Querschnittlähmung und das Coronavirus

Ob Menschen mit Querschnittlähmung ein erhöhtes Risiko haben, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren, ist weiterhin unklar. Sicher scheint jedoch: Manche von ihnen haben ein erhöhtes Risiko, einen schweren Krankheitsverlauf zu entwickeln. Wie können sie sich schützen? Wie ist der Stand von Wissenschaft und Experten? Zu diesen Fragen hat die Redaktion Informationen aus offiziellen Quellen gesammelt und Linklisten zusammengestellt.

SARS-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2, Isolat SARS-CoV-2/Italy-INMI1). Elektronenmikroskopie, Negativkontrastierung (PTA). Maßstab: 100 nm. Quelle: Tobias Hoffmann, Michael Laue, Robert Koch-Institut (RKI), 2020.

Kurz zur Begriffsbestimmung: Infektionskrankheiten können durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten verursacht werden, eine Ansteckung ist über direkten (z. b. Anhusten) oder indirekten (z.B. Händeschütteln) Kontakt möglich. Im Jahr 2019 wurde erstmals ein neuer Vertreter der Familie der Coronaviren (benannt nach ihrem Aussehen, corona = Kranz, Krone) beschrieben, der u. a. eine neuartige Lungenerkrankung hervorruft. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) benannte die Krankheit „Covid“, benannt nach den Anfangsbuchstaben der Worte Corona, Virus und Disease (engl., =Krankheit), ergänzt durch das Jahr des ersten Auftretens: 2019.

Das Virus selbst erhielt den Namen SARS-CoV-2, da es ein Severe Acute Respiratory Syndrom (Schweres akutes Atemwegssyndrom) hervorruft, ein Corona-Virus ist – und genetisch eng verwandt mit dem SARS-Virus ist, das vor einigen Jahren Schlagzeilen machte. Inzwischen hat sich die Bezeichnung Corona-Virus, bzw. -Infektion eingebürgert.

Risiko eines schweren Verlaufs

Zu der Frage, ob querschnittgelähmte Menschen generell ein erhöhtes Risiko haben, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren, liegen der Redaktion (Stand: Februar 2022) keine belastbaren Zahlen vor. Inwieweit die Immunabwehr bei Menschen mit chronischer Querschnittlähmung beeinträchtigt ist, ist Gegenstand der aktuellen Forschung (siehe auch: Das Immunsystem).

Aber es scheint Hinweise darauf zu geben, dass einige Menschen mit Querschnittlähmung ein erhöhtes Risiko für schwerere Krankheitsverläufe haben, falls sie sich mit Corona infizieren. Die britische Vereinigung von Querschnitt-Spezialisten (British Association of Spinal Cord Injury Specialists) weist in einem Papier („Management of SCI Patients During COVID-19 Pandemic“) darauf hin, dass Patienten mit Rückenmarkverletzungen, insbesondere solche mit hoher Lähmung, im Allgemeinen ein höheres Ausgangsrisiko für die Entwicklung von respiratorischen Komplikationen und Sepsis-bezogenen Komplikationen als Folge einer veränderten Physiologie der Atemwege hätten. Dies sei auf die Multisystem-Dysfunktion zurückzuführen, insbesondere auf die Dysfunktion des Atemsystems (Verlust der Brustwandmuskulatur und Unfähigkeit zu Husten) im Zusammenhang mit einer Rückenmarkverletzung. Diese Personen haben daher auch ein erhöhtes Risiko, Komplikationen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion zu entwickeln. Die überdurchschnittliche Häufigkeit (Inzidenz) medizinischer Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) und die höhere Inzidenz in der älteren Bevölkerung, die eine Rückenmarksschädigung erlitten hat, erhöhe das Risiko weiter.

