Vom Boden in den Rollstuhl – Mit und ohne Hilfsmittel
Tranfers aus dem Rollstuhl auf den Boden und wieder zurück gehören zu den schwierigsten Manövern, die man als Rollstuhlfahrer zu bewältigen hat. Mit etwas Übung ist es aber durchaus machbar. Mit und ohne Hilfsmittel.

Aus dem Rollstuhl zu fallen ist schon an sich keine schöne Vorstellung, doch der Gedanke gewinnt eine Extradimension des Unangenehmen, wenn man alleine lebt und es ohne Hilfe anderer nicht schafft vom Boden wieder in den Rollstuhl zu kommen. Bis zu einer gewissen Lähmungshöhe, d. h. bei gegebener Oberkörperstabilität und ausreichender Armkraft, können Querschnittgelähmte den Transfer vom Boden in den Rollstuhl aber sehr gut alleine schaffen.
Rollstuhlfahrer Tobias Knecht (†), Lähmungshöhe Th7, zeigt in folgendem Video, wie er vom Boden in den Rollstuhl gelangt:
- Dabei zieht man den Rollstuhl so an sich heran, dass man selbst in seitlicher Position vor Lenkrollen und Fußraste sitzt und der eigene Rücken und das rechte Rollstuhlrad auf einer Linie sind.
- Um Verletzungen vorzubeugen, muss die Bremse des Rollstuhls unbedingt angezogen sein, damit er unter dem Gewicht des Nutzers nicht wegrollt.
- Nun winkelt man die Knie an und zieht beide Füße so nahe wie möglich an das Gesäß.
- Dann stemmt man sich mit der linken Hand auf der linken Rollstuhllehne und mit der rechten Hand auf dem Boden nach oben und dreht den Rumpf schnell auf den Sitz.
Transfer vom Boden in den Rollstuhl mit Oberschenkelgurt
Transfer vom Boden in den Rollstuhl mit Sitzkissen
Die Hilfsmittel
Para Ladder für den sicheren Transfer
Die Para Ladder, dt.: Para Leiter, ist ein ebenso einfaches wie geniales Hilfsmittel, das den Transfer vom Boden in den Rollstuhl erheblich erleichtert. Während die meisten gängigen Transferhilfsmittel (siehe: Rutschbretter für den Transfer im Sitzen und Transfertechniken bei Para- und Tetraplegie) flach sind und lediglich den Transfer mit geringen Höhenunterschieden erleichtern, bietet die Para Ladder eine Hilfe für all jene, die es nicht ohne weiteres vom Boden aus in den Rollstuhl und wieder zurück schaffen.
Die Para Ladder ist die Erfindung des selbst querschnittgelähmten US-Amerikaners Rene de la Tour. Sie ist aus Aluminium gefertigt, 5,5 Kilogramm schwer und zusammenkappbar, was für einen vereinfachten Transport sorgt. Ausgelegt ist die Para Ladder für eine Nutzlast von 300 Kilogramm.
Die Para Ladder funktioniert wie eine Leiter eben. Auf den Griffen an den Seitenteilen können Querschnittgelähmte mit ausreichender Armkraft sich rückwärts Stück für Stück zum Rollstuhlsitz hochziehen, wobei ein Ausruhen und Kräftesammeln auf jeder Stufe möglich ist. Laut Hersteller ist jeder, der in der Lage ist einen Positionswechsel im Rollstuhl im Rahmen der Dekubitusprophylaxe vorzunehmen auch dazu fähig die Stufen der Para Ladder zu schaffen.
Dieses Video zeigt, wie die Para Ladder in der Praxis funktioniert:
Und so kommt man mit der Para Ladder einfach aus dem Pool in den Rollstuhl:
Im Frühjahr 2020 ist die Herstellerwebsite www.paraladder.com nicht zu erreichen, was nahelegt, dass die Produktion eingestellt wurde. Bei einer Onlinesuche findet man das Produkt hin und wieder bei einzelnen (amerikanischen) Versandhändlern.
