Leben mit Querschnittlähmung: Von der Harnwegsinfektion zur Blutvergiftung
Olaf Schillinger ist seit einem Verkehrsunfall mit 16 Jahren querschnittgelähmt. Mit den Konsequenzen, die eine Rückenmarksverletzung mit sich bringen kann, hat er so seine Erfahrungen. Wiederkehrende Harnwegsinfektion führten 2024 zu einer Blutvergiftung.

Olaf Schillinger lebt seit 1997 mit inkompletter Tetraplegie. Sein Blasenmanagement erfolgt über den intermittierenden Katheterismus. Wiederkehrende Harnwegsinfektion begleiten ihn von Anfang an. Er sagt: „Früher wurden die Antibiotika sehr großzügig verschrieben. Teilweise wurden schon bei kleinen Beschwerden und ohne Urinanalyse Antibiotika gegeben. Nach fünf Tagen war dann meist alles wieder gut. Rückblickend glaube ich, dass dieses Vorgehen damals zwar bequem aber ein Fehler war. Denn nun sitzt ich jetzt da mit den Resistenzen. Von den ca. 15 verfügbaren Antibiotika helfen mir heute nur noch höchstens die Hälfte.“
Seit einigen Jahren findet ein Umdenken statt und Antibiotika werden nicht mehr so schnell verschrieben. Schillinger nimmt sie erst, wenn Fieber auftritt oder bei einer Messung ein starker Anstieg der weißen Blutkörperchen festgestellt wird. Die Anzeichen einer Harnwegsinfektion erkennt er inzwischen im Voraus. „Wenn ich merke, dass mein Urin trübe wird, fange ich sofort an mit natürlichen Mitteln gegenzusteuern. Die Einnahme von Antibiotika ist so meist gar nicht erst nötig.“
Wie aus der Blasenentzündung eine Blutvergiftung wurde
Im April 2024 führte dann eine akute Harnwegsinfektion zu einer Nierenbeckenentzündung.„Innerhalb von wenigen Stunden stieg mein Fieber auf über 40 Grad. Die Nacht verbrachte ich noch zuhause, aber als es mir am kommenden Morgen nicht besser ging, rief ich den Krankenwagen. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich kaum noch klar denken.“
Trotzdem musste sich Schillinger Vorwürfe anhören. Fieber wäre wohl kaum ein Notfall und wegen solcher Dinge riefe man nicht den Krankenwagen. Schillinger setzte seine Belange durch und wurde in die Notaufnahme gebracht.
„Dort wurde dann festgestellt, dass es sich bei dem Erreger um einen resistenten Keim handelte, der in die Blutbahn übergegangen war und auch schon auf die Lunge übergegriffen hatte.“
Die Sepsis, die Lungenentzündung und die zu Grunde liegende Harnwegsinfektion wurden mit einem selten eingesetzten Antibiotikum intravenös behandelt.
„Ich musste zehn Tage im Krankenhaus zur Antibiose bleiben. Nach drei, vier Tagen ging das Fieber runter und ich wurde wieder klarer im Denken. Das war eine ziemliche Erleichterung, denn dies bedeutete ja, dass das Antibiotikum gegen den resistente Keim wirkte.“
Blutvergiftung = Sepsis
Eine Sepsis oder Blutvergiftung ist keine Vergiftung im herkömmlichen Sinne, sondern entsteht, wenn die körpereigene Abwehrreaktion gegen eine Infektion das eigene Gewebe und die eigenen Organe schädigt. Bei Querschnittlähmung ist besondere Vorsicht geboten, da eine höhere Wahrscheinlichkeit gegeben ist an Auslösern für eine Sepsis zu erkranken. Zu diesen gehören Druckstellen, Harnwegsinfekte und Lungenentzündungen.
Prophylaxe und regelmäßige Kontrolle
Heute setzt Schillinger für seine Gesundheit auf Prophylaxe und regelmäßige Kontrolle.
„Sechsmal im Jahr mache ich Urin- und Blutkontrolle beim Hausarzt, um festzustellen wie hoch (oder niedrig) die Entzündungswerte sind. Solange sie im Normalbereich sind, ist alles gut. Wenn nicht, lasse ich mir ein Antibiotikum verschreiben.
Besonders großen Wert lege ich jetzt aber auch auf vorbeugende Maßnahmen. Dazu gehören: viel trinken. Wenn ich merke, dass mein Urin auch nur ein bisschen trübe ausschaut oder ich merke, dass mein Blasenvolumen sinkt, sind das schon die ersten Zeichen für einen neuen Infekt. Dann fange ich sofort damit an Birkenblättertee zu trinken. Gute Erfahrungen habe ich auch mit D-Mannose, Angocin und Acimol gemacht.“
„Ich würde anderen Betroffenen raten: Versucht es immer erst mit anderen Mitteln,“ resümiert Schillinger. „Wenn es euch trifft und ihr Resistenzen habt, seht ihr alt aus. Es gibt so viele Dinge, die man zur Vorbeugung versuchen kann. Wenn es mit dem einen Mittel nicht klappt, dann versucht ein anderes. Antibiotika ist für mich immer erst dann eine Lösung, wenn Fieber auftritt oder der CRP-Wert so hoch ist, dass es keine andere Option gibt.“
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