Zu ähnlichen Schlüssen kommt eine internationale Vergleichsarbeit zu den Auswirkungen von Covid19 auf querschnittgelähmte Menschen im Januar 2021: „Personen, die mit einer Rückenmarksverletzung (spinal cord injury , SCI) leben, sind potenziell einem Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung ausgesetzt, da sie häufig eine verringerte Lungenkapazität haben und möglicherweise nicht in der Lage sind, ihre Lungen effektiv zu evakuieren. Bekannte Risikofaktoren für negative Ergebnisse nach COVID-19, wie Fettleibigkeit, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wirken sich überproportional auf Menschen mit Querschnittlähmung aus und geben Anlass zur Sorge hinsichtlich des Sterblichkeitsrisikos bei Personen mit Querschnittlähmung.“ Im Abtract des Reviews kommen die Autoren zu dem Schluss, dass „das klinische Erscheinungsbild von COVID-19 bei SCI-Patienten … ähnlich wie in der Allgemeinbevölkerung (war).“ Obwohl die Zahl unerwünschter Ereignisse und Aufnahmen auf der Intensivstation gering gewesen sei, sei die Sterblichkeitsrate hoch (10-19 %) gewesen. Dennoch: „Es konnten keine prognostischen Faktoren für eine schwere Erkrankung oder Mortalität identifiziert werden.“ (Die komplette Studie kann in englischer Sprache hier nachgelesen werden (externer Link): COVID-19 and Spinal Cord Injury: Clinical Presentation, Clinical Course, and Clinical Outcomes: A Rapid Systematic Review (researchgate.net).

Es gibt also gute Gründe sich selbst – und andere – vor einer Infektion mit dem Corona-Virus zu schützen. Und wer könnte diese Notwendigkeit besser erklären,als die Betroffenen selbst? Siehe zum Beispiel (externer Link) „Hi, wir sind´s. Die Risikogruppe“.

Wie können Menschen mit Querschnittlähmung sich schützen?

Auf vielen offiziellen Seiten gibt es Empfehlungen, wie Menschen sich und andere vor Corona schützen können und so dazu beitragen können, die Ausbreitung der Pandemie zu stoppen. Einige davon sind speziell an Menschen adressiert, die mit dem Risiko eines schwereren Krankheitsverlaufes leben.

Allgemeine Informationen und Handlungsempfehlungen

Informationen zu einzelnen Schutzmaßnahmen

Die empfohlenen Maßnahmen (Abstand halten, Maske tragen) wirken offenbar. Eine internationale Studie, finanziert von der WHO, hat untersucht, wie sinnvoll das Einhalten der entsprechenden Regeln ist: Ein Forscherteam um den Kanadier Dr. Derek K. Chu (McMaster University) analysierte dazu in einer Metaanalyse 172 Beobachtungs- und 44 Vergleichsstudien zu SARS, MERS, COVID-19 und den für diese Erkrankungen verantwortlichen Viren.

Die Ergebnisse in Kurzfassung:

  • 1 Meter Abstand verringert das Risiko einer Infektion um 82 %
  • Das Tragen eines einfachen Mund-Nasenschutzes reduziert die Ansteckungswahrscheinlichkeit um 67 %
  • Teilchenfiltrierende Masken (für Ärzte und Pflegepersonal) reduzieren das Risiko um bis zu 96 %
  • Mehrlagige Masken sind deutlich effektiver als einlagige – dies gilt auch für selbstgenähte Masken

Die Originalstudie kann unter Physical distancing, face masks, and eye protection to prevent person-to-person transmission of SARS-CoV-2 and COVID-19: a systematic review and meta-analysis abgerufen werden, über sie berichteten einige Publikationen, z. B. Maske und Abstand: Welche Maßnahmen schützen wirklich vor dem Coronavirus? (Medical Tribune), Was Abstandsregeln und Maskenschutz bewirken (Ärztezeitung).

Siehe auch: Coronavirus: Mund-Nasen-Schutzmasken sinnvoll (nicht nur) für Menschen mit Querschnittlähmung – Der-Querschnitt.de

Informationen zum Umgang mit der Corona-Krise aus psychologischer Sicht

Die European Spinal Psychologists Association (ESPA), die Vereinigung europäischer Psychologen für Querschnittlähmung, schrieb im November 2020 über die psychologischen Belastung von Menschen mit Querschnittlähmung während der Corona-Krise: „Dies ist eine herausfordernde Zeit, um Menschen mit Rückenmarksverletzungen psychologisch zu unterstützen.“ Und auch das medizinisches Fachpersonal stünde vor einer erheblichen Herausforderung. Die ESPA hat einige (englischsprachige) Ressourcen zusammengetragen, die helfen sollen die Corona-Zeit zu verstehen und zu überstehen.

