Leben mit Querschnittlähmung: Hilfsmittel für das Blasenmanagement aus dem 3D-Drucker

Dominik Malzahn gelernter Technischer Zeichner und lebt mit Spina Bifida. Er kennt die Herausforderungen, die ein Leben mit Querschnittlähmung an Betroffene stellt, nur zu gut. An Lösungen arbeitet er selbst – und setzt sie mit Hilfe eines 3D-Druckers um.

Dominik Malzahn aus dem nordrhein-westfälischen Morsbach lebt mit einer Lähmungshöhe von L5/S1 und ist aufgrund einer Skoliose seit seinem 16ten Lebensjahr im Rollstuhl mobil. Seine Frau Britta hat die gleiche Lähmungshöhe, ist aber Fußgängerin. Beide nutzen zum Blasenmanagement den intermittierenden Katheterismus.

Malzahn sagt: „Statt uns von Hindernissen bremsen zu lassen, haben Britta und ich uns dazu entschlossen, aktiv nach Lösungen zu suchen, die unseren Alltag erleichtern.“ Seine Ausbildung zum Technischen Zeichner und die Lösungsorientiertheit beider ebenen hier den Weg.

„Das erste Hilfsmittel, das ich entworfen hatte, waren Ski für den Rollstuhl. Genauer gesagt für die Lenkräder, sodass man im Schnee leichter vorankommt. Ich hatte schon einen Prototypen. Aber dann kamen die Wheelblades auf den Markt. Ich war mit meine Idee einfach zu spät dran.“

Daraus lernte Malzahn zwei Dinge:

  • Erstens: Wo Probleme sind, gibt es Lösungen.
  • Zweitens: Nicht lange zögern, sondern einfach machen.

Und deshalb bietet Malzahns 3D-Druck Werkstatt 2024 gleich mehrere Produkte an.

Textilhalter zum einfacheren Katheterisieren

Textilhalter sind eine praktische Hilfe für Menschen, die beim Verwenden von Kathetern nicht die Kleidung herunterziehen möchten, denn Ober- und Unterbekleidung werden einfach zur Seite gezogen und dort an Ort und Stelle gehalten. Der Textilhalter wird mit einer kleinen Lasche in den Hosenbund eingehakt und mit der längeren Seite unter das Sitzkissen oder eine andere Sitzgelegenheit gezogen (siehe: Hilfsmittel für den intermittierenden Selbstkatheterismus (ISK)).

„Seitdem ich an einem Dekubitus operiert wurde, katheterisiere ich nur noch im Rollstuhl“, erklärt der Nordrhein-Westfale, „denn das Sitzen auf ungepolsterten Oberflächen soll ich tunlichst vermeiden. Im Krankenhaus erhielt ich dazu einen Textilhalter – und dieser machte das Katheterisieren deutlich einfacher. Die Kosten eines zweiten Textilhalters für unterwegs wurden allerdings nicht von der Krankenkasse übernommen – zudem war er zu dem Zeitpunkt auch gar nicht erst lieferbar.“

„Daraufhin habe ich mich ans digitale Zeichenbrett gesetzt und einen Entwurf meines eigenen Textilhalters gestaltet. Im Zuge dessen habe ich auch direkt die Änderungen vorgenommen, die ich mir gewünscht habe, z. B. ist die Form so vereinfacht, dass sie sich leichter unter das Rollstuhlkissen schieben lässt.“ Mit Hilfe eines 3D-Druckers, denn seine Frau ihm geschenkt hatte, wurde aus dem Entwurf ein fertiges Produkt, das heute für ihn selbst, aber auch für alle Interessierten, verfügbar ist.

