Immuntherapie zur Wiederherstellung von Funktionen bei Querschnittlähmung

Ein großer Teil der Funktionsstörungen bei Querschnittlähmung wird nicht auf die Verletzung selbst, sondern von nachfolgenden degenerativen Prozessen an der Läsionsstelle verursacht. Eine Immuntherapie in der Akutphase könnte Abhilfe schaffen.

Wissenschaftler der Washington University School of Medicine in St. Louis entwickeln eine Immuntherapie, die die Schäden durch traumatische Rückenmarksverletzung minimieren soll. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Immuntherapie solche Schäden verringern kann, indem sie die Neuronen an der Läsionsstelle vor Angriffen durch Immunzellen schützt.

Die Hauptautoren der im September 2024 im Fachmagazin Nature veröffentlichten Studie sagen: „Unsere Studie zeigt, dass es möglich ist, die neuroprotektive Funktion von Immunzellen zu nutzen und gleichzeitig ihre schädlichen Fähigkeiten zu kontrollieren, um die Genesung nach einer Verletzung des zentralen Nervensystems zu unterstützen.“

Sofort nach dem Eintritt einer Querschnittlähmung sendet das Immunsystem T-Zellen an die Läsionssteller. Diese können die umliegenden Neuronen entweder schützen – oder schädigen.  Dr. Wenqing Gao, Postdoktorandin in der Abteilung für Pathologie und Immunologie und Erstautorin der Studie, untersuchte T-Zellen aus dem Rückenmark verletzter Mäuse und führte eine genetische Analyse durch, um ihre Identität zu entschlüsseln. Ihr Ziel war es, die schädlichen von den schützenden T-Zellen zu unterscheiden und Kopien der nützlichen Zellen zu erzeugen, die dann zur Behandlung der Versuchstiere eingesetzt werden sollten.

T-Zellen mit positiven und negativen Effekten

Sie fand heraus, dass die schützenden T-Zellen nicht nur positive Effekte haben. Sie können auch das Gewebe um die Läsion angreifen, wenn sie zu lange aktiviert sind, was zu Autoimmunkrankheiten führen kann. Um die Sicherheit der Therapie zu verbessern, veränderte Gao die Zellen so, dass sie nach ein paar Tagen deaktiviert werden. Mäuse, denen die modifizierten T-Zellen verabreicht wurden, hatten eine bessere Beweglichkeit als die unbehandelten Mäuse. Die Forscher stellten die größten Verbesserungen fest, wenn die Mäuse innerhalb einer Woche nach der Verletzung mit T-Zellen behandelt wurden. Keine der Mäuse, die eine Immuntherapie erhielten, zeigte eine Autoimmunreaktion.

Sie fasst zusammen: „Wir haben eine Immuntherapie für Rückenmarksverletzungen entwickelt, indem wir uns die schützenden Immunzellen zunutze gemacht haben, die in die verletzte Stelle eindringen, und wir haben festgestellt, dass sich die Mobilität der Mäuse dadurch dramatisch verbessert hat.“

Das Team untersuchte außerdem eine Woche lang jeden Tag den Liquor cerebrospinalis (Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit) von Menschen mit Querschnittlähmung auf T-Zellen. Sie fanden eine signifikante Vermehrung der T-Zellen und bestätigten damit, dass es möglich ist, schützende T-Zellen von solchen Patienten zu vermehren, um die Immuntherapie herzustellen.

„Unser zukünftiges Ziel ist es, eine klinische Studie zu entwickeln, um die Therapie bei Menschen mit solchen Verletzungen zu testen, und diese Arbeit auf neurodegenerative Krankheiten wie amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sowie Alzheimer und Parkinson auszuweiten“, sagte Gao.

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Wann und ob die Methode beim Menschen zum Einsatz kommen wird, ist derzeit noch unklar.

Zur Studie (in englischer Sprache) geht es hier: Engineered T cell therapy for central nervous system injury | Nature


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