Eltern mit Querschnittlähmung: Hilfsmittel für das Versorgen von Babys und Kleinkindern

Eine Rückenmarksverletzung hat keinen Einfluss auf die Eigenschaften, die man als Mutter oder Vater hat, erfordert aber einige Zusatzmaßnahmen, die bei der Anpassung von Hilfsmitteln für die Versorgung von Babys und Kleinkindern anfängt (aber evtl. nicht aufhört).

Eine Querschnittlähmung steht Frauen im gebärfahrigen bei der Erfüllung eines Kinderwunsches nicht im Wege. Eine ganz normale Empfängnis, Schwangerschaft und Entbindung ist möglich, auch wenn eine Begleitung durch querschnitterfahrene Fachpersonen dringend angezeigt ist (siehe: Mutter werden mit Querschnittlähmung und Entbindung bei Frauen mit Querschnittlähmung). Bei Männern mit Querschnittlähmung kann die Zeugungsfähigkeit eingeschränkt sein, doch auch hier gibt es Wege zum Wunschkind (siehe: Vater werden trotz Querschnittlähmung).

Wenn der Nachwuchs erst einmal da ist, gibt es einige speziell designten Hilfsmittel, die es Rollstuhlfahrenden leichter machen sollen, das Baby oder Kleinkind zu versorgen. Und auch für Eltern mit eingeschränkter Handfunktion gibt es Möglichkeiten:

Stillen und Füttern

  • Für die Stillzeit empfiehlt sich ein sehr festes Stillkissen (evtl. auch zum Umschnallen), womit die Lagerung des Babys auf dem Schoß, beim Stillen im Rollstuhl oder auch zum Transport auf kurzen Strecken in der Wohnung möglich ist. Erfahrungen zeigen, dass auch zwei Stillkissen übereinander hilfreich sein können.
  • Zum Füttern mit der Flasche gibt es Flaschenhalter für Tetraplegiker.
  • Wenn das Kind älter ist, können am Tisch montierbare Hochstühle mit Schwenkfunktion sinnvoll sein.

Schlafen

  • Anstellbettchen gibt es mit Rädern und Rausfallschutz. In Kombination mit einem elektrisch höhenverstellbaren Bett ist ein Rausfallschutz unbedingt erforderlich. Generell sind zwei bis vier lenkbare Rollen leichter zu lenken und haben einen kleineren Wendekreis (DMGP, 2024).
  • Kinderbetten gibt es mit absenkbarem oder entfernbarem Gitter, zum leichteren Hochnehmen, sowie höhenverstellbare und damit unterfahrbare Kinderbetten. Hier gibt es Modelle, die über eine Hilfsmittelnummer verfügen und ärztlich verordnet werden können. (siehe auch: Urteil: Krankenkasse muss Mutter im Rollstuhl geeignetes Kinderbett finanzieren)
  • Stubenwagen und Laufställe/Spielgitter sollten Räder haben, damit rollstuhlfahrende Eltern sie innerhalb der Räume transportieren können. Spielgitter gibt es darüber hinaus in stufenlos höhenverstellbaren Varianten, so dass das Kind tagsüber, bis es einige Monate alt ist, darin liegen bzw. spielen kann (DMGP, 2024).

Wickeln und Pflegen

  • Hierfür gibt es die Möglichkeit eines an der Wand befestigten (Klapp-)Wickeltisches. Eine andere Möglichkeit ist die, einen Wickelaufsatz auf einem unterfahrbaren (ggf. höhenverstellbaren) Tisch zu befestigen (z.B. höhenverstellbarer (Kinder-)Schreibtisch). Ggf. kann auch ein elektrisch höhenverstellbarer unterfahrbarer Wickeltisch sinnvoll sein. (Siehe: Höhenverstellbar und unterfahrbar: Wickeltische, an denen Eltern im Rollstuhl und im Stehen das Baby versorgen können)
  • Eine Alternative sind Wickelunterlage mit erhöhten Seiten (kann auch als Auflage für den Schoß verwendet werden)
  • Babybadewannen gibt es mit Ablaufschlauch, um sie auf einen Tisch stellen zu können.

Mobilität

  • Transportschalen, Kindersitze und Trittbretter gibt es auch für den Rollstuhl, damit man den Junior problemlos im Rollstuhl mitnehmen kann (siehe: Wenn der Nachwuchs mitfahren soll – Kindervorspannwagen und Co.)
  • Wer kein Modell speziell für Rollstuhlfahrer bekommt oder möchte, sollte beim Kauf des Kinderwagens darauf achten, dass er über eine absenkbare Schiebestange verfügt.
  • Sobald die Babys sitzen können, empfehlen sich zum sicheren Transport auf dem Schoß der Mutter spezielle Gurte, die eigentlich gedacht sind, um Babys auf normalen Stühlen festzuschnallen, wenn kein Hochstuhl vorhanden ist (DMGP, 2024).
  • Bei Autokindersitzen gibt es schwenkbare Modelle, die es Paraplegikern ermöglichen, ihre Kinder selbstständig hineinzusetzen und an- bzw. abzuschnallen.

