Zusatzantriebe für manuelle Rollstühle
Rollstuhlzuggeräte, Schiebe- und Bremshilfen, Radnabenantriebe – für manuelle Rollstühle gibt es zahlreiche Zusatzantriebe. Mitunter lassen sie sich nach Bedarf an- und abkoppeln, in anderen Varianten sind sie fest mit dem Rollstuhl verbaut. Ein Überblick.

Zusatzantriebe für manuelle Rollstühle haben für den Menschen im Rollstuhl, gegebenenfalls aber auch für den Menschen, der ihn schiebt, zahlreiche Vorteile. Vor allem bei Steigungen, auf schwierigem Untergrund oder bei langen Wegstrecken können Zusatzantriebe das Fortkommen deutlich erleichtern.
Die kleinen, meist elektrisch betriebenen Helferlein erhöhen also die Mobilität von Menschen im Rollstuhl. Weshalb sie auch quasi automatisch ihre Selbstbestimmtheit, ihre Freiheit – und den Spaßfaktor bei Outdoor-Trips vergrößern.
Zudem punkten sie auch mit einem gesundheitlichen Plus. Wer im manuellen Rollstuhl mit Unterstützung eines Zusatzantriebs unterwegs ist, entlastet seine Schultern. Gerade für Menschen mit Querschnittlähmung, die jahrzehntelang auf ihren körpereigenen Motor angewiesen sind, ein wichtiger Aspekt. (Siehe dazu auch die Beiträge Bei Querschnittlähmung: Diese sechs Punkte helfen, die Schultern zu entlasten – Der-Querschnitt.de und Schulterproblematik bei Querschnittlähmung – Der-Querschnitt.de).
Zusatzantriebe für manuelle Rollstühle: Die Qual der Wahl
Zusatzantriebe müssen auf jeden Fall zu den Bedürfnissen und Mobilitätswünschen des jeweiligen Rollstuhlfahrers passen. Deshalb gibt es nicht den einen Zusatzantrieb, der für alle passt, sondern einige unterschiedliche Systeme. Das offizielle Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands nennt mehrere Kategorien von Zusatzantrieben. Die unten genannten Beschreibungen der jeweiligen Hilfsmittelgruppen orientieren sich an den Erläuterungen im Rehadat-Hilfsmittelverzeichnis.
1. Abnehmbare Zusatzantriebe
Diese an- und abkoppelbaren Zusatzantriebe listet das Hilfsmittelverzeichnis unter anderem in der Kategorie „Rollstuhl-Zuggeräte/-Schubgeräte, abnehmbar“ (externer Link), aber auch in der Kategorie „Elektromotorische Rollstuhlzusatzantriebe“ (externer Link).
1.1. Rollstuhl-Zuggeräte, abnehmbar
Die Geräte arbeiten wie ein Zugpferd: Der Rollstuhlfahrer koppelt sie vor seinen manuellen Rollstuhl und lässt sich ziehen. Die Zuggeräte bestehen meist aus einem Rad, einem Holm, an dem der Elektromotor angebracht ist und einer Lenkgabel (manchmal auch einem Führungsholm), mit dessen Hilfe der Fahrer das Tempo bestimmen und das Gespann lenken kann.
Die abnehmbaren, beziehungsweise ankoppelbaren Zuggeräte haben viele Vorteile. Dazu Rehadat: Diese Geräte ermöglichen es Rollstuhlnutzern, „handbetriebene Rollstühle mit einem elektrischen Antrieb auszustatten, ohne nennenswerte Änderungen am Rollstuhl vornehmen zu müssen. Die Vorteile des handbetriebenen Rollstuhles bleiben dabei erhalten.“
Zu finden im GKV-Hilfsmittelverzeichnis unter diesem externen Link: https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home/verzeichnis/a41e65d3-a2db-47f6-84a8-5495cfc2200e
Für mehr Informationen siehe auch Rollstuhl-Zuggeräte: Zusatz-PS für Tetra- und Paraplegiker – Der-Querschnitt.de
1.2. Rollstuhl-Schubgeräte, abnehmbar
Auch durch abnehmbare Rollstuhl-Schubgeräte erhält ein manueller Rollstuhl einen Motor, ohne dass nennenswerte Änderungen am Hilfsmittel vorgenommen werden müssen. Sie treiben den Rollstuhl mit einem Elektromotor und eigenen Rädern an.
Die Schubgeräte koppelte man von hinten an das Gestänge des Rollstuhls an. Bremsen, Tempo-und Richtungsbestimmung sind entweder über einen Lenker, der fest am Gerät montiert ist, möglich oder über eine Bedieneinheit, die zum Beispiel an den Schiebegriffen angebracht ist.
