Temperaturdysregulation bei Querschnittlähmung
Die Regulation der Körpertemperatur ist bei Menschen mit Querschnittlähmung nur eingeschränkt möglich (Temperaturdysregulation). Besonders stark betroffen sind Menschen mit einer Lähmungshöhe von Th 6 und darüber (ISCoS, 2015).

Mechanismen der Temperaturregulation des menschlichen Körpers
Wenn keine Querschnittlähmung vorliegt, kann der Mensch im Normalfall seine Körpertemperatur konstant auf 36,5° C halten. Nur bei dieser Normaltemperatur können alle biochemischen Prozesse im Körper optimal ablaufen. Schon kleinste Schwankungen können das System beeinträchtigen. Eine Körpertemperatur von über 38 Grad bedeutet Fieber; eine von unter 36 Grad bedeutet Unterkühlung. Bei Menschen mit Querschnittlähmung sind diese Werte nicht notwendigerweise korrekt. Es ist durchaus möglich, dass hier die „normale“ Körpertemperatur aufgrund der neurologischen Schädigung etwas niedriger ist als bei Menschen ohne Querschnittlähmung. Dies bedeutet, dass Fieber schon bei einer etwas niedrigeren Temperatur als der Durchschnittfiebertemperatur auftreten kann. Menschen mit Querschnittlähmung sollten daher versuchen herauszufinden, was ihre individuelle Normaltemperatur ist, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können, wenn Fieber auftritt – auch wenn dies bei einer Temperatur geschieht, die bei nicht-querschnittgelähmten Menschen noch als normal angesehen wird.
Die Körpertemperatur wird autonom, d. h. ohne willentliches Zutun des Einzelnen, reguliert. Dabei aktiv sind unterschiedliche Mechanismen (Durchblutung und Signale zur Weit- bzw. Engstellung der Gefäße), je nachdem, ob die Temperatur der Umgebung eine Wärmeproduktion oder eine Wärmeabgabe notwendig macht.
- Hypothermie – die Körpertemperatur ist nicht hoch genug
Beim Frieren werden die Schweißdrüsen geschlossen und die Härchen auf der Haut stellen sich auf, was mit dem so entstehenden zusätzlichen Luftpolster für Isolation sorgen soll. Der Kreislauf wird so reguliert, dass die Extremitäten weniger durchblutet werden, damit die lebenswichtigen Organe vermehrt mit Blut versorgt werden können. Zudem beginnen die Muskeln zu zittern., was mit erhöhtem Energieverbrauch verbunden ist, und auch der Stoffwechsel steigt und mit ihm die Wärmeproduktion.
- Hyperthermie – die Körpertemperatur ist zu hoch
Wenn dem Körper zu heiß ist, steigen Durchblutung der Extremitäten und des Kopfes damit die Wärme leichter an die Umwelt abgegeben werden kann. Zudem steigt die Schweißproduktion. Der Schweiß verdunstet auf der Haut, was einen kühlenden Effekt hat. Als letzte Maßnahme kommt es zu einer gesteigerten Atemfrequenz, die ebenfalls für eine Wärmeabgabe sorgt.
Störungen der autonomen Funktionen bei Querschnittlähmung (Temperaturdysregulation)
Wenn eine Querschnittlähmung vorliegt, können Betroffene unterhalb der Lähmungshöhe keine Temperatur mehr wahrnehmen (siehe hierzu: Schmerz-Syndrome, Sensibilität und Empfindungsstörungen bei Querschnittlähmung) und die oben beschriebenen Automatismen sind z. T. stark eingeschränkt.
Zittern und Schwitzen können in den von der Lähmung betroffenen Körperregionen nicht mehr regulativ eingesetzt werden. Der Körper schwitzt oder zittert vor Kälte nur noch in den Regionen, die nicht gelähmt sind.
Es konnte beobachtet werden, dass Tetraplegiker vermehrt an Kopf und Armen schwitzen (Zäch/Koch, 2006). Dennoch kann es zu Überwärmung oder Unterkühlung kommen. Zudem besteht bei fehlender Sensibilität und frostigen Temperaturen die Gefahr von Erfrierungen.
Was tun bei Temperaturdysregulation?
Aufgrund der beschriebenen Problematik der Temperaturdysregulation, „… ist ein Mensch mit Querschnittlähmung sorgfältig vor extremen Temperaturschwankungen zu schützen…“ (Pohlmann, 2012) – bzw. sollten Betroffene sich selbst entsprechend vorbereiten und auf die Situation achtsam reagieren.
Wenn es zu warm ist, können folgende Maßnahmen sinnvoll sein, um eine Überhitzung zu vermeiden:
- Angemessene, nicht zu enge Kleidung aus atmungsaktiven Stoffen tragen und/oder Kleidungsstücke wählen, die aktiv kühlen (siehe: Kühlende Kleidung für heiße Sommertage).
- Die Aufenthaltsdauer in der Sonne oder bei warmen Umgebungstemperaturen begrenzen.
- Für weitere kühlende Maßnahmen sorgen (siehe: Der Hitze trotzen, Cool im Rollstuhl: Hilfsmittel und Co.) und evtl. eine Klimaanlage installieren (siehe: Klimaanlagen – Gesundheitliche Aspekte bei Querschnittlähmung)
- Überanstrengung (z. B. beim Sport) vermeiden.
- Für eine ausreichende Trinkmenge sorgen (siehe: Viel trinken an heißen Sommertagen), um eine Dehydrierung zu vermeiden.
- In der Sonne für ausreichend Sonnenschutz sorgen (siehe auch: Sonnenschutz bei Querschnittlähmung).
Siehe auch: Fünf Dinge, die Menschen mit Querschnittlähmung im Sommer beachten sollten.
Wenn es zu kalt ist, können folgende Maßnahmen sinnvoll sein, um eine Unterkühlung zu vermeiden:
- Bei Kälte wärmende Decken, Felle, Sitzsäcke nutzen (siehe: Die stecken die Kälte weg).
- Angemessene warme Kleidung aus isolierenden Stoffen tragen und/oder Kleidungsstücke wählen, die aktiv wärmen (siehe: Heizbare Kleidung für kalte Wintertage).
- Die Aufenthaltsdauer im Freien oder bei kalten Umgebungstemperaturen begrenzen.
- Für weitere wärmende Maßnahmen sorgen (siehe: Heiße Tipps für kalte Tage) und evtl. eine Sitzheizung für den Rollstuhl anschaffen (siehe: Hot on Wheels – Wie man im Rollstuhl warm und trocken bleibt)
Siehe auch: Fünf Dinge, die Menschen mit Querschnittlähmung im Winter beachten sollten.
Dieser Text wurde mit größter Sorgfalt recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Die genannten Produkte, Therapien oder Mittel stellen keine Empfehlung der Redaktion dar und ersetzen in keinem Fall eine Beratung oder fachliche Prüfung des Einzelfalls durch medizinische Fachpersonen.
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