Wichtige Player in der Behindertenpolitik

In der Behindertenpolitik haben zahlreiche Amtsinhaber, Organisationen und Institutionen ein Wörtchen mitzureden und mitzugestalten. Im Folgenden werden einige wichtige Player in der Behindertenpolitik kurz vorgestellt.

Zahlreiche Akteure können die Behindertenpolitik aktiv mitgestalten

1. Regierung und Parlament

Politiker beeinflussen und lenken die Behindertenpolitik. Zum Beispiel, indem sie Missstände zum Thema machen oder für entsprechende Gesetze oder Verordnungen stimmen. Auf Ebene der EU, der Bundesrepublik, der Bundesländer und der Kommunen schaffen sie so die Rahmenbedingungen, in denen Menschen mit Behinderung leben.

2. Behindertenbeauftragte

Eine wichtige Rolle spielen die Behindertenbeauftragten, zum Beispiel der jeweiligen Landeschefs oder der Bundesregierung. Daneben gibt es auch noch behindertenpolitische Sprecher einzelner Parteien. Sie leisten gleichsam Lobby-Arbeit für die Belange von Menschen mit Behinderung und haben oftmals ein Anhörungsrecht. Daneben fungieren sie als Ansprechpartner für Anliegen behinderter Bürger. Mehr über ihre Aufgaben im Beitrag Was machen eigentlich Behindertenbeauftragte? – Der-Querschnitt.de.

Jenseits der Politik gibt es auch in Unternehmen Behindertenbeauftragte, oft auch Inklusionsbeauftragte genannt. Sobald ein schwerbehinderter oder ein gleichgestellter Mensch im Unternehmen beschäftigt ist, muss ein solcher Beauftragter benannt werden. Er fungiert als Ansprechpartner auf Arbeitgeberseite, dem behinderte Mitarbeiter Beschwerden und Anregungen vortragen können.

3. Ämter und Behörden

Die Integrationsämter sind eines der ausführenden Organe der Behindertenpolitik. Sie unterstützen schwerbehinderte Menschen darin, ihren Arbeitsplatz zu erhalten, begleiten sie in ihrem Arbeitsleben oder schalten sich im Falle einer Kündigung ein. Für weiterführende Informationen siehe externer Link: Integrationsamt | BIH. Auch die (externer Link) Bundesagentur für Arbeit begleitet Menschen mit Behinderung vor und während ihres Berufslebens. Das Amt bietet Beratungsmöglichkeiten an und informiert über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten.

4. Deutscher Behindertenrat

Auch der deutsche Behindertenrat (DBR) ist ein Aktionsbündnis. Dem DBR gehören viele maßgebliche Verbände chronisch kranker und behinderter Menschen an. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, „die Interessen behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen verbandsübergreifend offensiv zu vertreten“.  Dabei geht es insbesondere auch darum, die „finanziellen Rahmenbedingungen für die Lebensgestaltung behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen sowie der Arbeit der für sie notwendigen Dienste und der Selbsthilfestrukturen“ sicherzustellen.

Unter anderem veröffentlicht der Rat regelmäßig Positionspapiere zu aktuellen, für Menschen mit Behinderung relevanten politischen Themen. Die Mitgliedschaft gliedert sich in drei Säulen: Traditionelle Sozialverbände, Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, ihre Mitgliedsverbände und andere behinderungsspezifische Verbände und als dritte Säule unabhängige Behindertenverbände. Für mehr Informationen siehe (externer link): Deutscher Behindertenrat.

5. Sozialverbände

Die erste Säule des Behindertenrats. Zahlreiche Sozialverbände engagieren sich in der Behinderten-Politik und leisten Lobby-Arbeit. Sie schaffen ein Bewusstsein für diskriminierende Rahmenbedingungen oder versuchen, Gesetzgebungsprozesse positiv zu beeinflussen. Sozialverbände setzen sich als Interessenverbände u. a. für die Belange von älteren Menschen, Arbeitslosen, sozial schlechter gestellten Menschen, Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung oder Menschen mit Behinderung ein. Mit der Anzahl der Mitglieder wachsen in der Regel auch die Möglichkeiten der Interessenvertretung.

Einige wichtige Sozialverbände in Deutschland sind (jeweils externe Links): 

6. Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG Selbsthilfe)

Die (externer link) BAG Selbsthilfe bildet die zweite Säule des Behindertenrats. Unter ihrem Dach haben sich zahlreiche Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen zusammengetan. Eines ihrer Ziele: Die BAG will die Interessen der chronisch kranken und behinderten Menschen sowie deren Angehörigen in Politik und Gesellschaft vertreten. Sie sieht sich als maßgebliche Patientenorganisation und als Behindertenverband, der sich für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention einsetzt – und für die Schaffung einer inklusiven Gesellschaft in Deutschland.

Die BAG hat fünf Handlungsfelder:

  • Behindertenpolitik
  • Gesundheits- und Pflegepolitik
  • Engagementpolitik – das bürgerliche Engagement soll gefördert werden
  • Forderungen zur aktuellen Legislaturperiode
  • Europäische Ebene

Um ihre Ziele zu erreichen, engagiert die BAG sich in zahlreichen wichtigen Gremien. Die Liste ist beeindruckend, unter anderem stehen auf ihr der Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR), das Deutsches Institut für  Menschenrechte und die Institute für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) sowie für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG). Die komplette Übersicht kann auf den Seiten der BAG eingesehen werden: Politische Interessenvertretung – BAG | BAG Selbsthilfe.

