Leben mit Querschnittlähmung: Klaus Peter Hölzl liebt seinen kleinen Fuhrpark aus adaptierten Rennwägen und einem VW Käfer
„Ja, wie? Keine Servo-Lenkung? Kein Bremskraftverstärker? Keine Automatik-Schaltung? Das geht aber nicht!“ – Und ob das geht! Zumindest bei Klaus Peter Hölzl. Der querschnittgelähmte Oldtimer-Fan hat bei sich in der Garage ein paar Schätzchen stehen. Alle wurden von ihm behindertengerecht umgebaut, „sind natürlich vom TÜV abgenommen“ – und machen einfach nur Spaß beim Fahren.

Hölzl ist ein Schrauber. Wenn an einem seiner Oldtimer etwas zu tun ist, macht er das am liebsten selbst: „Ich bocke das Auto hoch und lege mich dann auf eine Turnmatte, mit der ich mich unters Auto ziehe. Sieht vielleicht blöd aus, aber es funktioniert einwandfrei.“
„Wir machen alles selbst“
Mit genauso viel entspanntem Enthusiasmus stürzen er und seine Schrauber-Freunde sich auch auf grundlegende Umbauarbeiten, die nun einmal nötig sind, wenn ein querschnittgelähmter Mensch einen Oldtimer fahren will. „Wir bauen mittlerweile fast alles selbst und stellen es dann dem TÜV vor. Man muss halt einen Prüfer finden, der selbst Spaß an alten Autos hat. Und wenn wir dann ein Handgerät präsentieren, das mindestens so gut ist wie die originale Gas-Brems-Kupplungs-Kombi, freut der sich auch. Oder man wendet sich eben an einen Umbau-Spezialisten, wenn man selbst nicht so der Schrauber ist. Hauptsache, der Oldtimer ist nach dem Umbau verkehrstüchtig und man kann mit ihm auch auf der Straße fahren.“
Stilgerecht und möglichst nah am Original bleiben, wenn man sein Fahrzeug für die eigenen Bedürfnisse adaptiert, das ist eigentlich gar nicht vorgesehen, erzählt Hölzl: „Die meisten behinderten Menschen dürfen gar kein Schaltgetriebe fahren, eine Kupplung ist in den entsprechenden Unterlagen gar nicht mehr vorgesehen. Da wird stillschweigend davon ausgegangen, dass alle nur noch Automatik fahren“. *
Aber darauf hat der 56-Jährige nur bedingt Lust. In seiner Garage stehen unter anderem ein VW Käfer Baujahr 1963, eine schwarze „Super-7 Caterham-Rennsemmel“ von 1988, ein roter Alfa Romeo 4c mit Rennsport-Technik, der eigentlich seiner Frau gehört, den er aber auch umgebaut hat und fahren „darf“, als Alltagsfahrzeug ein VW-Bus, auch schon 16 Jahre alt.
Der Käfer ist im Sommer mehr oder weniger der Daily-Driver: „Meine drei Kinder, der Rollstuhl, das Vorspanngerät … hat alles im Käfer Platz. Damit fahre ich gerne zum Baden.“ Wenn er sich hinter Caterhams Lenkrad klemmt, werden die Räder des Rollstuhles am Überrollbügel festgebunden; „geht alles“.

Im ganzen Leben erst ein Unfall
Bisher hat ihn seine Motorleidenschaft noch nie in eine gefährliche Situation gebracht. „Ich hatte nur einen einzigen Unfall in meinem Leben. Da war ich als 21-Jähriger mit dem Motorrad in der Stadt unterwegs und ein Linksabbieger hat mich runtergeholt.“ Seither hat er eine komplette Querschnittlähmung auf Höhe des dritten Brustwirbels.