Ein animierter englischsprachige Kurzfilm von Therapeut Dr. Ross Harris zeigt, wie man erfolgreich mit COVID 19 umgehen kann.

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Die Methode heißt FACE COVID, wobei die Buchstaben für einzelne Strategien stehen, die in ihrer Gesamtheit helfen sollen mit Frucht und Anspannung angesichts ungewohnter Situationen umzugehen:

  • F = Focus on what’s in your control. – Konzentrieren Sie sich auf die Dinge, die Sie kontrollieren können.
  • A = Acknowlegde your thoughts and feeling. – Erkennen Sie Ihre Gedanken und Gefühle an.
  • C = Come back into your body. – Kehren Sie in Ihren Körper zurück.
  • E = Engage in what you are doing. – Tuen Sie das, was Sie tuen bewusst.
  • C = Commited action – Bewusste Aktionen
  • O = Opening up – Sich der Situation öffnen
  • V = Values – Eigene Werte in der Krise erhalten
  • I = Identify Ressources – Sich der Menschen, Situationen und Dinge bewusst werden, auf die man sich verlassen kann.
  • D = Disinfect & Distance – Desinfizieren und Abstand halten

Für mehr Details siehe obenstehendes Video (in englischer Sprache).

Für weitere Informationen auf Der-Querschnitt.de siehe: Zum Umgang mit Angst und Verunsicherung in unruhigen Zeiten: Vorsicht ja, Panik nein. und Querschnittlähmung und Coronakrise: Emotionale und soziale Nähe bei räumlichem Abstand von und mit Dr. Jörg Eisenhuth

Bei Assistenzbedarf

  • Mayo Clinic,Minnesota, USA: Die Klinik hat Hygiene-Empfehlungen (siehe Expert Alert: When you can’t cough ― extra COVID-19 precautions for people with physical disabilities – Mayo Clinic News Network) veröffentlicht, die u. a. an Menschen mit Beatmungs- oder Assistenzbedarf adressiert sind. Einige der Kernaussagen:

Informationen für medizinische Fachpersonen

Informationen zum Thema allgemeine Immunstärkung

Folgende Beiträge informieren darüber, wie Menschen mit Querschnittlähmung ihr Immunsystem stärken und allgemein die Infektionsanfälligkeit einschränken können:


Fragen zu Covid-19-Impfungen und Menschen mit Querschnittlähmung

Auch Menschen mit Querschnittlähmung stehen derzeit vor der Entscheidung, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen oder nicht. Viele haben Bedenken und Fragen zum Zusammenspiel Impfung und Querschnittlähmung. Judy Stone, Autorin des Forbes Magazine, setzte sich mit dem Thema bei einer Podiumsdiskussion der US-amerikanischen Organisation Independence Amplified Maryland auseinander.

Viele Menschen fühlen sich, was die Impfkampagne im Kampf gegen das Covid-19 Virus betrifft, nicht richtig aufgeklärt. Menschen mit Vorerkrankungen sind hier in besonderem Maße betroffen, da sie befürchten, von Nebenwirkungen stärker beeinträchtigt zu werden als Gesunde. In den USA hat eine Umfrage unter Menschen mit Querschnittlähmung ergeben, dass nur 60 % der Befragten das Gefühl hatten, genügend Informationen über die Sicherheit des Impfstoffs für Menschen mit Querschnittlähmung erhalten zu haben. Auch wurde bemängelt, dass es keine Informationsangebote speziell für Menschen mit Querschnittlähmung gibt, so Ian Ruder, Herausgeber der Zeitschrift New Mobility und Initiator der Umfrage. Einige Betroffenen hätten das Gefühl, ein erhöhtes Risiko für Komplikationen durch den Impfstoff zu haben; andere waren besorgt, dass es nicht genügend Informationen speziell für Menschen mit Autoimmunkrankheiten gäbe.

