer möglich ist, im Wagen seine Notdurft zu erledigen, hat er sich damit arrangiert, seine Sitzungen draußen zu erledigen. Selbst bei Regen. Er sucht sich einfach einen Ort, wo er von Blicken geschützt ist.
Oft funktioniert das gut, gelegentlich taucht dann doch jemand auf, weil das Abführen halt 30 Minuten dauert. Selbst in Marokko, mitten in der Wüste, wurde er von einem Beduinen überrascht: „Weit und breit war da niemand. Ich saß auf meinen Thron und auf einmal stand ein Kamel mit Reiter neben mir. Keine Ahnung, wo der hergekommen ist. Der Reiter wollte sich erkundigen, ob ich Hilfe brauchte, aber als er realisiert hat, was ich tue, ritt er wortlos von dannen.“
Für viele ein No-Go
„Taucht jemand auf, wenn ich auf dem Klo sitze, ist mir selbst das peinlich, aber den anderen ist es meisten genauso peinlich“, erzählt der Weitgereiste. „Ich lege zwar ein Handtuch über die Lenden, man sieht nichts, aber man realisiert doch, dass da einer auf der Toilette sitzt.“
Das Schamgefühl ist für viele ein No-Go. „Aber ich sage: Ich reise gerne in ferne Länder und da gibt es halt oft keine Behindertentoilette. Will ich so reisen, muss ich den Mut haben, mich in unangenehme Situationen zu begeben oder mit Herausforderungen konfrontiert zu werden, für die ich nicht einfach eine vorbereitete Lösung habe“.
Plastikbeutel statt Spülung
Die Toilette kommt ohne Wasser aus. Daniel benutzt kompostierbare Säcke, die er am Stuhlrahmen festklemmt. Die Säcke vergräbt er danach oder wirft sie in den Abfall. Zum Reinigen kommen Feuchttücher zum Einsatz.
Wacklige Konstruktion
Freistehen darf das Klapp-Klo nicht, sonst besteht die Gefahr, dass es beim Transfer umkippt. „Ich musste ein bisschen herumprobierten“, erzählt Stirnimann. Heute klemmt er das Klo zwischen Auto und geöffneter Fahrertür ein. Das gibt die nötige Stabilität. Abstützen darf man sich darauf beim Transfer aber nicht. Er benutzt zum Abstützen beim Transfer einen Griff am Auto. „Geschicklichkeit und Fitness sind gefragt“, sagt der pensionierte Psychologe, der mit 68 Jahren und einer Lähmungshöhe TH 1 immer noch einen Boden-Rollstuhl-Transfer hinbringt.
Häufig allein unterwegs
Stirnimann ist mit seinem Caddy häufig allein unterwegs. Allein ist er auch, als er noch etwas jünger war, von der Schweiz nach Indien gefahren.
Einen Reisebericht über ihn gibt es in Paracontact (Ausgabe Sommer 2025), dem Magazin der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung: Paracontact – Publikationen – SPV & Clubs – Schweizer Paraplegiker-Vereinigung (externer Link).
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