Hinweis:


Rollstuhlgerechte Kinderbetten und Wickeltische gibt es meist nicht von der Stange. Der Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern e. V. bietet auf seiner Plattform eine Tauschbörse für eben solche Hilfsmittel.

Wenn der Nachwuchs dann im Krabbel- oder Weglaufalter ist, sehen sich Mütter und Väter mit Mobilitätseinschränkungen, einer nicht unerheblichen Herausforderung gegenüber, vor allem dann, wenn das Kind nicht aufs Wort hört (was bei so ziemlich jedem Kind zumindest zeitweilig der Fall sein dürfte). In Situationen, in denen es für ein Kind gefährlich werden könnte, gibt es:

  • Lauflernhilfen oder Kinderschutzgurte mit Laufleine

oder

  • Anti-Verloren-Geh Gürtel für das Handgelenk

Beide Produkte sind von verschiedenen Herstellern ab zehn Euro (Stand: Sept. 2024) z. B. online zu erwerben.

Die Lauflernhilfen, die prinzipiell ein Gurtgeschirr für Baby und Kleinkinder sind, gibt es in verschiedenen Größen und sie haben noch einen weiteren Vorteil. Eltern mit Querschnittlähmung und ggf. fehlender Rumpfstabilität können sie verwenden, um ihren Junior aufzuheben.

Ab Minute 5.10 zeigt folgendes (englischsprachige) Video wie eine querschnittgelähmte Mutter mit Lähmungshöhe Th 6 ihr Baby in das und aus dem Bettchen nimmt, vom Boden hochnimmt und in eine Laufhilfe setzt.

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Wenn eine Tetraplegie vorliegt, werden je nach Lähmungshöhe einige Aspekte der Versorgung (Hochnehmen, Tragen, Füttern, Baden und Wickeln) evtl. von anderen übernommen werden müssen. Neben der angemessenen Versorgung mit Hilfsmitteln ist eine gute Organisation zur Unterstützung der Eltern hier das A und O.

Weitere Tipps und Tricks für querschnittgelähmten Eltern gibt es (in englischer Sprache) in einem Leitfaden der australischen Queensland Health: Parenting Babies and Toddlers: A Guide for Parents with SCI Es gibt Infos zu den Themen Tragen und Hochheben, Spielen, Betten und Kinderwägen, Wickeltische und Pflege sowie Sicherheit mit Babys, auch aus Sicht von betroffenen Eltern.

Grenzen akzeptieren

Trotz aller verfügbaren Hilfsmittel müssen sich (werdende) Mütter und Väter mit Querschnittlähmung darauf einstellen, dass je nach Lähmungshöhe ein eigenständiges Versorgen, das Hochnehmen, Tragen, Füttern, Baden und Wickeln des Babys schwierig bis unmöglich sein wird, und dieser Aspekt der Betreuung vom Partner oder von einer dritten Person übernommen werden muss. Dies kann eine psychische Belastung darstellen, die nicht unterschätzt werden darf. Die DMGP-Leitlinie Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett bei Frauen mit Querschnittlähmung sagt dazu: „Auch wenn betroffenen Frauen größtenteils vor der Geburt bewusst war, auf was sie sich einstellen müssen, können solche Situationen Trauerreaktionen, Wut und/oder ein Gefühl der Hilflosigkeit hervorrufen, die zum Prozess der Annahme der neuen Situation dazu gehören. Helfen kann in solchen Situationen z.B. das Bewusstmachen der eigenen Stärken und der Austausch mit anderen Betroffenen. Bei Dominanz von negativen Gefühlen kann beispielsweise psychologische Unterstützung in einem Querschnittgelähmten-Zentrum in Anspruch genommen werden. Dem Bedürfnis nach Hilfe von außen sollte unbedingt nachgekommen werden.“

 Siehe auch: Elternschaft mit Querschnittlähmung: Lernen, die Grenzen neu zu akzeptieren

Wenn Hilfsmittel allein nicht ausreichen: Elternassistenz

Bei der Elternassistenz geht es darum eine Mutter oder einen Vater mit Behinderung in die Lage zu versetzen, ihr/sein Leben mit Babys und Kleinkindern so selbstbe­stimmt zu gestalten, wie es für die meisten nichtbehinderten Menschen selbstverständlich ist. Sie umfassen die vollständige oder teilweise Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie Begleitung der Leistungsberechtigten (§ 78 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB IX). Im Alltag kann dies so aussehen, dass ein beauftragter Assistent unter Anleitung bestimmte Aufgaben, z. B. das Wickeln des Kin­des oder bei Tätigkeiten im Haushalt übernimmt. Mutter und Vater bleiben dabei stets die ersten Bezugspersonen ihres Kindes und auch die erzieherischen Belange verbleiben im Entscheidungsbereich der Eltern (bbe, 2019).

Siehe auch: Elternassistenz für Menschen mit Querschnittlähmung


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