Bei der digitalen englischsprachigen Podiumsdiskussion „Covid-19 Vaccine And People With Spinal Cord Injuries“ (COVID-Impfstoffe und Menschen mit Querschnittlähmung) im Frühjahr 2021 konnten Betroffene Fragen hinsichtlich ihrer Bedenken und eingeschränkter Impfbereitschaft einreichen. Dabei wurde am häufigsten die Funktionsweise des Impfstoffs, die Infektanfälligkeit nach der Impfung und die möglichen Nebenwirkungen für Menschen mit Querschnittlähmung angesprochen. Fragen waren z. B.:   

  • Wenn der Körper aufgrund einer Behinderung in seinen Funktionen eingeschränkt ist, sollte man ihn der Gefahr einer Impfung aussetzen?
  • Was sind die häufigsten Nebenwirkungen der Impfung und gibt es neue oder abweichende Nebenwirkungen bei Menschen mit Querschnittlähmung?
  • Sind die Impfstoffe ausreichend für den Einsatz bei Menschen getestet?
  • Können die Impfstoffe Blutgerinnsel oder Atemprobleme verursachen?

Erfahrungswerte fehlen

Inwieweit diese Fragen beantwortet werden können, ist noch weitgehend offen, da es situationsbedingt keine Erfahrungswerte zur Impfung gegen Covid-19 bei Menschen mit Querschnittlähmung gibt.

Im Januar 2021 hatten die Deutschsprachige Medizinische Gesellschaft für Paraplegiologie (DMGP), die Deutsche Stiftung Querschnittlähmung (DSQ) und die Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. (FGQ) eine gemeinsame Stellungnahme zur Impfpriorisierung von Menschen mit Querschnittlähmung verfasst. Darin hieß es u.a.: „Um die vorgeschlagene Priorisierung durch die ständige Impfkommission umzusetzen, müssen Menschen, die zuhause leben, aber Pflege oder Assistenz benötigen (z.B. Menschen mit einer hohen Querschnittlähmung, Tetraplegie), denjenigen gleichgestellt werden, die in Pflege- oder Wohneinrichtungen leben. Auch das hier ambulant tätige Personal muss mit Priorität geimpft werden, um das Ansteckungsrisiko für die Betroffenen zu minimieren. Die Empfehlung in Hinblick auf eine Priorisierung gilt auch für Paraplegiker mit wesentlichen Einschränkungen der Atmungsfunktionen sowie gravierenden Vorerkrankungen des Herz-Kreislaufsystems.“

Diese Aussage bezieht sich allerdings lediglich auf die Notwendigkeit einer schnellen Impfung im Hinblick auf die Pandemie und die Folgen, die eine Erkrankung mit sich brächte. Eine Aussage zu möglichen Nebenwirkungen einer Impfung bei Menschen mit Querschnittlähmung konnte von Fachgesellschaften nicht vorgenommen werden, da keine Daten zum gegenwärtigen Impfgeschehen in Deutschland vorliegen.

In den USA ergab die genannte Umfrage, dass die Nebenwirkungen bei Menschen mit Querschnittlähmung generell vergleichbar seien mit denen von Fußgängern. Es gab zwei Ausnahmen: Zum einen berichteten einige Patienten mit spinaler Muskelatrophie über verstärkte Schmerzen oder Schwäche nach der Impfung, zum anderen besteht das Risiko einer autonomen Dysreflexie. Diese seltene Komplikation kann bei Menschen mit Querschnittlähmung bei einer Lähmungshöhe von Th6/7 oder darüber auftreten (siehe: Was geschieht bei einer autonomen Dysreflexie?), wenn z. B. eine Injektion oder ein anderer schmerzhafter Reiz unterhalb der Lähmungshöhe auftritt. Da die Injektion in den Deltamuskel am Oberarm erfolgt, könnten Menschen mit einer höheren Lähmung betroffen sein. Diese Nebenwirkung ist allerdings nicht spezifisch für die Covid-19 Impfung, sondern kann bei allen Impfungen auftreten, wenn diese unterhalb der Lähmungshöhe verabreicht werden.

Ist der Impfstoff für Menschen mit Querschnittlähmung sicher?

