Lieblingshilfsmittel: Sechs Menschen mit Querschnittlähmung berichten

Das Angebot an Hilfsmitteln ist überaus vielfältig und kaum zu überschauen. Internet, Sanitätshäuser und Messen bieten zwar Gelegenheit, sich zu informieren, dennoch sind viele Hilfsmittel, die das Leben erleichtern können, unbekannt. Sechs Menschen mit Querschnittlähmung stellen ihre Favoriten vor.

Kai Lohmeyer, Tetraplegiker, C3, inkomplett

Kai Lohmann…

„Mein Helparm erleichtert mir das Leben ungemein. Ich bin durch die Ergotherapie-Abteilung des Querschnittzentrums der BG-Klinik Hamburg darauf aufmerksam geworden. Das Prinzip der Beweglichkeit ist ähnlich wie bei einem Baukran.

… und sein Helparm.

Der Helparm besteht aus einem Mast mit einem seitlich schwenkbaren langen Ausleger, aus dem ein Seil kommt. Eine Schlaufe kann jeweils um den Ellbogen und um das Handgelenk geschlungen werden. Im Mast befindet sich ein Gegengewicht, welches das Gewicht des Armes trägt, sodass dieser mühelos bis auf Gesichtshöhe angehoben werden kann und einen weiten Radius hat.

Ich benutze ihn vor allem in der Therapie und zum Essen. Es ist ein enormer Gewinn der Selbstständigkeit, die Mahlzeiten wieder selbstständig einnehmen zu können. Dafür haben sich die zwei Jahre Wartezeit, bedingt durch die anfängliche Ablehnung des Rezepts, wirklich gelohnt. Anfangs habe ich den Helparm am Rollstuhl befestigt. Diese Lösung erwies sich aber als zu instabil. Heute befindet er sich deshalb auf einem Stativ mit Rollen. Transportal ist der Helparm auch, er passt eigentlich in jedes Auto. Aber ich benutze ihn nur zu Hause.“

Siehe auch: Sieben Greifhilfesysteme für Tetraplegiker

Björn Lachmann, Paraplegiker, TH10/TH11

Björn Lachmann…

„Ich wurde auf das Exoskelett vor ungefähr acht Jahren auf der Rehacare in Düsseldorf aufmerksam. Ich nutze es in meiner Physiotherapie. Bis ich es zu Hause nutzen kann, wird noch einige Zeit vergehen, aber ich merke schon, dass das Laufen meiner Muskulatur, meiner Blase und meinem Darm guttut und alles besser funktioniert.

… im Exoskelett.

Ich glaube, die Zeit, bis man ein Exoskelett im Alltag benutzen kann, ist auch abhängig von der Höhe des Querschnitts und dem Maß an Unterstützung, das man benötigt.“

„Ich schätze das Exoskelett sehr und bin der Forschung und der Technik dafür dankbar.“

Siehe auch: Über Funktion und Nutzen von Exoskeletten für Menschen mit Querschnittlähmung

David Lebuser, Paraplegiker, L3, motorisch komplett, sensorisch inkomplett

David Lebuser…

„Da ich mich viel bewege, ist mein Lieblingshilfsmittel der Sportrollstuhl. Durch Videos des US-amerikanischen Rollstuhlskaters Aaron Fotheringham bin ich selbst zum Skaten gekommen.

… und sein Rollstuhl.

Mein Skaterollstuhl ähnelt einem Alltagsrollstuhl, hat aber zusätzliche Federn und Stangen unten. Letztere ermöglichen beispielsweise das ,Grinden‘, also das Entlanggleiten an einem Geländer. Sportrollstühle unterscheiden sich je nach Sportart. So hat zum Beispiel ein Basketballrollstuhl stark angeschrägte
Räder, die Kippräder auf dem Boden und eine Stoßstange vorne. Für Anfänger im Rollstuhlsport ist es auch möglich, zunächst mit dem Alltagsrollstuhl zu beginnen oder sich zunächst vom Sportverein einen an die Sportart angepassten Rollstuhl zu leihen.“

Siehe auch: Sportrollstühle für Menschen mit Querschnittlähmung

Jan Brachwitz, Paraplegiker, TH12, inkomplett

Jan Brachwitz..

