Leben mit Querschnittlähmung: Mit konsequenter Ernährungsumstellung Arthrose in den Griff bekommen

Bruno Janßens Körper ist nach Jahren mit Querschnittlähmung in einer „muskulären Disbalance“ – so beschreibt er seinen Zustand. Operationen und Schulmedizin haben ihm zwar geholfen, aber Janßen wollte zusätzlich selbst aktiv etwas für seinen Körper und gegen die Schmerzen tun. Seine Lösung: Eine konsequente Ernährungsumstellung.

Janßen achtet konsequent auf seine Ernährung.

Janßen ist seit 44 Jahren querschnittgelähmt. 2007 wurde bei ihm eine posttraumatische Syringomyelie mit Symptomen wie Empfindungsstörungen, Lähmungen und Schmerzen im linken Arm einschließlich Hand diagnostiziert. Die Syringomyelie ist eine häufig spät erkannte Folgeerkrankung bei Querschnittlähmung (siehe Beitrag Posttraumatische Syringomyelie bei Querschnittlähmung). Sie begünstigte bei Janßen die Entstehung einer linksseitigen Schulterarthrose. Einige Folgen der Syringomyelie konnten operativ zum Stillstand gebracht werden, ein weiterer Eingriff brachte Linderung bei den Schulterproblemen.

„Was kann ich gegen die Schmerzen und Entzündungen tun?“

Diesen Status quo wollte Janßen auf jeden Fall erhalten. Das Einsetzen eines künstlichen Schultergelenkes, das ihm nahegelegt wurde, wollte er verhindern und körperliche Belastungen wie die immer wiederkehrenden, arthrosebedingten Entzündungen weiter abschwächen.

Er machte sich auf die Suche nach Ursachen und Lösungen – und fand sie in seiner Ernährung. Wichtige Impulse gab ihm dabei unter anderem ein TV-Format des NDR („Die Ernährungs-Docs“), in dem Ärzte unter dem Slogan „Essen als Medizin“ die Wechselwirkungen zwischen Ernährung und einzelnen Krankheitsbildern thematisieren.

Dort werden als Basis einer Ernährungstherapie gegen Arthrose und Entzündungen zwei Säulen genannt:

  1. Abnehmen, um die Gelenke zu entlasten
  2. Bewusste Lebensmittelauswahl zur Linderung von Entzündungen

„War richtiger Zucker-Junkie“

Von diesem Beitrag (siehe externer Link: Arthrose: Symptome, Ursache und Hilfe | NDR.de – Ratgeber – Gesundheit) inspiriert, stellte Janßen seine Ernährung um: „Ich war ein richtiger Zuckerjunkie“, erzählt er. „Das fing schon bei meinen sechs Tassen Kaffee am Tag an – in jede kamen 3 Teelöffel Zucker.“ In einem Teelöffel passen etwa 5 Gramm Zucker. Macht bei 3 Löffeln in 6 Tassen bereits 90 Gramm reinen Zucker.
Viel.
Zu viel.
Zum Vergleich: Ein Konsensus-Papier von „Deutscher Adipositas Gesellschaft“, „Deutscher Diabetes Gesellschaft“ und „Deutscher Gesellschaft für Ernährung“ empfiehlt, dass maximal 10% der Gesamtenergiezufuhr aus freiem Zucker bestehen sollte, was etwa 50 Gramm entspricht. „Versteckte“ Zucker in Fruchtsäften, Sirupen und ähnlichem miteingerechnet.

Zucker gilt als ein Lebensmittel, das Entzündungen anfeuern kann (siehe auch Chronische Entzündungen und Querschnittlähmung.) Zudem gibt es Hinweise, dass ein zu viel an Zucker und ungesättigten Fettsäuren Knorpel und darunter liegende Knochen direkt schädigen können. Und dick macht er auch – was bei Menschen mit Querschnittlähmung fast immer bedeutet, dass die Schultern unnötiges Gewicht bewegen müssen, im manuellen Rollstuhl genauso wie mit der Gehhilfe.

Intervall-Fasten als Grundprinzip

„Ich habe dann überall, wo ich konnte, ganz konsequent den Zucker weggelassen, heute komme ich auf ungefähr 30 Gramm Zucker am Tag“, sagt Janßen. Was sich auch positiv auf sein Gewicht auswirkte. Insgesamt hat der Lehrer 10 Kilogramm abgenommen, was er heute bei jedem Transfer deutlich spürt.

Allein durch die Zucker-Reduktion hat das nicht geklappt. Janßen setzt seit 5 Jahren auf das Intervall-Fasten: „Das ist für mich ganz zentral geworden. Ich beachte die 16:8-Methode, das heißt: Ich nehme 16 Stunden keine Kalorien zu mir. Ganz konkret lasse ich das Frühstück weg und trinke nur Kaffee, aber ohne Zucker! Und nach 20 Uhr nehme ich auch nichts mehr zu mir, was Kalorien hat“. Dadurch schmolz sein Viszeralfett, das in der Bauchhöhle sitzt und sich um innere Organe legt. Dieses innere Bauchfett ist sehr stoffwechselaktiv, bildet und sendet Botenstoffe, die unter anderem Entzündungsprozesse in Gang setzen können.

„Nach zwei Jahren war meine Arthrose gestoppt und jetzt tue ich viel dafür, dass mein Körper auf diesem Level bleibt“, sagt Janßen. „Dazu gehört auch, dass ich viel mit dem Handbike unterwegs bin. Ich fahre an die 5.000 Kilometer im Jahr Zudem dehne ich mich mehrmals täglich nach der Liebscher und Bracht-Methode, um den Muskelverkürzungen entgegenzuwirken.“

Seine Diät hält er bis heute ein: Wenig Zucker, nahezu kein Alkohol, kontrollierte Esszeiten und bewusste Nahrungsaufnahme. Damit schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe: Weniger Gewicht, weniger Entzündungen. „Die sind für mich ein großes Problem, denn die machen den Schmerz, die entzündeten Stellen werden heiß und schwellen an. Das will ich alles nicht mehr. Oder zumindest nur noch so selten wie möglich.“

Bewusster Blick auf die Inhaltstoffe

Hier kommt Janßens zweite Ernährungssäule ins Spiel: Er lässt nicht nur weg, er nimmt auch bewusst zu sich und achtet auf eine regelmäßige Aufnahme von Wirkstoffen, die als entzündungshemmend gelten, zum Beispiel Senföle, Hagebuttenpulver, Heidelbeeren, Omega-3-Algenöl und Curcuma. „Aber das macht die Zähne so gelb, das nehme ich inzwischen in Form von Kapseln“. (Weitere Anregungen gibt es im Beitrag Diese sieben Lebensmittel können Entzündungen hemmen.)

In der Hauptsache jedoch vertraut er auf eine abwechslungsreiche Mischkost: „Viel Gemüse, möglichst bunt, möglichst mediterran“. Und – zwecks der Ausgewogenheit – mittags als Nachtisch immer einen kleinen Riegel Schokolade, bevorzugt Nuss. Denn ein bisschen Süße darf sein.


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