„Geierhals“ war gestern: Lesen mit der Dokumentenkamera

Bruno Janßen liest gerne und vieles auf Papier. Damit er nicht stundenlang vorneübergebeugt über den Seiten sitzt und dadurch seine Halswirbel strapaziert, nutzt er eine Dokumentenkamera und lässt sich mit ihrer Hilfe die Seiten auf Augenhöhe projizieren.

Blick nach vorne beim Lesen: Janßen nutzt eine Dokumentenkamera, um seine Halswirbelsäule zu schonen.

Janßen ist seit 44 Jahren querschnittgelähmt. Auch wenn er akribisch auf seine Körperhaltung achtet und mit Sport und Dehnung seinen Oberkörper in Form hält – der Bereich um die Halswirbelsäule hat dennoch gelitten, inzwischen wurden hier auch mehrere Bandscheibenvorfälle diagnostiziert. „Wenn ich nicht aufpasse, fallen mir im Sitzen die Schultern nach vorne und wenn ich dann auch noch ein Buch lese, wandert der Kopf noch ein Stück weiter nach vorne. Ich nenn das immer Geierhals“, sagt er. Eine Haltung, die sich auch einschleicht, wenn er in seiner Eigenschaft als Lehrer Schülerarbeiten korrigiert.

Entlastung der Schulter-Hals-Region

Und schwupps ist das gedruckte Wort auf dem Computerbildschirm – und kann dort in ergonomischer Haltung gelesen werden.

Janßen steuert dem Hang zum „Geierhals“ und den daraus resultierenden Belastungen der Schulter-Hals-Region mit einem einfachen Mittel entgegen: Er liest Analoges nach Möglichkeit nicht mehr direkt, sondern über Bande. Dazu nutzt er eine sogenannte Dokumentenkamera.

Dokumentenkameras haben in Klassenzimmern und Konferenzräumen den Overhead-Projektor abgelöst, sie gibt es für 50 Euro, aber auch für 1.500 Euro. Das Prinzip ist einfach: Man legt ein Dokument unter die Kamera, diese nimmt das Dokument auf und schickt das Bild der Seite weiter – je nach angeschlossenem Endgerät an den Bildschirm des heimischen PCs, an ein interaktives Whiteboard oder an einen Beamer, der es an die Wand projiziert.

„Ich lasse mir die Dokumente und Buchseiten auf einen Bildschirm schicken, der so hängt, dass ich bequem in aufrechter Haltung lesen kann, ohne den Kopf senken zu müssen. Das ist für meine Halswirbel eine große Erleichterung“, sagt der Nordrhein-Westfale.


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