Darmfunktion bei Querschnittlähmung
Das Bedürfnis, den Darm zu entleeren entsteht im Normalfall durch Ansammlungen von Stuhl im Enddarm, der eine Spannung der Darmwand bedeutet. Dieser Reiz gelangt über Nerven zum Rückenmark und zum Gehirn und wird mit wellenartigem Zusammenziehen der Darmmuskulatur (Peristaltik) beantwortet. Dennoch können gesunde Menschen den Zeitpunkt der Stuhlentleerung durch Beeinflussung von Beckenbodenmuskulatur und Schließmuskeln willkürlich bestimmen. Die Darmfunktion bei Querschnittlähmung ist hingegen meist beeinträchtigt.

Eine Störung der Darmfunktion durch die Verletzung des Rückenmarks beeinträchtigt die willkürliche Entleerung des Darms zur gewünschten Zeit am gewünschten Ort. Betroffene können den Drang zum Stuhlabgang und die Beschaffenheit des Stuhls nicht oder nur teilweise wahrnehmen. Zudem ist es ihnen nicht oder nur begrenzt möglich, Stuhl von Luft zu unterscheiden. Sie können inneren und äußeren analern Schließmuskel nicht oder nur teilweise kontrollieren.
Die Fachwelt unterscheidet zwei Formen:
Lähmung des oberen motorischen Neurons (engl.: upper motor neuron lesion, UMNL)
Am unteren Ende des Rückenmarks liegt der Conus medullaris, der für die Steuerung der Darmfunktion verantwortlich ist. Ist dieser Bereich nicht geschädigt, liegt eine Verletzung des Rückenmarks also oberhalb davon, ist das sogenannte sakrale Reflexzentrum intakt. Obwohl damit auch der Analreflex intakt ist, kann er wegen der Lähmung oberhalb des Conus medullaris nicht ungestört verarbeitet werden. Die Muskelspannung und -aktivität im Darm und im Beckenboden ist erhöht (spastischer Darm). Es bestehen eine Stuhltransportstörung und eine Entleerungsstörung. Der Schließmuskel ist häufig angespannt und steht der Entleerung entgegen. Die Empfindung von Reizen in diesem Bereich ist gestört oder verändert.
Lähmung des unteren motorischen Neurons (engl.: lower motor neuron lesion, LMNL)
Die Lähmung liegt hier im Bereich des Conus medullaris, sodass ein Analreflex komplett fehlt. Die Muskelspannung im Darm und die Aktivität der Muskeln sind stark herabgesetzt. Eine Kontrolle des äußeren Schließmuskels ist nicht möglich. Damit fehlt auch die Kontrolle über die Ausscheidung von Stuhl (Stuhlinkontinenz). Die Empfindung von Reizen in diesem Bereich ist gestört oder verändert.
Was die Darmfunktion beeinflussen kann
- Flüssigkeit
Die Trinkmenge pro Tag kann die Stuhlkonsistenz und die Ausscheidung beeinflussen. (Siehe: Trinkverhalten bei Querschnittlähmung)

- Ernährung
Hier gibt es viele Kriterien, die die Verdauung beeinflussen. Das ist auch bei gesunden Menschen so und kann bei Darmfunktionsstörungen entsprechend genutzt werden. So gibt es abführende Lebensmittel, aber auch solche mit stopfender Wirkung. Die Vielseitigkeit der Lebensmittel und deren Zusammensetzung, insbesondere Ballaststoffe und Fettgehalt, sowie der Essrhythmus sollten genau erfasst und angepasst werden. (Siehe: „Ernährung bei Querschnittlähmung„)
- Bewegung
Körperliche Bewegung kann den Stuhltransport beschleunigen. Betroffene, die vorwiegend im Rollstuhl sitzen oder etwa im Zuge einer sitzenden Tätigkeit wenig Bewegung haben, sollten berücksichtigen, dass z. B. physiotherapeutische Maßnahmen zu einer Veränderung der Darmentleerung führen können.
- Entspannung
Autogenes Training, Feldenkrais oder etwa Progressive Muskelentspannung können gerade bei einem spastischen Darm, der übermäßig angespannt ist, dazu führen, dass Stuhl besser abgeführt und auch Luft besser entweichen kann. (Siehe: Entspannungsmethoden)
- Regelmäßigkeit
Alltägliche Abläufe wie Essenszeiten oder ggf. Abführrhythmus können einen wesentlichen Einfluss auf die Darmentleerung haben, da der Darm sich daran gewöhnt.
- Darmtätigkeit anregen
Der Darm wird aktiv, sobald Nahrung den Magen erreicht (gastrokolischer Reflex). Dieser Reflex ist tendenziell auch bei Menschen mit Querschnittlähmung noch vorhanden. Ihn kann man nutzen. Um den Reflex auszulösen, isst oder trinkt man 15 bis 30 Minuten vor den ersten Entleerungsversuchen, das kann auch die Tasse Kaffee am Morgen sein.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenAuch interessant sind die englischsprachigen Informationen von Model Systems Knowledge Translation Center (MSKTC), einer US-amerikanische Organisation, die Gesundheitsinformationen in leichter Form für Patienten (mit u. a. Querschnittlähmung) sowie deren Familien und Fachpersonen darstellt.
Die Darmfunktion bei Querschnittlähmung https://msktc.org/sites/default/files/SCI-BowelFunct-Infocomic-508_1.pdf
Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Die genannten Produkte, Therapien oder Mittel stellen keine Empfehlung der Redaktion dar und ersetzen in keinem Fall eine Beratung oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch medizinische Fachpersonen.
Der-Querschnitt ist ein Informationsportal. Die Redaktion ist nicht dazu berechtigt, individuelle Beratungen durchzuführen.