Die abnehmbaren Schubgeräte sind vor allem zur sogenannten „Fremdnutzung“ gedacht. Wenn der Rollstuhlfahrer aufgrund motorischer Einschränkungen keinen Zusatzantrieb selbst steuern kann, seiner Begleitperson aber die körperlichen Kräfte fehlen, um den Rollstuhl dauerhaft oder auf schwierigen Untergründen zu schieben, können sie zum Einsatz kommen.
Zudem unterstützen diese Geräte häufig auch beim Bremsen. Im Hilfsmittelverzeichnis werden sie als „Rollstuhl-Schubgeräte“ geführt, im Handel findet sich aber auch häufig Bezeichnungen wie „Schiebehilfe“ oder „Brems- und Schiebehilfe“.
Zu finden im GKV-Hilfsmittelverzeichnis unter diesem externen Link: https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home/verzeichnis/2de081f8-84cc-41ae-8eda-da8ac8311f04
1.3. Elektromotorische Rollstuhlzusatzantriebe
Laut GKV kleine, kompakte, akkubetriebene Antriebseinheiten „für den Innenraum und Außenbereich/Straßenverkehr, mit indirekter Lenkung, welche mittels eines Halterungssystems an Leichtgewicht- und Adaptivrollstuhl adaptiert werden können.“ Der Antrieb besteht aus dem Motor, dem Antriebsrad, den Antriebsbatterien und der Halterung. Gesteuert werden diese Antriebe mithilfe eines sogenannten „Smart-Device“, das zum Lieferumfang gehört. Das Eingabegerät kann zum Beispiel ein Handy sein oder eine Sportuhr.
Diese Zusatz-Aggregate koppelt man hinten an den Rollstuhl an.
Unterschieden werden zwei Varianten:
1.3.1. Einrädrig zur Eigennutzung
Die hier aufgeführten Modelle sind für Selbstfahrer gedacht. Selbst das Ankoppeln – so lässt es ein Blick in verschiedene Produktvideos vermuten – scheint vom Rollstuhl aus möglich zu sein.
Zu finden im GKV-Hilfsmittelverzeichnis unter diesem externen Link: https:/ /hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home/verzeichnis/44343b13-31b9-4ed9-bd7b-d6f5ae6a33ff
1.3.2. Einrädrig zur Fremdnutzung
Im Gegensatz zu den Zusatzantrieben für die Eigennutzung steuern in diesem Fall Begleitpersonen den Rollstuhl. Dazu können sie je nach Modell Joysticks, Gasgriffe oder Schalter nutzen, die an den Schiebegriffen montiert sind. Bei Nichtnutzung kann die Begleitperson den Antrieb wieder entfernen.
Die Antriebseinheit besteht aus Motor, Antriebsrad, Batterien, Halterung und Steuerelektronik. Ähnlich wie die Schiebehilfen platziert man auch diese Zusatzantriebe hinter, bzw. unter dem Rollstuhl-Sitz. Die Grenzen zwischen diesen beiden Kategorien scheinen ohnehin fließend zu sein, beide Varianten werden im Handel als „Schiebehilfe“ angeboten. Offensichtlicher Unterschied: Rollstuhl-Schubgeräte, abnehmbar (siehe Punkt 2) haben 2 Räder, elektromotorische Rollstuhlzusatzantriebe 1 Rad.
Zu finden im GKV-Hilfsmittelverzeichnis unter diesem externen Link: (https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home/verzeichnis/2679c4ac-3acb-45d9-bd60-03c3d22bd8d8 )
2. Fest montierte Zusatzantriebe
Zusatzantriebe, die fest an den Rollstuhl montiert sind oder die man nur zum Teil abnehmen kann, finden sich im Hilfsmittelverzeichnis unter anderem in der Kategorie „Rollstuhlzug-/Rollstuhlschiebehilfen, dauerhaft montiert“ (externer Link), aber auch in der Kategorie „Rollstühle mit festmontiertem, restkraftunterstützendem Antrieb“ (externer Link).
2.1. Aufsteckantriebe
Diese Zusatzaggregate werden an manuellen Rollstühlen befestigt und treiben diese mithilfe batteriegetriebener Motoren an. Die Motoreinheit ist meist hinter dem Sitz zwischen den Antriebsrädern platziert, die Akkus unter dem Sitz aufgehängt. Die Antriebsplatte ist fest an den Achsen montiert – sie verbleibt auch am Rollstuhl, wenn man Motor und Akku entfernt.