Suzanne Groah, Leiterin der Forschungsabteilung für Rückenmarksverletzungen am MedStar National Rehabilitation Network, erläuterte bei der Podiumsdiskussion die Entwicklung des Impfstoffs und den klinischen Testprozess. Sie versicherte den Zuhörern, dass „die Tests in keiner Weise überstürzt wurden… Der Teil, der abgekürzt wurde (durch eine Notfallzulassung), war die langfristige Nachuntersuchung.“ Ansonsten war der Prozess der klinischen Prüfung ähnlich dem eines jeden Impfstoffs. „Es waren qualitativ hochwertige klinische Studien…“ Groah betonte zudem, dass die Auswirkungen einer Covid-19-Infektion weitaus erheblicher seien als die Nebenwirkungen der Impfung. Die genannten Nebenwirkungen, wie autonome Dysreflexie oder erhöhte Nervenschmerzen nach der Impfung, hätte sie in ihrem Arbeitsalltag mit Menschen mit Querschnittlähmung nicht gesehen.

Die Autorin des Beitrages Covid-19 Vaccine And People With Spinal Cord Injuries, Judy Stone, erklärte in der Diskussionsrunde, dass die mRNA-Impfstoffe keine lebenden Viren verwendeten und auch nicht mit menschlicher DNA interagierten. Beide Typen veranlassten die menschlichen Zellen, das Covid-19-Spike-Protein zu produzieren und lehrten die Zellen, Antikörper gegen das Virus zu erkennen und zu entwickeln.

Die große Sorge von Menschen mit Querschnittlähmung sei es, dass der Impfstoff Blutgerinnsel verursache, wofür sie bereits prädisponiert seien oder Atemprobleme verschlimmere. Stone versuchte die Risiken zu relativieren, indem sie aufzeigte, dass z. B. ein Blitzschlag 1 von 700.000 Menschen pro Jahr in den USA (1,3/Million) träfe. Das Risiko von Blutgerinnseln durch Beinvenenthrombose bei Querschnittlähmung (siehe: Thromboserisiko bei Querschnittlähmung) läge bei 100.000/Million, durch Rauchen bei 18/Million und bei Covid-19-Infektion bei 165.000/Millionen.

Einen Vergleich hierzu stellt auch das Ärzteblatt.de an:

„Die Inzidenz der (in einer Studie untersuchten) Portalvenenthrombosen (PVT) lag nach einer COVID19-Diagnose bei 436,4 pro Million. Im Vergleich dazu erkrankten nach einer Influenza 98,4 Personen pro Million an einer PVT und nach einer Impfung mit einem mRNA-Vakzin 44,9 pro Million.“

Stone schließt mit folgender persönlichen Beobachtung ab: „Die Sterblichkeitsrate durch eine Covid-19-Infektion liegt bei fast 2 %. Im Kontext verblassen die Risiken der Impfung im Vergleich zu anderen Risiken, denen wir ausgesetzt sind. Diese Impfstoffe haben sich als bemerkenswert sicher und wirksam erwiesen. Ich bin erleichtert und dankbar, dass ich und meine Familie geimpft werden konnten, und ermutige andere, dies ebenfalls zu tun.“

Zum ausführlichen Originalbeitrag geht es hier: Covid-19 Vaccine And People With Spinal Cord Injuries (forbes.com)

Informationen zur Covid-Impfung für Menschen mit Multipler Sklerose gibt es hier.

Quellen


Coronavirus: Mund-Nasen-Schutzmasken sinnvoll (nicht nur) für Menschen mit Querschnittlähmung

Mit einem Mund-Nasenschutz in Form von FFP2-Masken oder OP-Masken kann man sich selbst und andere vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus und anderen Erkrankungen, die sich auf dem Luftweg übertragen, schützen. Informationen dazu, welche Masken wie und in welchem Maße geeignet zum Schutz vor Infektionen sind, gibt es hier:

Generell zählen Schutzmasken zu den Schutzmaßnahmen. Die Frage, die sich dabei aber stellt – wen oder was schützen sie?

Atemschutzmasken (FFP2- oder FFP3-Masken) – Schützen den Träger

Atemschutzmasken auch Partikelfiltermasken genannt, dienen dem Träger als Schutz vor Mikroorganismen, die mit Tröpfchen (z. B. Corona-Virus ) oder Aerosolen übertragen werden können. Es gibt sie in den Klassen  FFP2- und FFP3 (FFP steht für filtering face piece) und nur in diesen Klassen haben sie eine nennenswerte Schutzfunktion. Diese Masken werden im medizinischen Bereich eingesetzt zum Schutz des Personals. Das Atmen mit diesen Masken ist erschwert, da diese Masken sehr dicht sind und dadurch der Atemzug mehr Kraft erfordert. Es gibt diese Masken mit und ohne Ventil. Die Masken sind nach der DIN-Norm  bzw. EN 149 geprüft.

