Ehrenamtliches Engagement mit Querschnittlähmung: Chancen, Vergütung und Fallstricke
Ehrenamtliche Tätigkeiten können für Menschen mit Querschnittlähmung eine sinnstiftende Beschäftigung sein. Mitunter werden sie sogar nicht nur mit Ehre, sondern auch mit Geld honoriert. Dabei gibt es einige Grenzen zu beachten, z.B. falls man Erwerbsminderungsrente oder Grundsicherung bezieht.

Unter einem Ehrenamt versteht man in der Regel ein freiwilliges Amt, das nicht auf den Entgelterwerb ausgerichtet ist – weshalb ehrenamtlich Engagierte weder Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn noch überhaupt auf Lohn haben. Gegebenenfalls können sie jedoch eine Aufwandsentschädigung erhalten.
Das Plus liegt eher auf der ideellen Seite: Das Ehrenamt bietet Herausforderung, Anerkennung, Selbsterfahrung und Austausch mit Gleichgesinnten. Und das in einem Bereich, der den eigenen Interessen entspricht und Ziele befördert, die man selbst für wichtig hält. Häufige Tätigkeitsfelder sind Sport, Kultur, Bildungsarbeit, Umwelt- und Naturschutz, Tierschutz, Politik, Kirche oder das Unfall- und Rettungswesen. In Deutschland engagieren sich Millionen Menschen ehrenamtlich.
Obwohl es darüber keine Statistik gibt, ist davon auszugehen, dass auch viele Menschen mit Querschnittlähmung in Ehrenämter eingebunden sind. Gründe kann es dafür viele geben: Vielleicht kommt eine geregelte Arbeit (vorübergehend) nicht infrage und man ist auf der Suche nach einer sinnstiftenden Aufgabe. Oder Betroffenen liegt insbesondere die Selbsthilfe am Herzen und sie engagieren sich in Vereinen oder Gruppen, um andere (und sich selbst) zu unterstützen. Als Beispiel seien die Peers der FGQ genannt, siehe Beitrag Wie Peer Beratung Menschen mit Querschnittlähmung helfen kann.
Engagiert mit Querschnittlähmung
In der Selbsthilfe sind Querschnittlähmung oder andere Behinderungen quasi die Grundvoraussetzung, um sich zu engagieren. Anders kann es aussehen, wenn man sich als Mensch mit Querschnittlähmung in einem anderen Bereich engagieren möchte und mit Bedenken konfrontiert wird.
Dann gilt es, die eigene Leistungsfähigkeit und Motivation, aber auch Einschränkungen zu kommunizieren und gemeinsam ein Aufgabenprofil zu finden, das passt.
Der Träger muss sich auf Vereinbarungen ebenso verlassen können wie der ehrenamtlich Tätige. Zudem sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen vorab abgeklärt werden – wozu auch die Absicherung durch Versicherungen zählt.
Checkliste: Welches Ehrenamt passt zu mir?
- Wo liegen meine Interessen?
- In welchen Bereichen will ich helfen?
- Was kann ich gut?
- Welche Zeit kann und will ich investieren?
- Einmalige, sporadische oder regelmäßige Hilfe?
- In welchem Radius kann/will ich tätig werden?
- Ist der Einsatz sofort möglich oder erst in absehbarer Zeit?
- Wo sind meine Grenzen?
Wenn die Richtung klar ist, kann man sich auf die Suche machen. Viele Kommunen und Organisationen bieten im Internet „Ehrenamtsbörsen“ an, so zum Beispiel die Aktion Mensch in einer Freiwilligen-Datenbank.