In einer Bekanntmachung weist der GKV-Spitzenverband auf einen Sicherheitsaspekt hin: Aufgrund der Konstruktionsweise „weisen derartige Antriebe insbesondere bei der Überwindung von Hindernissen eine erhöhte Kippneigung auf. Vor diesem Hintergrund wird eine zusätzliche Ausstattung mit Kippschutz zur Montage an den zu nutzenden Rollstuhl gefordert, sofern nicht bereits vorhanden.“
Aufsteckantriebe finden sich unter vielen Bezeichnungen im Handel, unter anderen: Elektrischer Selbstfahrantrieb für Faltrollstühle oder auch elektrischer Rollstuhlantrieb.
Zu finden im GKV-Hilfsmittelverzeichnis unter diesem externen Link: https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home/verzeichnis/15a256cf-3e6b-4729-9cbe-583560933ebe
2.2. Radnabenantriebe
Radnabenantriebe sind batteriegetriebene Motoren, die in die Radnaben der Antriebsräder des Rollstuhles eingebaut werden. Bei einigen Modellen ersetzt eine kompakte Antriebseinheit die Greifreifenräder.
Gesteuert wird mit einem Joystick. Wer zwischendurch stattdessen lieber mit eigener Kraft fahren will, kann den Antrieb auskoppeln und den Rollstuhl mit den Greifreifen selbst antreiben.
Bei Bedarf kann man Steuerung und Batterien entfernen, das Gerät selbst bleibt jedoch am Rad. Wer zwischendurch ganz auf den Zusatzantrieb verzichten will, muss – falls sein Rollstuhl Steckachsen hat – ein Paar Standardräder einsetzen.
Auch hier weist der GKV-Spitzenverband auf die Notwendigkeit hin, einen Kippschutz zu installieren.
Zu finden im GKV-Hilfsmittelverzeichnis unter diesem externen Link: https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home/verzeichnis/b35aafcd-4ef5-40c7-9243-8553d24fc583
Für weitere Informationen siehe auch Antriebssysteme und Nabenantriebe für manuelle Rollstühle – Der-Querschnitt.de
2.3. Rollstühle mit festmontiertem, restkraftunterstützendem Antrieb
In diesem Fall wird ein Adaptivrollstuhl mit einem motorischen restkraftunterstützenden Greifreifenantrieb ausgestattet. ist. Treibt der Rollstuhlfahrer die Reifen an, wertet die Antriebseinheit den Bewegungsimpuls elektronisch aus und verstärkt diesen durch einen Motor, der in die Radnabe integriert ist. Unterstützt wird sowohl das Fahren als auch das Abbremsen.
Meist sind mehrere Unterstützungsstufen möglich, die je nach Terrain und Kraft ausgewählt werden können.
Der GKV-Spitzenverband weist darauf hin, „dass der integrierte restkraftunterstützende Antrieb das Gewicht des Rollstuhles gegenüber einem ausschließlich manuell betriebenen Adaptivrollstuhl erheblich erhöht“.
Zu finden im GKV-Hilfsmittelverzeichnis unter diesem externen Link: https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home/verzeichnis/899da17c-bc16-4753-8d5e-742fd53cd910. Einige Hersteller bezeichnen ihre Restkraftverstärker auch als Radnabenantrieb. Auch hier sind die Grenzen offenbar fließend.
Auf Fachberatung setzen
Nicht jeder Zusatzantrieb ist für jeden Rollstuhl geeignet- und auch nicht für jeden Rollstuhlfahrer. Wer damit liebäugelt, sich einen Zusatzantrieb anzuschaffen, sollte sich deshalb auf jeden Fall von einem Fachmann aus dem Sanitätshaus, einen Reha-Berater oder einen Fachhändler beraten lassen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Zusatzantrieb optimal auf die Bedürfnisse des Rollstuhlfahrers und eventuell seiner Begleitperson angepasst ist. Und dass man eine qualifizierte Hand hat, die bei der Installation behilflich ist.
Auch für Handbikes gibt es Unterstützungsmöglichkeiten. Mehr Informationen zu diesem Thema im Beitrag Handbikes: Varianten von Hybrid bis Extrem – Der-Querschnitt.de
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Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Die genannten Produkte stellen keine Empfehlung der Redaktion dar und wurden, falls nicht anders vermerkt, nicht von der Redaktion getestet. Der Beitrag ersetzt in keinem Fall eine Beratung oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch Fachpersonen. Ob und in welchem Umfang private Krankenkassen die Kosten für Hilfsmittel, Therapien o.ä. übernehmen, ist individuell in der jeweiligen Police geregelt. Allgemeingültige Aussagen können daher nicht getroffen werden.