ResQup
Ein ähnliches Produkt gibt es hier. Das ResQup System gibt es in drei Farben. Es funktioniert ebenso wie die ParaLadder, indem es dem Betroffenen die Möglichkeit gibt sich wieder Stufe für Stufe vom Boden in den Rollstuhl hochzuarbeiten.
StandUP Hebesitz
Wenn ein Langsitz möglich ist und die Arme eine Stützfunktion haben, kann der tragbare Hebesitz StandUP es Menschen mit Querschnittlähmung ermöglichen, allein und ohne weitere Hilfe von anderen vom Boden in den Rollstuhl zu gelangen.
Der StandUP ist klein, leicht und zusammenklappbar; es gibt ihn in den Ausführungen Mini (Gewicht 11,5 Kilo, Traglast bis zu 160 Kilo) und Maxi (Gewicht 23 Kilo, Traglast bis zu 180 Kilo). Er ist laut Hersteller einfach zu handhaben, Montage bzw. Demontage sind unnötig und zur Verwendung sind keine Gurte oder Seile notwendig. Zum Transfer muss man lediglich Stützbeine und Sitz herunterklappen und es kann losgehen. Erhältlich ist der StandUP z. B. hier: www.hebesitz.de
Wie sinnvoll sind diese Hilfsmittel?
Natürlich stellt sich auch die Frage nach dem Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen, den eines der genannten Hilfsmittel im Alltag wirklich bringt. Wenn man nämlich tatsächlich aus dem Rollstuhl fallen sollte, dann sicher nur zufällig in praktischer Nähe des Hilfsmittels.
Für alle allerdings, die das System oft geplant einsetzen möchte, z. B. bei Therapieanwendungen am Boden, bei der Nutzung eines Schwimmbeckens, beim Umsteigen in ein Liegebike oder Kinder beim Spielen, könnte die Investition durchaus sinnvoll sein.
Und für ein Beispiel aus der Praxis siehe: Leben mit Querschnittlähmung: Der Wannenlift im Wohnzimmer
Hilfe für Pflegende
Es gibt auch Hilfsmittel, die nicht zur Unterstützung der Selbständigkeit dienen, sondern dazu, Pflegenden ihre Aufgabe zu erleichtern. Wenn eine zu betreuende Person nicht alleine aufstehen kann, und die Pflegeperson möglichst kraftschonend helfen möchte, gibt es z. B.:
Raizer Patientenhebestuhl
Der Raizer ist vor allem als kraftsparende Hilfe für Pflegende gedacht, denn mit Hilfe des Raizers gelinkt es einer einzelnen Personen, einen am Boden liegenden Patienten in eine sitzende oder stehende Position zu bringen. Das Hilfsmittel wird dazu um den Patienten herum aufgebaut. Wenn er oder sie sicher positioniert ist, wird der Hebestuhl nach oben gefahren bis die erwünschte Höhe erreicht ist und ein bequemer Transfer vorgenommen werden kann. Allerdings ist zu beachten, dass der Raizer für Menschen mit Querschnittlähmung nicht uneingeschränkt geeignet ist, da die Sitzfläche sehr schmal ist.
Den Raizer gibt es bei Händlern z. B. hier.
Für Pflegepersonen sind evtl. auch diese Notfallaufstehhilfe interessant, die auf online-wohn-beratung.de vorgestellt werden: Mangar Notfall-Hebekissen – Sicheres Aufrichten von gestürzten Personen und aacurat: HEBIX – mobile Hebehilfe – leichtes Aufheben von am Boden liegenden Personen.
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Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Die genannten Produkte stellen keine Empfehlung der Redaktion dar und wurden, falls nicht anders vermerkt, nicht von der Redaktion getestet. Der Beitrag ersetzt in keinem Fall eine Beratung oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch Fachpersonen. Ob und in welchem Umfang private Krankenkassen die Kosten für Hilfsmittel, Therapien o.ä. übernehmen, ist individuell in der jeweiligen Police geregelt. Allgemeingültige Aussagen können daher nicht getroffen werden.