7. Behinderten-Selbstvertretungen

Die dritte Säule, aus der sich der Behindertenrat zusammensetzt. Hier gibt es zahlreiche Verbände und Vereine, die einerseits Hilfe zur Selbsthilfe anbieten, andererseits jedoch auch Lobby-Arbeit für die Belange von Menschen mit Behinderungen leisten. Viele von ihnen haben als Elterninitiative begonnen und sind heute wichtige Player in der Behindertenpolitik, indem sie für die Anliegen ihrer Mitglieder eine Öffentlichkeit schaffen. Meist sind die Mitglieder einer Behindertenselbst-Vertretung selbst behindert. Der Beitrag Sozial- und Behindertenverbände in Deutschland – Der-Querschnitt.de nennt die wichtigsten Behinderten-Selbstvertretungen, die für Menschen mit Querschnittlähmung relevant sein könnten.

Als Vertreter von Behinderten-Selbstvertretungen tritt u.a. die Liga Selbstvertretung – DPO Deutschland in Erscheinung. Sie agiert als Politische Interessenvertretung der Selbstvertretungs-Organisationen behinderter Menschen in Deutschland. Das Bündnis setzt sich dafür ein, dass im Sinne der Behindertenrechtskonvention behinderte Menschen und ihre Organisationen im Mittelpunkt der Weiterentwicklung der Behindertenpolitik stehen müssen.

Für ihre Selbstdefinition greift die Liga die im englischsprachigen Raum geläufige Abkürzung DPO (für: Disabled Persons Organizations) auf und möchte damit auch auf einen Paradigmenwechsel hinweisen: „Bekannt ist in Deutschland der Begriff und das Konzept der Selbsthilfe. Selbsthilfeorganisationen arbeiten meistens diagnosebezogen mit einem medizinischen Verständnis von Behinderung. Selbstvertretungsorganisationen dagegen wirken meist beeinträchtigungsübergreifend und sind einem menschenrechtlichen Modell von Behinderung verpflichtet.“ Für mehr Informationen siehe externer Link: Liga Selbstvertretung.

8. Deutsches Institut für Menschenrechte

Ebenfalls ein wichtiger Player in der Behindertenpolitik. Das (externer Link) Deutsche Institut für Menschenrechte setzt sich neben vielen weiteren Handlungsfeldern „dafür ein, dass Deutschland die Rechte von Menschen mit Behinderungen achtet, schützt und gewährleistet und sich eine inklusive Gesellschaft etabliert, an der alle Menschen gleichberechtigt teilhaben. Seit 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft, deren Umsetzung von der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Instituts überwacht wird.“ (Siehe auch Beitrag Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen – Der-Querschnitt.de).

9. Stiftungen und Vereine

Viele Stiftungen und Vereine, die sich für die Belange von Menschen mit Behinderung einsetzen, arbeiten nicht unbedingt in erster Linie politisch orientiert. Dennoch gehören auch sie zum Spektrum der Behindertenpolitik. Denn auch sie sensibilisieren für Missstände und schaffen Öffentlichkeit für Problemfelder, die Menschen ohne Behinderung eventuell verborgen bleiben würden.

Als vermutlich bekanntestes Beispiel sei die (externer Link) Aktion Mensch genannt. Viele kennen die Organisation vermutlich als Veranstalter einer Lotterie. Aber de facto ist die Aktion Mensch in ihrer Eigenschaft als eingetragener Verein die größte private Förderorganisation im sozialen Bereich in Deutschland. Gegründet wurde die Aktion Mensch (damals noch: „Aktion Sorgenkind) 1964 vom ZDF. Sie finanziert sich durch die Einnahmen an ihrer Lotterie. Und gibt großzügig an soziale Projekte weiter: Über 5 Milliarden Euro wurden (Stand 2025) bisher an Projekte für und mit Menschen mit Behinderung weitergegeben.

Die Aktion spendet nicht nur, sie nimmt auch Einfluss. Sie informiert Menschen mit Behinderung über ihre Rechte. Durch gezielte Förderung, aber auch durch Bildungs- und Kampagnenarbeit setzt sie sich zudem für Inklusion ein.

Der Verein hat 7 Mitglieder. Neben dem ZDF gehören ihr 6 Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege an: Arbeiterwohlfahrt (AWO), Deutscher Caritas-Verband, Der Paritätische Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Mehr Informationen im Beitrag „Aktion Mensch“: Größte private Förderorganisation – Der-Querschnitt.de.

10. Gerichte

Immer wieder sorgen auch Gerichtsurteile für Weichenstellungen, wenn es um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung geht. Das müssen nicht unbedingt nur die großen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sein wie zum Beispiel zum Thema Triage bei Pandemien (siehe Pressemeldung: Bundesverfassungsgericht – Der Gesetzgeber muss Vorkehrungen zum Schutz behinderter Menschen für den Fall einer pandemiebedingt auftretenden Triage treffen. Es können auch „kleinere“, aber dennoch wegweisende Urteile verschiedener Kammern sein. Beispielsweise, wenn es um die Versorgung mit Inkontinenzhilfsmittel oder speziellen Rollstühlen geht. Einige wichtige Urteile stellt Der-Querschnitt.de in seiner Kategorie „Urteile“ vor.


Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Die genannten Produkte, Therapien oder Mittel stellen keine Empfehlung der Redaktion dar und ersetzen in keinem Fall eine Beratung oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch medizinische Fachpersonen.
Der-Querschnitt ist ein Informationsportal. Die Redaktion ist nicht dazu berechtigt, individuelle Beratungen durchzuführen.