Die Begeisterung fürs Motorisierte ist geblieben. Vor drei Jahren war er als Zuschauer bei der Mille Miglia in Italien dabei, einem Straßenrennen für historische Fahrzeuge. „1.600 Kilometer bei 36 Grad. Unvorstellbar, dass jemand wie ich, der ja nicht schwitzen kann, da mitfährt, auch wenn es noch so schön wäre. Auch die Städte sind dann total aufgeheizt. Auf die Frage an einen Teilnehmer mit hochrotem Kopf in einem offenen Austin Healey, wie man diese Hitze den ganzen Tag packt, meinte der lapidar: da trinkst´ 6 bis 7 Liter Wasser am Tag, dann geht das schon…“
Aber begeistert hat ihn das Rennen auch als Zaungast: „Die Italiener sind völlig verrückt. Was für ein tolles Straßenrennen, überall Polizeieskorten, die alles weghupen. Und die Szene ist völlig bunt, alle haben Spaß. Da siehst du halt auch Multi-Millionäre, die am Boden rumkriechen, um was zu reparieren.“ Offenbar eine typische Körperhaltung für alle Oldtimer-Fans (siehe oben).
Stabiles Netzwerk aus alten Freunden
Hölzl schaut sich solche Rennen und Veranstaltungen gerne an, „selber teil nehmen muss nicht sein, zudem ist der Geldbeutel dafür zu klein“.
Daheim im Rosenheimer Land fährt er gerne eines seiner Spaßmobil aus. Als er sich seine alten Autos kaufte oder wenn Reparaturen und Umbauten anstehen, kann Hölzl auf einen Kreis aus ebenfalls motorbegeisterten Freunden vertrauen, zum Beispiel auf einen fachkundigen Kumpel, der selbst lange Käfer-Rennen gefahren ist. So wie beinahe sein ganzes Umfeld begleitet auch er ihn schon fast sein ganzes Leben. „Mein Freundeskreis hat sich durch meine Querschnittlähmung kaum verändert. Das sind dieselben Leute wie vor dem Unfall“.
Nur eine kam erst nach dem Unfall dazu: Seiner Frau Katalin, mit der er seit über 25 Jahren verheiratet ist, kommt seine Auto-Leidenschaft sehr entgegen: Sie selbst fährt begeistert Motorrad. Als sie am Anfang der Beziehung merkte, dass das Freizeitvergnügen sehr ungleich verteilt war, gab sie den Anstoß zu seiner Klassiker-Liebe: „Irgendwie wäre es doch schön, wenn du auch wieder etwas hättest, für das du brennst.“ Und so kam der Caterham Super Seven in die motorbegeisterte Familie: „Leichtbau, kein Klima, kein ABS, zwischen 490 und 600 Kilo schwer und bis zu 300 PS stark. Das ist Fahren pur, keine Scheibe (die billigsten 10 PS), keine Türen, kein Dach, nix!“ Der Käfer kam zum 20. Hochzeitstag und der Alfa musste einfach sein, da alle in der Familie Alfa Romeo Fans sind.
„Will mich mehr engagieren“
Nun ist es aber nicht so, dass Hölzl sein komplettes Leben auf einer ölverschmierten Turnmatte unter irgendeinem Auto verbringt. Das ist nur sein Hobby. Im wahren Leben ist er Hausmann. Als das erste Kind kam, war rasch klar, dass der gelernte Kaufmann die Rolle wechseln und Haus und Kinder versorgen würde. „Aber jetzt ist die Jüngste 13, da wird es Zeit für etwas neues.“ Gerade ist Hölzl dabei, ein Oldtimer-Treffen für Fahrer mit Behinderung zu organisieren. „Die letzten Jahre habe ich mit Rollstuhlfahrern weniger Kontakt gehabt. Da möchte ich mich in Zukunft ein bisschen mehr engagieren und zum Teil verloren gegangenes Wissen im Bereich Fahrzeugumbau wieder aufleben lassen und weiter geben.“
Mehr Impressionen von Hölzls Fahrzeugen gibt es auf seinem Instagram-Account: Klaus Peter Hölzl (@glausbaeda) • Instagram-Fotos und -Videos.
*Kleiner Exkurs für Experten: Bis 1998 wurde, so Hölzl, das Handgerät für Gas, Bremse und Kupplung ab Werk von VW für Golf, Passat usw. angeboten. „1999 verkaufte Arne Bruhn, Hersteller der Handgeräte, seine Firma an Veigel, die das Handgerät aus dem Programm nahmen. Heute kann sich kaum noch jemand daran erinnern, was über Jahrzehnte gut und bewährt war.“
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