Urheberrechte verletzt der technische Zeichner damit nicht. Auf den Textilhalter ist kein Patent angemeldet und auch die Rücksprache mit einem Anwalt gibt dem 42-Jährigen Sicherheit. „Da kein Patent vorliegt und ich das Design selbst vorgenommen, d.h. keine Konstruktionspläne geklaut habe, müsste ich auf der sicheren Seite sein.“

Wandhalterung für den Textilhalter

Für mehr Ordnung im heimischen Bad, liefert Malzahn auf Wunsch eine magnetische Wandhalterung gleich mit. So muss man nicht erst lange suchen, wenn man den Textilhalter einsetzten will, denn er ist immer gut aufgeräumt an seinem angestammten Platz. Diese Halterung wird mit einem Powerstrip an der Wand fixiert und der Textilhalter mit einem Magneten befestigt. Auch dies ist eine Verbesserung im Vergleich zum Original.

„Der Freehand Textilhalter wird mit einer Schwalbenschwanzaufsatz in der Wandhalterung eingebracht. Für Menschen mit eingeschränkter Handfunktion ist das keine gute Lösung“, findet er. „Außerdem war der Schwalbenschwanz bei der Verwendung im Weg.“

Spiegelhalter zum hygienischen und gezielten Katheterisieren

Ebenfalls aus Malzahns Werkstatt: Ein Spiegelhalter zum hygienischen und gezielten Katheterisieren für Frauen. Ideengeberin hier war seine Ehefrau Britta, für die die verfügbaren Lösungen nicht optimal waren. Tagsformabhängige Rückenschmerzen erschweren es ihr, sich weit genug vorbeugen zu können. Die Spiegelhalterung mit Saugnapf und Kugelgelenk vereinfachen die Handhabung erheblich. Der Tüftler sagt über seinen Entwurf: „Endlich gehört das mühsame und oft unhygienische Blindkatheterisieren der Vergangenheit an. Mit meinem innovativen Spiegelhalter können Anwenderinnen den Spiegel ganz einfach an der Klobrille oder unter dem Sitzkissen des Rollstuhls befestigen. Dadurch wird das Katheterisieren zum Kinderspiel, egal ob zu Hause oder unterwegs. Und das Beste daran: Der Spiegelhalter ist so klein und handlich, dass er für unterwegs in jede Handtasche passt.“

3 D-Druck Produkte kaufen und mitentwickeln

Malzahn bezieht Berufsunfähigkeitsrente; ein Kleingewerbe durfte er unter Beachtung einiger Auflagen und nach Rücksprache mit der Rentenversicherung trotzdem anmelden. Das sind gute Nachrichten, für alle, die an seinen Entwicklungen Interesse haben, oder selbst eine Idee haben, aber Hilfe bei der Umsetzung brauchen.

„Wer ein Hilfsmittel braucht, kann sich gerne unter malzahn-3d-druck@freenet.de (externe E-Mail) an mich wenden.“ Preise nennt er gerne auf Anfrage und auch eine Farbwahl ist möglich. Den Textilhalter gibt es z. B. in blau, rot, orange und schwarz.

„Und für wen nicht das Richtige dabei ist oder wer spezielle Wünsche hat, kann mich auch ansprechen. Vom Wunsch zur Idee zum Produkt sind es oft nur ein paar kleine Schritte.“  Was notwendig ist, ist eine Initialzündung und die Bereitschaft zum Tüfteln – und da hilft Malzahn gerne.

„Derzeit entwickle ich einen Hemdhalter. Ein Rollstuhlfahrer hat mich angesprochen, ob ich eine Idee hätte, wie man das Hemd während des Katheterisierens aus dem Genitalbereich halten könnte. Erdacht haben wir einen Haken, den man oben in den Hemdausschnitt einhängt. Der untere Teil des Hakens hält dann das Hemd hoch, sodass beim Katheterisieren kein Stück Stoff im Weg rumhängt.“

„Statt uns von Hindernissen bremsen zu lassen, wir uns dazu entschlossen, aktiv nach Lösungen zu suchen, die unseren Alltag erleichtern.“ Dies ist das Motto des Ehepaars Malzahn, das nachahmungswürdiger nicht sein könnte.


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