Oft macht es Sinn, zunächst in einem Mini-Praktikum das anvisierte Tätigkeitsfeld genauer kennenzulernen und sich erst dann für ein unterstützenswertes Anliegen oder eine Organisation zu entscheiden
Aufwandsentschädigung
Gemeinnützige Organisationen – wie z.B. Vereine – dürfen ihre ehrenamtlichen Helfer zwar nicht bezahlen, aber sie dürfen mit einer Aufwandsentschädigung ihren Zeit- und Arbeitsaufwand ausgleichen. Dafür gibt es zwei Instrumente (§ 3 Nr. 26 und Nr. 26a EstG):
- Ehrenamtspauschale
Wer einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgeht, kann bis zu 840 Euro (bis 2021: 720 Euro) pro Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei verdienen. Da es sich um einen Freibetrag handelt, müssen die entsprechenden Einkünfte bei der Steuererklärung angegeben werden. Weitere Voraussetzung: Die Tätigkeit muss nebenberuflich und im ideellen Bereich der Organisation ausgeführt werden. Gut zu wissen: Die Pauschale gilt vereinsunabhängig. Wer mehrere Ehrenämter bei verschiedenen Vereinen ausübt und zusammengerechnet mehr als die max. höheren 840 Euro als Anerkennung bekommt, kann dennoch nur 840 Euro als Freibetrag bei der Steuererklärung geltend machen.
- Übungsleiterpauschale
Die Bezeichnung ist einen Hauch irreführend: Anders als es der Name vermuten lässt, kommen nicht nur Trainer oder Übungsleiter, z.B. im Rollstuhlsport, in den Genuss dieser Pauschale. Gemeinnützige, kirchliche oder öffentlich-rechtliche Körperschaften können die Pauschale auch jedem gewähren, der ehrenamtlich einer pädagogischen, pflegerischen oder künstlerischen Tätigkeit nachgeht, die den ideellen Werten der jeweiligen Organisation dient. Weitere Ausnahmen sind nicht möglich. Sind diese Voraussetzungen gegeben, können bis zu 3.000 Euro (bis 2021: 2.400 Euro) gewährt werden.
Gut zu wissen:
- Die Pauschalen gelten nur für das Engagement für eine gemeinnützige Organisation
- Es handelt sich um nebenberufliche Tätigkeiten: Es sollten für das Ehrenamt nicht mehr als ein Drittel der Stunden aufgewendet werden, die der Ehrenamtliche für seinen Hauptberuf aufwendet. Aber auch, wer keine Einkünfte hat (z.B. Hausmänner oder Studentinnen), kann den Freibetrag in der Steuererklärung geltend machen.
- Beide Pauschalen können miteinander kombiniert werden
- Die Höchstgrenzen gelten pro Steuerzahler und Jahr – wer sich in mehreren Vereinen engagiert, kann die maximalen Freibeträge nur einmal ausschöpfen
- Was über die Pauschalen hinausgeht, muss versteuert werden – und wird auf Sozialleistungen angerechnet (siehe unten).
- Was innerhalb der Grenzen der Pauschale liegt, ist steuer- und auch sozialabgabefrei.
- Wer bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit bestimmte Aufwendungen hatte, sich diese aber vom Träger nicht ersetzen lassen will, kann wie bei einer Geldspende eine Quittung dafür bekommen, in der der Verzicht auf den Aufwendungsersatz vermerkt ist, und mit der Einkommenssteuererklärung einreichen (sofern die Satzung seiner Organisation dies vorsieht).
Einfluss auf Sozialleistungen
Aufwandsentschädigungen aus ehrenamtlicher Tätigkeit können u.U. Einfluss auf die Höhe von Sozialleistungen haben.
Erwerbsminderungsrente:
Auch wenn es sich um ein Ehrenamt handelt und nicht um eine berufliche Tätigkeit, müssen Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen, sich an die entsprechenden gesetzlichen Regelungen halten.
Die wichtigste Regel zuerst: Immer zunächst Rücksprache mit dem Rentenversicherungsträger halten, um auf der sicheren Seite zu sein.
Bei voller Erwerbsminderung ist die Zeit, die man hauptberuflich arbeiten darf, auf weniger als 3 Stunden pro Tag gedeckelt, bei teilweiser Erwerbsminderung auf weniger als sechs Stunden pro Tag.
Wer mehr Stunden am Tag tätig ist – auch ehrenamtlich! – gefährdet seine Erwerbsminderungsrente. (Siehe auch Rente wegen Erwerbsminderung).