Achtung: Anders als Behelfsmasken dürfen FFP2 und 3 Masken nicht gewaschen werden, da sonst ihre schützende Wirkung für den Träger verloren geht. 

Um bei einer Mehrfachverwendung Hygiene und Schutz zu gewährleisten sollten Masken mehrere Stunden in einem trockenen Umfeld dem Sonnenlicht ausgesetzt sein oder in einem trockenen Raum für mindestens 72 Stunden (andere Quellen sprechen von mindestens 7 Tagen) zum Auslüften aufgehängt werden. Ohne menschliche Wirtszellen wird das Coronavirus auf der Maskenoberfläche absterben und die trockene FFP2-Maske hat ihre Schutzfunktion zurück. Zu weiteren Informationen zu Umgang und Reinigung von FFP2-Masken der FH Münster geht es hier.

Mund-Nasen-Schutzmasken (OP-Masken) – Schützen das Umfeld

Mund-Nasen-Schutzmasken (MNS), auch OP-Masken oder chirurgische Masken genannt, schützen das Umfeld – z. B. bei einer Operation schützen sie den Patient vor dem Operateur. Ausgeatmete Tröpfchen sollen nicht auf das Operationsfeld oder die Umgebung gelangen. Daher werden diese Mund-Nasen-Schutzmasken bei sterilen Arbeiten, in der Produktion von Medizinprodukten eingesetzt oder aber auch bei erkrankten Personen, die ihr Umfeld schützen wollen. Der Mund-Nasen-Schutz liegt nicht so fest an wie eine Atemschutzmaske, daher ist das Atmen nicht erschwert.

In einer gemeinsamen Stellungnahme empfehlen die deutschsprachige Medizinische Gesellschaft für Paraplegiologie (DMGP), die Deutsche Stiftung für Querschnittlähmung (DSQ) und die Fördergemeinschaft für Querschnittgelähmte (FGQ) in Anlehnung an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Robert-Koch-Institut (RKI): „Wenn sich eine an einer akuten respiratorischen Infektion erkrankte Person im öffentlichen Raum bewegen muss, kann das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) oder einer alternativen, ggf. textilen Barriere im Sinne eines MNS durch diese Person sinnvoll sein (Schutz der Mitmenschen). Für die optimale Wirksamkeit ist es wichtig, dass ein Mund-Nasen-Schutz korrekt sitzt (d.h. möglichst enganliegend getragen wird), bei Durchfeuchtung gewechselt wird, und dass während des Tragens keine (auch keine unbewussten) Manipulationen daran vorgenommen werden.“

Masken tragen: Sinnvoll, wenn es alle machen.

2009 (nach dem Ausbruch der Schweinegrippe) stellte ein Team der University Cambridge die Frage, wie effektiv selbstgenähte Mund-Nasen-Schutzmasken (Behelfsmasken) im Vergleich (nicht zu den schützenden und vergriffenen Partikelschutzmasken) zu industriell hergestellten OP-Masken sind. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass OP-Masken 80% der Partikel auffangen könnten, während selbstgemachte Masken aus Baumwolle immerhin noch 50% der Partikel aufhielten. Dies setzte das Team in Relation zum Tragen von überhaupt keiner Maske, bei dem andere Menschen vor genau 0% der Partikel, die ein Individuum ausatmet, geschützt würde. Die Forscher resümierten, dass das Tragen von Schutzmaßnahmen sinnvoll sei, wenn es um die Vermeidung der Weitergabe von Infektionen ginge.

Ausnahmen bei der Maskenpflicht

Seit dem 27. April 2020 galt in Deutschland eine Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und in öffentlichen Gebäuden sowie beim Einkaufen und am Arbeitsplatz. (Zu einer entsprechenden Empfehlung des Robert Koch Institutes geht es hier.) Im März 2022 wurde diese Maskenpflicht weitgehend ausgesetzt und gilt nur noch im Umgang mit vulnerablen Gruppen.