„Eins meiner Lieblingshilfsmittel ist mein Zuggerät, das ich in der Stadt sehr gerne anstatt eines Autos benutze. So bin ich damit gut und gerne 2.000 km pro Jahr unterwegs. Beim Einkaufen hilft der große und stabile auf dem Gepäckträger montierte Einkaufskorb, da man damit auch große und schwere Artikel sicher transportieren kann.

… und sein Zuggerät.

Wenn ich mit der Bahn reise, trägt der Gepäckträger meine Reisetasche. Die Doppelakkus geben dem Zuggerät eine Reichweite, die es ermöglicht, auch größere Distanzen ohne Probleme zurückzulegen. Ein nicht funktionierender Aufzug in einem Bahnhof verliert seinen Schrecken, da ich die Distanz mit dem Zuggerät zum nächsten Bahnhof mühelos überwinden kann, sofern er nicht weit entfernt liegt. Und auch auf volle öffentliche Verkehrsmittel bin ich nicht mehr angewiesen, da ich das Ziel mit dem Zuggerät direkt ansteuern kann.“

Siehe auch: Rollstuhl-Zuggeräte: Zusatz-PS für Tetra- und Paraplegiker

Alexander Sturm, Paraplegiker, TH12, inkomplett

Alexander Sturm …

„Da ich zur Blasenentleerung auf Intermittierenden Selbstkatheterismus (ISK) angewiesen bin, erleichtert mit ein Kleiderhalter das Leben. Ich benutze ihn bei jedem Katherten, also durchschnittschlich fünf Mal am Tag und zeige ihm jedem inkomplett querschnittgelähmten Ratsuchenden in der Peer-Arbeit als Möglichkeit zur Erleichterung des Katheterns auf. Mir selbst wurde der Kleiderhalter in der Reha von der Ergotherapie empfohlen und ich habe ihn mir dann gleich bestellt.

… und sein Kleiderhalter.

Zu beachten ist, dass das Produkt auch unter anderem Namen gefunden werden kann.

Der Kleiderhalter besitzt zwei Haken: oben einen kleineren, mit dem man das Hilfsmittel an der geöffneten Hose befestigt und einen größeren, der unter der Sitzfläche des Rollstuhls befestigt wird. So kann man im Rollstuhl kathetern und muss weniger unsterile Gegenstände berühren. Darum ermöglicht der Kleiderhalter einerseits mehr Selbstständigkeit und andererseits verbessert er die Hygiene. Und der Kleiderhalter ist sehr robust.“

Siehe auch:

Hilfsmittel für den intermittierenden Katheterismus (ISK)

Leben mit Querschnittlähmung: Hilfsmittel für das Blasenmanagement aus dem 3D-Drucker.

Arno Härter, Tetraplegiker, C4, inkomplett

Arno Härtel …

„Mein Lieblingshilfsmittel ist ein Schmetterlingsnetz. Ich habe es bei einem anderen Peer, mit dem ich privat zusammen komme, gesehen und kam darüber mit ihm ins Gespräch.

… und sein Schmetterlingsnetz.

Als hoch gelähmter Tetraplegiker ohne Fingerfunktion eignen sich andere Hilfsmittel, mit denen man Dinge vom Boden aufheben kann, wie zum Beispiel eine Greifzange, nicht.

Man sollte darauf achten, dass das Netz engmaschig ist, so dass auch kleinere Gegenstände nicht durchfallen, sondern während dem Aufheben im Netz bleiben. Die Netze sind auch nicht sehr teuer. Ich habe meins vor etwa drei Jahren in einem Souvenirshop erstanden.“

Siehe auch: Tipps und Tricks von und für Menschen mit Querschnittlähmung – Kategorie Life Hacks


Leser, die auch gerne Informationen zu ihrem Lieblingshilfsmittel teilen möchten, sind herzlich willkommen diese zu teilen und wenden sich bitte an die Redaktion unter info(a)der-querschnitt.de.


Der Text wurde in Ausgabe 2/2024 der Zeitschrift „Der Paraplegiker“, dem Mitgliedermagazin der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V., erstveröffentlicht. Die Redaktion von Der-Querschnitt.de bedankt sich herzlich für die Zustimmung zur Zweitveröffentlichung.


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