Für Menschen mit Querschnittlähmung – insbesondere solche, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind – fällt die zeitliche Komponente, die sie in ein Ehrenamt investieren, u.U. nicht so sehr ins Gewicht. Auf die Frage, ob der zeitliche Aufwand, den man in ein Ehrenamt steckt, auf die erlaubte Arbeitsstundenzahl angerechnet werden könne, sagt Katja Braubach, Pressereferentin der Deutschen Rentenversicherung Bund: „Personen, die aufgrund ihrer Behinderung auf einen Rollstuhl angewiesen sind, bedürfen in der Regel einer besonderen Arbeitsplatzausstattung und besonderer Arbeitsbedingungen. In diesen Fällen liegt regelmäßig eine Erwerbsminderung vor, da von einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung auszugehen ist. Dies gilt dann nicht, wenn die Person einen auf die speziellen Bedürfnisse ausgerichteten Arbeitsplatz inne hat.
Eine Tätigkeit im Ehrenamt stellt keine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes dar. Besteht der Gesundheitszustand mit Rollstuhlpflicht unverändert fort, kann die ehrenamtliche Tätigkeit weder einen Hinweis auf eine Besserung des Gesundheitszustandes geben, noch kann der Rentenbezieher auf diese Tätigkeit dergestalt verwiesen werden, dass eine Erwerbsminderung nicht mehr vorliegt. Eine – wie von Ihnen formulierte – Anrechnung auf die im Gesetz definierte Stundenzahl für die Renten wegen Erwerbsminderung erfolgt in diesem Fall nicht.“
Und auch hier noch einmal der wichtige Hinweis: „Fragen im konkreten Einzelfall sollten an den zuständigen Rentenversicherungsträger gerichtet werden.“
Die Zeit, die man ins Ehrenamt investiert, ist das eine. Die Aufwandsentschädigung, die man dafür eventuell bekommt, das andere. Kann es hier im Fall der Fälle zu Kürzungen der Rente kommen? Wo liegen die Grenzen? Dazu Katja Braubach: „Auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ist Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen oder vergleichbares Einkommen anzurechnen. Steuerfreie Aufwandsentschädigungen, die viele ehrenamtlich Tätige als Entschädigung für ihren entstandenen Aufwand erhalten, zählen nicht zu diesen Einkünften und somit nicht als Hinzuverdienst. Zu den steuerfreien Aufwandsentschädigungen zählen beispielsweise die Übungsleiterpauschale von derzeit 3.000 Euro/Jahr oder die Ehrenamtspauschale von derzeit 840 Euro/Jahr.“
Alles, was darüber hinaus geht, muss wie Arbeitsentgelt oder -einkommen behandelt werden und wird als Hinzuverdienst berücksichtigt.
Grundsicherung („Bürgergeld“)
Auch hier spricht grundsätzlich nichts gegen ein ehrenamtliches Engagement. Dieses sollte jedoch nicht mehr als 15 Stunden pro Woche in Anspruch nehmen, da ansonsten die Vermittlungsbemühungen der Jobcenter behindert werden könnte.
Tatsächliche Ausgaben (Fahrtkosten, Büromaterial) dürfen ersetzt werden, ohne dass die Summe mit der Grundsicherung aufgerechnet wird. Für andere Zahlungen gilt die bereits oben erwähnte 3.000-Euro-Grenze pro Jahr.
Altersrente
Wer eine Altersrente (regulär oder vorgezogen) bezieht, muss sich übrigens keine Sorgen wegen eventueller Rentenkürzungen machen. Hinzuverdienste, auch aus ehrenamtlicher Tätigkeit, haben keine Auswirkungen auf die Rente. Höchstens auf die Steuer (s.o.).
Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Unter keinen Umständen ersetzt er jedoch eine rechtliche oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch eine juristische Fachperson oder Menschen mit Qualifikationen in den entsprechenden Fachbereichen, z.B. Steuerrecht, Verwaltung.
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