Sollte es wieder zu einer Maskenpflicht kommen, wird vermutlich auch folgende Ausnahmeregelung wieder in Kraft treten:

Menschen, deren Gesundheitszustand das Tragen eine Maske nicht zulässt, sind von dieser Regelung ausgenommen. Bei Menschen mit Querschnittlähmung könnte z. B., wenn eine Atemfunktionsstörung vorliegt, das Tragen einer Maske zu Atemnot führen. Eine entsprechende Bescheinigung eines Arztes ist in solchen Fällen immer mit sich zu führen.

Siehe hierzu die Anmerkungen im Bußgeldkatalog hier.

Der Wegfall der Maskenpflicht bedeutet nicht, dass man sie nicht mehr tragen darf. Alle Menschen, die sich mit Mund-Nasen-Schutz wohler und sicherer fühlen, sollten sie weiterhin tragen. Hier gilt allerdings: Für den eigenen Schutz sind nur FFP2/3-Masken geeignet (s.o.).

Zum Umgang mit Masken

Bei der Verwendung von OP- bzw. FFP2-Masken) ist einiges zu beachten:

  • Masken nur für den privaten Gebrauch nutzen.
  • Auf Hygienevorschriften achten.
  • Trotz Maske Sicherheitsabstand von mind.1,5 Metern einhalten.
  • Vor dem Anlegen Hände waschen.
  • Maske richtig über Mund, Nase und Wangen platzieren. An den Rändern sollte sie möglichst eng anliegen, um das Eindringen von Luft an den Seiten zu minimieren.
  • Durchfeuchtete Maske umgehend abnehmen und ggf. wechseln
  • Außenseite der gebrauchten
  • Maske möglichst nicht berühren, da Erreger darauf sein können.
  • Nach Absetzen der Maske Hände unter Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln gründlich waschen; siehe: Infektion vermeiden mit der richtigen Händehygiene.
  • Maske nach dem Abnehmen in einem Beutel luftdicht verschlossen aufbewahren oder sofort waschen. Die Aufbewahrung sollte nur über möglichst kurze Zeit erfolgen, um vor allem Schimmelbildung zu vermeiden.
  • Die Masken sind für den einmaligen Gebrauch gedacht. Das sie derzeit (Herbst 2021) keine Mangelware darstellen, sollten sie nach jedem Tragen entsorgt werden.

Empfehlungen für Rollstuhlnutzer mit Atemproblemen und/oder Assistenzbedarf während der Coronakrise

In Zeiten der Coronapandemie gelten bestimmte Regeln. Diese Regeln im Umgang mit Mitmenschen sollen schützen: sich selbst und andere. Für Menschen mit Querschnittlähmung und speziell für Menschen mit Atemproblemen und/oder Assistenzbedarf spricht die Mayo Klinik in Minnesota, USA, besondere Empfehlungen aus.

Wie im Beitrag Querschnittlähmung und das Coronavirus erklärt, unterscheiden sich die Empfehlungen im Umgang mit der Corana-Situation für Menschen mit Querschnittlähmung nicht von den Empfehlungen für die Allgemeinheit. Man soll:

  • Hände mehrmals täglich und immer nach dem nach Hause kommen gründlich mit Wasser und Seife waschen.
  • Sozialkontakte auf ein Minimum beschränken.
  • Einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Menschen halten.
  • Vermeiden sich ins Gesicht zu fassen.
  • Nicht ausgehen, wenn man sich krank fühlt.

Physiotherapeutin Kristin Garlanger und Krankenschwester Lisa Beck, beides Mitarbeiterinnen der Mayo Clinic Minnesota, sprechen auf newsnetwork.mayoclinic.org darüber, was Menschen mit Querschnittlähmung, vor allem Menschen mit gestörter Atemfunktion und/oder Assistenzbedarf noch tun können um sich zu schützen.

„Wenn davon die Rede ist, mindestens 1,5 Meter Abstand zu einer anderen Person zu halten, ist das besonders wichtig für Rollstuhlnutzer“, sagt Beck. „Ihr Kopf ist niedriger als bei stehenden Personen, so dass Sie möglicherweise anfälliger für Tröpfchen sind, die entstehen, wenn eine infizierte Person hustet, niest oder spricht.“

Rollstuhlnutzern raten Garlanger und Beck auf jeden Fall den Mindestabstand einzuhalten. Zudem sollten sie nach Sozialkontakten bzw. nach dem nach Hause kommen nicht nur die Hände sondern auch das Gesicht waschen und die Flächen des Rollstuhls, die man oft anfasst (Greifreifen, Bremsen, Schiebegriffe etc.) mit einem Desinfektionsmittel reinigen (siehe hierzu: Infektionen vermeiden durch die richtige Händehygiene; im Beitrag wird auch auf Rollstuhlhygiene verwiesen).

Peter Axelson von Beneficial Designs gibt zudem den Hinweis die Hände und Greifreifen mit Desinfektionsmitteln abzureiben, wann immer man draußen oder in Kontakt mit anderen war. Wer sich nur die Hände wäscht, dann aber wieder an evtl. infizierte Greifreifen oder andere Oberflächen fasst, kontaminiert seine Hände erneut. Zur Reinigung der Greifreifen verwendet er für jede Hand einen in Desinfektionsmittel getränkten Lappen und fährt eine Runde durch die Wohnung. Zu weiteren Ausführungen von Axelson (in englischer Sprache) geht es hier.

Menschen mit Assistenzbedarf

Menschen, die persönliche Assistenten beschäftigen, schlägt das Team der Mayo Clinic Folgendes vor:

  • Bitten Sie den Assistenten, eine Maske zu tragen, wenn er bei Ihr zu Hause betritt und mit Ihnen arbeitet.
  • Bitten Sie den Assistenten bei Ankunft seine Hände zu waschen, bevor er Sie berührt.
  • Bitten Sie den Assistenten, darauf zu achten, dass er nicht sein Gesicht oder Ihr Gesicht berührt.
  • Lassen Sie den Assistenten vor der Ankunft seine Temperatur überprüfen.
  • Bitten Sie den Assistenten nicht zu Ihnen nach Hause zu kommen, wenn er Symptome wie Husten oder Fieber hat, oder wenn er mit jemand in Kontakt war, der diese Symptome hat.
  • Erstellen Sie einen Notfallplan zur Übernahme der Betreuung, wenn die Assistenten, die gewöhnlich für Sie arbeiten, ausfallen. Denken Sie dabei auch an das Einkaufen von Lebensmitteln, Medikamenten und Hilfsmitteln, das Zubereiten von Mahlzeiten und das Versorgen von evtl. vorhandenen Haustieren.

Menschen mit Atemfunktionsstörungen

Wenn man als Menschen mit Querschnittlähmung auf tägliche Beatmung angewiesen ist, muss auch hier sichergestellt werden, dass die Assistenten bei der Reinigung und Benutzung dieser Geräte die strengen gegebenen Richtlinien befolgen. Hier gibt das Mayo-Team Hygienetipps, die natürlich nicht nur in Zeiten von Corona gelten:

  • Medizinische Geräte müssen gemäß den Anweisungen des Herstellers gereinigt und desinfiziert werden.
  • Filter müssen gemäß den Anweisungen des Herstellers gewechselt werden.
  • Vor und nach der Arbeit mit dem Beatmungsgerät oder der zu beatmenten Person, müssen die Hände gründlich gereinigt werden.
  • Alle Beteiligten sollten darauf achten, dass der Assistent bzw. das Pflegepersonal eine Atemschutzmaske trägt, wenn Sekrete abgesaugt werden.

Allgemein legen Beck und Garlanger Menschen mit Querschnittlähmung und Atemproblemen nahe ein besonderes Augenmerk auf die Prophylaxe und Pflege der Atemwege zu legen. Sie empfehlen:

Übrigens: Für Menschen mit Atemfunktionsstörungen gilt die in Deutschland seit dem 27. April geltende Maskenpflicht im öffentlichen Raum nicht. Siehe hierzu: Coronavirus und Querschnittlähmung: Ausnahmen bei der Maskenpflicht.

Quellen

  • Covid 19 precazitons für people with physical disabilities, auf: newsnetwork.mayoclinic.org, Abrufdatum: April 2020